Sprachliche Heterogenität im naturwissenschaftlichen Unterricht

Diskutieren Sie, wieso ist die Berücksichtigung der sprachlichen Heterogenität der Klassen in Chemieunterricht/naturwissenschaftlichen Unterricht wichtig ist.
Ziel des naturwissenschaftlichen Unterrichts ist es, auch die Fachsprache des Faches zu lernen. Ist hier Sprache gleich Sprache?

 

In den Fächern wie Biologie, Chemie oder auch Physik werden den SchülerInnen viele komplexe Themen und Theorien vermittelt und anhand von Versuchen aufgezeigt. Diese Fächer sind oft begleitet durch eine hohe Zahl von Fremdwörtern, wie beispielsweise Teilchen, Photosynthese, Hochofen, Kohle, Stoff, Wasserstoffperoxid und viele weitere. Außerdem stammen viele Begriffe auch aus anderen Sprachen, beispielsweise wie dem Latein.

 

Aufgrund dieser Fachsprache lernen die Kinder in einer Unterrichtsstunde der naturwissenschaftlichen Fächern oft mehr neue Fremdbegriffe als neue Vokabeln in einer Unterrichtsstunde in Englisch, Französisch oder auch Deutsch. Aufgrunddessen ist es sehr wichtig, dass auch in den Fächern wie Biologie und Chemie Rücksicht auf die sprachliche Heterogenität einer Klasse genommen wird und man entsprechende Hilfeleistungen stellt.

Bereits bei dem lesen von Versuchsanleitungen im Chemieunterricht kann es so zu Missverständnissen kommen, welche die Durchführung eines Experimentes scheitern lassen. Beispielsweise wird das Wort „man“ als „Mann“ gelesen oder auch der Begriff „Teilchen“ ist in Fremdsprachen nicht klar definiert. Des weiteren könnten Sätze wie „Es darf nichts probiert werden!“ falsch interpretiert werden, im Sinne von „ich darf nichts ausprobieren“, anstelle von „es darf nichts gegessen werden“. Daher ist es wichtig als Lehrperson diese so einfach wie möglich, kurz und verständlich zu gestalten, sowie auf Ausschmückungen wie „nicht, desto trotz“ einfach mal zu verzichten, denn schießlich soll ja kein Roman verfasst werden. Ansonsten können bereits allein durch das Lesen einer Aufgabenstellung große Unsicherheiten bei SchülerInnen entstehen, was zu einer eingeschränkten Lerneffizienz führen kann.

Anhand von vielfältigen Hilfsmitteln ist es möglich den Kindern diese anspruchsvolle Fachsprache näher zu bringen und ihnen den Umgang mit diesen zu erleichtern. Man kann den Kindern zur Bearbeitung von Aufgaben zum Beispiel Wortfelder reichen, mit denen sie arbeiten können, Fachbegriffe im vorneherein mit der Klasse oder in Gruppenarbeiten klären, sowie Comics mit einer weiblichen und männlichen Figur als Einleitung zu Aufgabenstellungen nutzen, welche nicht nur das Interesse der SchülerInnen wecken, sondern es ihnen auch durch die Identifikation mit den Comicfiguren gelingt die Aufgabe besser nachzuvollziehen.

Des weiteren, wie bereits angeschnitten, ergeben sich sehr viele Fachbegriffe aus Sprachen wie dem Latein, welche nicht nur schwer verständlich sind für SchülerInnen mit Deutsch als Zweit – oder Fremdspracherwerb ist, sondern auch für diejenigen, welche Deutsch als Muttersprache beherrschen. Daher müssen diese Begriffe im Unterricht intensiv behandelt und erlernt werden, damit es den SchülerInnen möglich ist mit diesen auch im außerschulischen Kontext zu arbeiten, was wiederrum zu einem vertieften Verständnis führt. Man kann also sagen, dass der Fachspracheerwerb der Naturwissenschaften mit dem Erlernen einer Fremdsprache vergleichbar ist.

