Abschlussreflexion

Liebe Leser*innen,

mein heutiger Blogbeitrag ist ein Rundumblick zum Thema „Umgang mit Heterogenität in der Grundschule“. In der Schule ist es häufig so, dass nach einer Homogenisierung gestrebt wird. Doch nicht jede*r Schüler*in  schafft es, dem Grundanforderungsniveau zu entsprechen. Andersherum gibt es aber auch Schüler*innen, die schon zu Beginn eines neuen Themas wesentlich mehr wissen als benötigt wird. Die Homogenisierungstendenz in deutschen Schulen kann somit insgesamt zu ungleichen Bildungschancen führen.

Im mathematischen Anfangsunterricht, ist es erstaunlich, wie unterschiedlich die mathematischen Vorkenntnisse schon zu Beginn des ersten Schuljahres sind. Einige in der Klasse können schon problemlos im Zahlenraum bis 20 rechnen und andere können noch nicht die Zahlenreihe bis 20 korrekt aufsagen. Dieses Beispiel zeigt, dass es keine Stunde null im mathematischen Anfangsunterricht gibt, sondern  die mathematischen Vorkenntnisse zum Ausgangspunkt des Anfangsunterrichts gemacht werden sollten und eine Homogenisierung hinderlich wäre. Wichtig ist hierbei, die Vorkenntnisse mit Hilfe verschiedener Methoden, wie zum Beispiel mit Schachtelaufgaben zu erheben, um daraus im Anschluss angemessene individuelle Förderung zu entwickeln. (vgl. Selter, 1995, S. 5 f.)

Auch sprachlich gibt es in der Schule eine sehr große Vielfalt. Die sprachliche Vielfalt bezieht sich dabei nicht nur auf andere Landessprachen sondern auch auf verschiedene Dialekte. In der Schule besteht oft ein monolingualer Habitus. Es wird viel Wert auf Bildungsinstitutionshochdeutsch gelegt und anderer Dialekte und Landessprache werden selten thematisiert (vgl. Gogolin 1994). Bis Kinder Deutsch als Zweitsprache auf einem bildungssprachlichen Niveau erlernen, vergehen in der Regel jedoch bis zu 5 Jahren. Oft kommen die Kinder aber schon nach einer kurzen Zeit in einer DAZ Klasse  in eine  Regelklasse. Hinzu kommt, dass nicht jedes Kind, das Deutsch als Muttersprache hat, diese auf bildungssprachlichem Niveau sprechen kann. Wird jedoch von den Fachlehrer*innen keine Rücksicht auf einen sprachsensiblen Fachunterricht gelegt, entsteht hierdurch schnell ein Bildungsnachteil. Hier können beispielweise Fachwörter extra thematisiert werden. Außerdem kann die Thematisierung anderer Sprachen vor allen Dingen im Deutschunterricht eine Brücke zur deutschen Sprache schaffen. Auch Kinder mit Deutsch als Muttersprache profitieren von diesem Austausch, da sie lernen sprachliche Besonderheiten fokussiert zu betrachten. Zudem kann ein kultureller Austausch zum Beispiel bei der Behandlung von Sprichwörtern in verschiedenen Landessprachen, angeregt werden.

In meiner eigenen Schulzeit musste ich oft erleben, dass trotz einem in der Schule vorhandenen Inklusionsgedanken, es zu Kategorisierungen  gekommen ist. Wichtig ist, dass die Lehrkräfte auf die individuellen Bedürfnisse von Schüler*innen eingehen, ohne sie zu separieren. Dabei sollten gemeinsame Lerngegenstände geschaffen werden, bei denen jedes Kind angepasst an seine Vorerfahrungen teilhaben kann und voneinander profitiert werden kann. In meiner Schulzeit wurden wir jedoch oft nach Leistung in verschiedene Kurse eingeteilt. Dies widerspricht jedoch meiner Meinung nach einer gelungenen Inklusion, bei der einer Kategorienbildung, wie in diesem Fall leistungsstark und leistungsschwach entgegengewirkt wird. Dieses Beispiel beinhaltet für mich den in der Vorlesung thematisierten Aspekten des Empowerment, der Normalisierung und der Dekonstruktion.

Besonders Jungen sind in unserem Bildungssystem häufig im Vergleich zu den Mädchen benachteiligt. Diese Erfahrung habe ich auch in meiner eigenen Schulzeit machen können. So haben in meinem Abiturjahrgang die Mädchen im Schnitt einen besseren Abiturdurchschnitt bekommen als die Jungen. Besonders die Lese – und Schreibkompetenzen stellen eine grundlegende Voraussetzung für den späteren Bildungserfolg dar. Somit gilt es zu prüfen, inwiefern man im Deutschunterricht gendersensibel arbeiten kann. Wichtig ist hier, dass die Lehrkraft schon bei der Auswahl von Literatur für den Deutschunterricht darauf achtet, dass sich beide Geschlechter damit identifizieren können. In meiner eigenen Schulzeit habe ich häufig feststellen können, das Jungen oft die Lesemuffel und Mädchen hingegen die Leseratten waren. Um diesem entgegenzuwirken, ist es von besonderer Bedeutung den Jungen dem Spaß am Lesen durch verschiedene Leseanimationsverfahren oder Vielleseverfahren zu vermitteln. Somit können sich die literarischen Kompetenzen, die im Vergleich zu den Mädchen niedriger ausfallen, verbessern.

In meinem weiteren Studium würde ich gerne mehr über die Frage „Inwiefern in heutigen Schulbüchern für den Sachunterricht auf eine gendersensible Sprache Gestaltung geachtet wird?“ erfahren. Besonders ein gendersensibler Sachunterricht ist wichtig, um langfristig mehr Mädchen für naturwissenschaftliche Themen zu begeistern. Darüber hinaus würde mich interessieren, inwiefern die Corona Pandemie und der damit verbundene Unterricht von zu Hause aus, die schulischen Leistung von Mädchen und Jungen verändert haben. Besonders spannend finde ich dabei den Genderaspekt, sowie die sozioökonomische Benachteiligung in den Fokus zu nehmen. Diese Frage ist besonders wichtig als Hintergrundwissen, um Folgen der Pandemie  auf den Bildungserfolg einer gesamten Generation durch einen angemessenen Umgang möglichst gering zu halten. Wenig thematisiert wurde in der Vorlesung der Aspekt der religiösen Heterogenität, zu dem ich gerne mehr erfahren hätte.

 

Eure Caroline

 

Selter C. (1995): Zur Fiktivität der „Stunde Null“ im arithmetischen Anfangsunterricht

Gogolin, I. (1994): Der monolinguale Habitus der multilingualen Schule. Münster: Waxmann

Ein Kommentar

  1. sehr ansprechender text von ihnen, frau thiele!
    besonders gefreut hat mich, dass sie den begriff des „bildungsinstitutionshochdeutsch“ aufgenommen habe. denn ich finde den begriff „bildungssprache“ eigentlich nicht überzeugend, weil er signalisiert, dass menschen, die diese register aus den instituionen nicht bedienen, kaum gebildet sein könnten. das ist nicht so…
    und es geht eben nicht nur um deutsch als erst- oder zweitsprache, sondern eben genau um diese komplizierten sprachregister, mit denen man bestimmte gruppen vom schulischen mitkommen abhalten kann…
    lg
    cf

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert