Unsere Gesellschaft in Deutschland hat sich vor allem seit den 1960er Jahren zu einer vielfältigen Gesellschaft entwickelt, welches wir besonders Menschen mit Migrationshintergrund zu verdanken haben.
Infolge des Wirtschaftswunders begann in Deutschland eine „Anwerbephase“, womit Arbeitskräfte aus Italien, Jugoslawien und der Türkei gewonnen werden sollten. Hierzu wurde ein Konzept der Rotation entwickelt, welches nur einen befristeten Aufenthalt der neu gewonnenen Arbeitskräfte vorsah. Doch verlor das Konzept der Rotation schnell an Standfestigkeit, unter anderem weil Arbeitgeber Kosten für eine regelmäßige Neuanlernung der Arbeitskräfte sparen wollten.
Es fanden Familienzusammenführungen statt und die KMK beschloss, dass die Kinder der Migranten beschult werden mussten. Es wurde eine Defizite ausgleichende Erziehung eingeführt, welche Deutsch als Zweitsprache vorsah und innerhalb von Vorklassen oder eines Förderunterrichts vermittelt wurde. Diese beinhaltete eine „Doppelstrategie“, sodass die Kinder auch jederzeit später wieder die Möglichkeit besitzen würden auszuwandern.
Innerhalb des „Kühn – Memorandum“ wurden im Jahre 1979 hohe Ziele zur Integration formuliert. Es wurden mehr ausländische Kinder in Deutschland geboren und die Aufenthalte der Familien verlängerten sich. Die pädagogischen Konzepte in der Schule wurden weiterentwickelt. Die ausländischen Schüler/innen sollten weiterhin die deutsche Sprache erlernen, ein gemeinsamer Unterricht sollte stattfinden und die Überweisung auf eine Sonderschule aufgrund mangelnder Deutschkenntnisse war unzulässig.
Es zeigten sich jedoch bereits hier erste Anzeichen von Ausländerfeindlichkeit. So auch die Aussage von Helmut Kohl im Jahre 1982 „die Zahl der Ausländer in Deutschland muss halbiert werden“. Die Fremdenfeindlichkeit führte sogar zu ausländerfeindlichen Ausschreitungen.
Um die Heterogenität weiter zu erhalten und der Ausländerfeindlichkeit entgegen zu schreiten wurde eine interkulturelle Pädagogik oder auch Pädagogik der Vielfalt durch einen Beschluss der KMK in den 90er Jahren initiiert, welche eine antirassistische Erziehung vorsah. Diese stellte hohe Anforderungen an Lehrende und setzte Empathiefähigkeit, das Konzept des Miteinander voneinander Lernens, Konfliktpädagogik, Diversity oder auch Beschäftigung mit Migrantenkulturen vor raus. Es sollte ein bewusster Umgang mit Diskriminierung stattfinden. Zu kritisieren ist es an dieser Stelle, dass es damals zu hohe, idealistische Zielvorgaben waren, sodass die Pädagogik damit zu kämpfen hatte nicht als „soziale Feuerwehr“ zu fungieren.
Diesen letzten Entwicklungsschritt der Pädagogik empfinde ich als sehr wichtig, vor allem weil dieser keine Rotation mehr für die Familien vorsah. Da es auch heute noch gelegentlich zur Diskriminierung oder rassistischen Äußerungen kommt ist es unabdingbar Schüler/innen weiterhin über die verschieden Kulturen aufzuklären, Gemeinsamkeiten zu finden und offene Gespräche mit ihnen zu führen.
Auch finde ich es sehr sinnvoll, dass diese Thematik bereits kurz nach unserem Studienanfang als zukünftige Lehrende nun eingeführt wurde, um für unseren späteren Beruf eine gewisse Empfindsamkeit für diese Thematik entwickeln zu können.
