Die vorangegangene Vorlesung behandelte das Thema der Heterogenität in naturwissenschaftlichen Fächern. Ein weit verbreitetes Vorurteil ist, dass diese Fächer eher im Interessenbereich von Jungen liegen und Mädchen andere Fächer bevorzugen. Wenn ich an meine Schulzeit zurückdenke, kann ich dieser Theorie aus persönlicher Erfahrung entsprechen, auch wenn Ausnahmen natürlich immer die Regel bestätigen. Laut Voyer und Voyer bestätigt sich dieses Vorurteil jedoch nicht, ganz im Gegenteil: Sie bewiesen im Jahr 2014 durch den Vergleich von 258 Studien zur Notengebung, dass Schülerinnen in allen Fächern, eingeschlossen den naturwissenschaftlichen, durchschnittlich bessere Noten bekommen. Laut der international vergleichende Schulleistungsuntersuchung TIMSS lässt sich jedoch dahingehend unterscheiden, dass Mädchen eher in Biologie vorne liegen und Jungen hingegen in Chemie und Physik. Es lässt sich also nicht sagen, dass Mädchen generell kein Interesse an Naturwissenschaften haben, sondern dass es hier ganz einfach Interessensunterschiede gibt.
Um für alle SuS gleichermaßen das Interesse an naturwissenschaftlichen Fächern zu wecken, sollten die LehrerInnen darauf achten, Schülervorstellungen in den Aufgabenstellungen zu berücksichtigen und die Aufgaben sollten mehrere Lösungswege enthalten, sodass die SuS je nach Interesse und Stärke trotzdem zu einem Ergebnis gelangen (Prinzip der Aufgabenorientierung). Ein weiterer Ansatz wäre außerdem, darauf zu achten, vor allem die Kontexte anzusprechen, die Mädchen interessant finden. Hierdurch entstünden den Mädchen Vor-, den Jungen aber keine Nachteile (Prinzip der Kontextualisierung von Lerninhalten). Generell kommt es hierbei jedoch nicht immer auf das Geschlecht an, sondern viel mehr um den Begriff der Leistungsheterogenität. Es gibt in jedem Fach leistungsstärkere und leistungsschwächere SuS. Es gibt unter anderem zwei Wege, mit diesen Unterschieden umzugehen: Die ‚äußere Differenzierung‘, in der Kurse nach Leistungsniveau aufgeteilt werden, und die ‚innere Differenzierung‘, in der die Kurse nicht nach Leistung aufgeteilt werden, aber es unterschiedlich angepasste Lernhilfen gibt.
Nach meiner Erfahrung war es immer am sinnvollsten, die SuS bei Beginn eines Themas in Einzel- oder Partnerarbeit erst zu brainstormen lassen und dann anschließend, z.B. in Form von einer Mindmap, alle Ergebnisse an der Tafel zu sammeln. So konnten unterschiedliche Kenntnisstände miteinander verglichen werden und die LehrerInnen bekamen einen schnellen Überblick darüber, welche Vorstellungen und Kenntnisse wir SuS von einem Thema hatten und schon mit in den Unterricht brachten. Danach wurden wir oft in Gruppen eingeteilt, in denen leistungsstarke und leistungsschwache SuS gleichermaßen vertreten waren, sodass wir uns gegenseitig bei den Aufgaben helfen konnten. Es wurde oft das Prinzip des Lernens durch Lehren angewendet.
Genau nach diesem Muster würde ich auch in meinem späteren Unterricht vorgehen. Bei Gruppenarbeiten ist es meiner Meinung nach wichtig, dass sich die SuS gegenseitig unterstützen. Wenn die Lehrkraft dann bemerkt, dass die Gruppe nicht gut vorankommt, könnte sie einzelne Gruppen unterstützen, durch längere Anwesenheit oder andere Lernhilfen, z.B. in Form von expliziteren Arbeitsanweisungen oder Zusatzinformationen. Den schwächeren Gruppen könnte hier mehr Bearbeitungszeit gegeben werden, während die stärkeren Gruppen Zusatzaufgaben bekämen (quantitative Differenzierung).
Ob Lernhilfen erfolgreich gewählt wurden, kann man meiner Meinung nach daran festmachen, ob die SuS mitarbeiten oder nicht. Denn die meisten SuS wollen etwas lernen. Wenn sie sich jedoch überfordert fühlen und das Gefühl haben, die Aufgaben eh nicht bewältigen zu können, schalten sie meistens ab und machen dann gar nicht mehr mit, bzw. starten nicht einmal den Versuch.