von Niklas Goldstein, Chiara Kerber und Franziska Stula

Caring-Praxis im Angesicht der Klimakrise

Platanen am Deich

Abbildung 1: Platanen am Deich (eigene Abbildung)

Die Herausforderung, Menschen und Infrastruktur vor den Auswirkungen der Klimakrise zu schützen, stellt Städte vor komplexe Entscheidungen (Deutscher Städtetag 2019: 6). Schutzstrategien berühren zentrale Fragen der Umwelt- und Klimagerechtigkeit: Was soll geschützt werden? Warum? Von wem und mit welchen Methoden? Umweltnutzung kann als Ausdruck politischer Konflikte und Machtverhältnisse betrachtet werden (Dünckmann 2016). Politische Klimaanpassungsmaßnahmen betreffen nicht nur menschliche, sondern auch nicht-menschliche Akteur*innen, wie in den Ansätzen der more-than-human entities (Gesing et al. 2019; Steele et al. 2019) bzw. der Multispezies-Ethnographie (Ameli 2022) betont wird. Dies zeigt sich beispielsweise an Stadtentwicklungsprojekten für verbesserten Hochwasserschutz, die Überflutungen durch Starkregenereignisse oder – im Falle Bremens auch Sturmfluten -entgegenwirken (SUKW o.J.a). Diese Strategien sollen sowohl menschliche Bewohner*innen, Stadtnaturen und dort lebende Tiere schützen.

Solche schützenden Aktivitäten können als fürsorgliche Praktiken gesehen werden, wie in der Politischen Feministischen Ökonomie (Gottschlich/Bellina 2016) behandelt. Fisher und Tronto (1990: 40) definieren alle Bestrebungen als Fürsorge/Care-Tätigkeit, die versuchen die (Um-)Welt, zu erhalten, zu reparieren und weiterzuentwickeln. Diese Aktivitäten stehen daher in Verbindung zu menschlichen sowie mehr-als-menschlichen Akteur*innen. Puig de la Bellacasa (2017: 5) betont diese Interdependenz aller Lebewesen und sieht Care als umfassende Praxis mit ethischen, emotionalen und politischen Dimensionen. (Politische) Widerstandspraktiken, die Solidarität mit nicht-menschlichen Entitäten ausdrücken, können als Caring-Praktiken verstanden werden (Gottschlich und Katz 2020: 10). Sie verdeutlichen das von Fisher und Tronto (1990) beschriebene „Kümmern um das komplexe, lebenserhaltende Netz“.

In diesem Kontext bietet die Bürger*inneninitiative (BI) „Platanen am Deich“ in Bremen ein praktisches Beispiel. Ihr Engagement für den Baumbestand am Neustädter Deich zeigt, wie Mensch-Natur-Beziehungen und Care-Aktivitäten im städtischen Raum konkret aussehen können.

Weiterlesen