Wir alle können von dem Konzept der „Divertsity Education“ profitieren, indem wir die Vielfalt die sich uns heute in Schulklassen erbietet als Pool für Gemeinsamkeiten nutzen, um eine heterogene Atmosphäre zu erschaffen und jede/r Schüler/in so die Möglichkeit hat sich gemeinsam als Gruppe bestärkt zu fühlen.
Ich stimme dem Beitrag weitgehend zu, denke aber das ein Aspekt zu kurz kommt: Migration bewirkt deutlich mehr als nur sprachliche Heterogenität in einer Schulklasse. Dies mag für den normalen Unterricht der entscheidende Aspekt sein, aber gerade wenn Kinder eingeschult werden die außerhalb Deutschlands geboren sind, kann die Heterogenität bei den persönlichen Erfahrungen viel mehr Konfliktpotenzial bieten: Wenn ich mich an meine Grundschulzeit erinnere, gab es Flüchtlingskinder aus dem ehemaligen Jugoslawien, die ich, wie auch viele andere Kinder damals, als aggressiv und gewalttätig empfunden habe, man ist ihnen so gut es ging aus dem Weg gegangen und hat versucht jeden Kontakt zu vermeiden.
Auch wenn ich meine Grundschulzeit insgesamt in positiver Erinnerung habe und meine Lehrerinnen (in meiner Klasse gab es keine männlichen Lehrkräfte) auch aus heutiger Sicht ein sehr fortschrittlichen und innovativen Unterricht machten (der damals unter den Eltern ziemlich umstritten war), ist dieses Problem weitgehend ignoriert worden. Bei vielen Projekten, Klassenfahrten etc. waren sie nicht dabei, es wurde auch nicht versucht sie einzubinden und die meisten Kinder waren froh darüber.
Mir ist nicht bekannt ob es irgendwelche Konzepte damals gab mit denen man auf diesen Aspekt hätte reagieren sollen, ignorieren und ausgrenzen ist aber sicher keine zufriedenstellende Lösung.
Kinder die Krieg erleben mussten gibt es auch jetzt und wird es wohl auch in Zukunft in der Schule geben, darauf zu reagieren wird Lehrkräften einiges abverlangen.
Hallo Stefan,
natürlich ist es keine Lösung wegzuschauen und es ist sehr schade, dass es damals bei dir in der Grundschule so abgelaufen ist. Bei mir war es glücklicherweise bereits anders. Ich weiß nicht ob du in der Vorlesung anwesend warst (ansonsten ist mein Beitrag sehr schwer nachzuvollziehen), aber es war ja Ziel der Aufgabe unter anderem die wichtigsten Aspekte der Vorlesung zu wiederholen und zu beschreiben in wie fern sich die pädagogischen Maßnahmen verändert haben und leider war es nun mal so, dass anfangs lediglich erstmals die Sprachdefizite ausgeglichen werden sollten. Vielleicht wäre es interessant sich an deiner Stelle bereits jetzt mit dem Konzept „Diversity Education“ näher auseinanderzusetzen, dessen Konzept ich bereits in meiner Ausarbeitung als wichtigsten Meilenstein markiert habe. Denn spätestens ab dort wird klar, dass es definitv keine Lösung war nur auf die andere Sprache zu reagieren, sondern wie im Beitrag erwähnt eine Konfliktpädagogik etc. eingeführt wurde. Von Tag auf Tag alles perfekt umzusetzen war natürlich nicht möglich.
Aus meiner Schulzeit habe ich es bereits so erfahren, dass die Lehrenden diesen „Pool“ nutzten um uns Kinder zusammen zu führen, ganz knapp: im Musikunterricht wurde sich mit der Musik versch. Kulturen beschäftigt, im Religionsunterricht haben wir uns mit den versch. ethnischen Gruppen auseinandergesetzt und so konnten wir viele Gemeinsamkeiten finden, die uns zusammen stark machten. Und die Unterschiede wurden für uns eher bereichend, sei es allein, wenn jeder was zu Essen mitgebracht hatte, was typisch für deren Kultur war und wir es unter uns teilen konnten.