Umgang mit Förderung sprachlicher Heterogenität ? Mehrsprachigkeit und Deutschunterricht

Leider habe ich auch nach langem Bemühen kein geeignetes Lehrwerk finden könne, in welchem eine Übung oder Aufgabe zu finden war, welche eine andere Sprache als Deutsch einbezog und für das Gymnasium oder die Oberschule geeignet war. Ich habe hierzu vergebens in Lehrwerken für den Deutschunterricht recherchiert, sowie auch in Büchern für das Unterrichtsfach Biologie. Lediglich waren beispielsweise neben Aufgaben kleine Comics mit Sprechblasen abgebildet, in welchen andere Sprachen verwendet wurden.  Bsp. „Yes, you can!

Dies zeigte mir, dass die Bildungssprache Deutsch sehr dominant in den bestehenden Lehrwerken verwendet wird. Diese Feststellung ist sehr schade, da so die heutige sprachliche Vielfalt in der Schule weniger effizient zu Nutzen gemacht werden kann und es damit an den jeweiligen Lehrenden liegt solche Aufgaben nach eigenem ermessen in den Unterricht mit einzubeziehen und diese eventuell gar selbst gestalten muss.

Dabei denke ich das der regelmäßige Einbezug von Fremdsprachen im Deutschunterricht oder auch in anderen Fächern nicht nur die Erfahrungen in Mehrsprachigkeit, sowie die individuelle Sprachkompetenz und – bewusstsein eines jeden Schülers fördern würde, sondern auch die gegenseitige Toleranz untereinander.

Auf meine eigene Schulzeit bezogen kann ich mich selbst nicht explizit daran erinnern, ob in Lehrwerken die uns zur Verfügung standen Fremdsprachen einbezogen wurden und sollte dies der Fall gewesen sein, dann anscheinend nicht zu genüge. Was ich bestätigen kann ist das in der Schule oft nach dem in der Vorlesung aufgezeigten Schema gearbeitet wurde, beispielsweise wenn im Unterricht mit Liedtexten in einer Fremdsprache gearbeitet wurde, wurden diese erst übersetzt, dann  inhaltlich und sozialkritisch diskutiert und im Anschluss folgte eine kreative Aufgabe. Also wurde sich wie in der Vorlesung kritisiert nur auf einer lexikalen Ebene mit anderen Sprachen beschäftigt.

Ein weiteres Beispiel aus meinen Erinnerungen wäre das bekannte Kinderlied „Bruder Jakob“, welches regelmäßig im Grundschulunterricht gesungen wurde, indem man abwechselnd die Strophen auf verschiedenen Sprachen sang. Jedoch wurde sich hier in meinem Falle auch lediglich nur auf die Sprachen Deutsch, Englisch und Französisch bezogen. Wieso konnte man das Lied denn nicht auch auf den Sprachen Türkisch, Polnisch, Spanisch, Italienisch oder Russisch singen oder einfach in jeder Muttersprache eines jeden Kindes der Klasse ? Es wäre doch ein leichtes Geschick gewesen, sämtliche Sprachen in den Unterricht praktisch und kreativ einzubeziehen.

„BRUDER JAKOB“

Bruder Jakob, Bruder Jakob,

Schläfst du noch? Schläfst du noch?

|: Hörst du nicht die Glocken? 😐

Ding dang dong, ding dang dong.

 

Are you sleeping, are you sleeping,

Brother John, brother John,

|: Morning Bells are ringing, 😐

Ding ding dong, ding ding dong.

 

Frère Jacques, Frère Jacques

Dormez-vous, dormez-vous?

|: Sonnez les matines, 😐

Ding ding dong, ding ding dong.


 

 

Zwischen „Leitkultur“ und Anerkennung von Vielfalt – Heterogenitätskultur

Unsere Gesellschaft in Deutschland hat sich vor allem seit den 1960er Jahren zu einer vielfältigen Gesellschaft entwickelt, welches wir besonders Menschen mit Migrationshintergrund zu verdanken haben.

Infolge des Wirtschaftswunders begann in Deutschland eine „Anwerbephase“, womit Arbeitskräfte aus Italien, Jugoslawien und der Türkei gewonnen werden sollten. Hierzu wurde ein Konzept der Rotation entwickelt, welches nur einen befristeten Aufenthalt der neu gewonnenen Arbeitskräfte vorsah. Doch verlor das Konzept der Rotation schnell an Standfestigkeit, unter anderem weil Arbeitgeber Kosten für eine regelmäßige Neuanlernung der Arbeitskräfte sparen wollten.

Es fanden Familienzusammenführungen statt und die KMK beschloss, dass die Kinder der Migranten beschult werden mussten. Es wurde eine Defizite ausgleichende Erziehung eingeführt, welche Deutsch als Zweitsprache vorsah und innerhalb von Vorklassen oder eines Förderunterrichts vermittelt wurde. Diese beinhaltete eine „Doppelstrategie“, sodass die Kinder auch jederzeit später wieder die Möglichkeit besitzen würden auszuwandern.

Innerhalb des „Kühn – Memorandum“ wurden im Jahre 1979 hohe Ziele zur Integration formuliert. Es wurden mehr ausländische Kinder in Deutschland geboren und die Aufenthalte der Familien verlängerten sich. Die pädagogischen Konzepte in der Schule wurden weiterentwickelt. Die ausländischen Schüler/innen sollten weiterhin die deutsche Sprache erlernen, ein gemeinsamer Unterricht sollte stattfinden und die Überweisung auf eine Sonderschule aufgrund mangelnder Deutschkenntnisse war unzulässig.

Es zeigten sich jedoch bereits hier erste Anzeichen von Ausländerfeindlichkeit. So auch die Aussage von Helmut Kohl im Jahre 1982 „die Zahl der Ausländer in Deutschland muss halbiert werden“. Die Fremdenfeindlichkeit führte sogar zu ausländerfeindlichen Ausschreitungen.

Um die Heterogenität weiter zu erhalten und der Ausländerfeindlichkeit entgegen zu schreiten wurde eine interkulturelle Pädagogik oder auch Pädagogik der Vielfalt durch einen Beschluss der KMK in den 90er Jahren initiiert, welche eine antirassistische Erziehung vorsah. Diese stellte hohe Anforderungen an Lehrende und setzte Empathiefähigkeit, das Konzept des Miteinander voneinander Lernens, Konfliktpädagogik, Diversity oder auch Beschäftigung mit Migrantenkulturen vor raus. Es sollte ein bewusster Umgang mit Diskriminierung stattfinden. Zu kritisieren ist es an dieser Stelle, dass es damals zu hohe, idealistische Zielvorgaben waren, sodass die Pädagogik damit zu kämpfen hatte nicht als „soziale Feuerwehr“ zu fungieren.

Diesen letzten Entwicklungsschritt der Pädagogik empfinde ich als sehr wichtig, vor allem weil dieser keine Rotation mehr für die Familien vorsah. Da es auch heute noch gelegentlich zur Diskriminierung oder rassistischen Äußerungen kommt ist es unabdingbar Schüler/innen weiterhin über die verschieden Kulturen aufzuklären, Gemeinsamkeiten zu finden und offene Gespräche mit ihnen zu führen.

Auch finde ich es sehr sinnvoll, dass diese Thematik bereits kurz nach unserem Studienanfang als zukünftige Lehrende nun eingeführt wurde, um für unseren späteren Beruf eine gewisse Empfindsamkeit für diese Thematik entwickeln zu können.

Wir alle können von dem Konzept der „Divertsity Education“ profitieren, indem wir die Vielfalt die sich uns heute in Schulklassen erbietet als Pool für Gemeinsamkeiten nutzen, um eine heterogene Atmosphäre zu erschaffen und jede/r Schüler/in so die Möglichkeit hat sich gemeinsam als Gruppe bestärkt zu fühlen.