Antisemitismus in der Schule: fachdidaktische und erziehungswissenschaftliche Ansätze zu Prävention und Interventionen

  1. Welche Berührungspunkte hatten Sie bereits mit dem Thema Antisemitismus? Beschreiben Sie für Sie relevant erscheinende Situationen und stellen Sie Bezüge zu den Inhalten der Vorlesung her.

Ich persönliche habe keine Berührungspunkte, außerhalb der Schule, mit dem Antisemitismus gehabt und für mein Umfeld gilt das gleiche. Jedoch wurde ich, wie gesagt das erste Mal mit diesem Begriff in der Schule vertraut gemacht, um genauer zu sein im Geschichtsunterricht. Dort habe ich mich intensiv mit dem Holocaust beschäftigt. Wir haben uns mit den historischen Ursprüngen des Antisemitismus und seiner Entwicklung auseinandergesetzt. Ich glaube auch, dass viele genau so wie ich, erst durch die Schule diesen Begriff untersucht haben. Wobei man anmerken muss, dass bis ca. 2010 Antisemitismus an deutschen Schulen weder in öffentlichen noch in (geschichts-)wissenschaftlichen Debatten eine große Rolle spielten (Folie 20). 

2.      Fassen Sie kurz die Problematiken zusammen, die bzgl. des Begriffs Antisemitismus in der Vorlesung diskutiert wurden und nehmen Sie Stellung dazu.

Ein großes Problem beim Begriff des Antisemitismus ist die Reichweite des Begriffs (Definiton von Helen Fein 1987). Sie beschreibt den Antisemitismus als eine Vielzahl feindseliger Überzeugung und Handlungen gegenüber Juden. Dabei reichen sie von Vorurteilen bis hin zu staatlicher Gewalt. Der Begriff zielt darauf ab, die Juden zu vertreiben oder zu vernichten (Folie 7). Es ist wichtig den historischen Ursprung zu kennen, um den Kampf gegen Antisemitismus zu erleichtern. Noch dazu wird zwischen einem „nationalistischen“ und „rassistischen“ Antisemitismus unterschieden. Im nationalistischen Ansatz findet eine Verbindung von Volk und Territorium statt, der Jude wird als Störfaktor im nationalstaatlichen System Europas und als Feind im Inneren gesehen. Aus der rassistischen Perspektive ensteht die Rassenlehre mit Bezug auf Charles Darwins Theorie, in der die Juden als Rasse definiert werden, die einerseits als minderwertig, andererseits als allmächtig und gefährlich wahrgenommen werden (Folie 12).

3. Ein Elternteil spricht Sie persönlich als Lehrkraft darauf an, dass ein Schüler Ihrer Klasse von verbalen antisemitischen Übergriffen betroffen ist.
Überlegen Sie, wie ein konstruktiver Umgang mit dieser Situation aussehen könnte.

Als erstes würde ich mir die Geschichte auch aus der anderen Perspektive anhören, um potenzielle Missverständnisse ausfindig zu machen.Wenn ich den Verantwortlichen dann gefunden habe, würde ich ich erstmal ein ernstes Gespräch mit ihm unter vier Augen führen in dem ich ihn darüber aufkläre, was er falsch gemacht hat. Anschließend würde ich seine Eltern darüber informieren, weil sie als Elternteil das Verhalten ihres Kindes am besten beeinflussen können. Als nächstes würde ich einen Unterrichtsstunde so gestalten, dass wir uns genauer mit dem Begriff des Antisemitismus beschäftigen und verdeutlichen, warum es nicht in Ordnung ist. In dieser Stunde soll der positive Umgang mit seinen Mitschüler im Vordergrund stehen, um solch ein respektloses Verhalten in Zukunft zu vermeiden.

Literaturverzeichnis:

Bernstein, Julia: “Mach mal keine Judenaktion!“, Herausforderungen und Lösungsansätze in der professionellen Bildungs- und Sozialarbeit gegen Antisemitismus, Frankfurt 2018.

Zick, Andreas; Jensen, Silke; Marth, Julia; Krause, Daniela; Döring, Geraldine: Verbreitung von Antisemitismus in der deutschen Bevölkerung. Ergebnisse ausgewählter repräsentativer Umfragen, Bielefeld 2017.

Fein, Helen: Dimensions of Antisemitism: Attitudes, Collective Accusations, and Actions. Definition and Dimensions of Antisemitism, in: Fein, Helen: The Persisting Question. Sociological Perspectives and Social Contexts of Modern Antisemitism, Berlin und New York 1987, S. 67-85. Übersetzt nach: Bergmann, Werner: Was heißt Antisemitismus? Online in: https://www.bpb.de/themen/antisemitismus/dossier-antisemitismus/37945/was-heisst-antisemitismus/, Zugriff: 04.05.24.

Bergmann, Werner: Antisemitismus, in: Pelinka, Anton (Hrsg.): Vorurteile. Ursprünge, Formen, Bedeutung, Berlin 2011, S. 33-68. Benz, Wolfgang: Antisemitismus. Aktuelle Formen und Phänomene, in: Benz, Wolfgang (Hrsg.): Ressentiment und Konflikt. Vorurteile und Feindbilder im Wandel, Schwalbach 2014, S. 76-85. Sammons, Jeffrey L.: Die Protokolle der Weisen von Zion. Die Grundlage des modernen Antisemitismus – eine Fälschung, Text und Kommentar, Göttingen 1998.


Kommentare

Eine Antwort zu „Antisemitismus in der Schule: fachdidaktische und erziehungswissenschaftliche Ansätze zu Prävention und Interventionen“

  1. Avatar von Emely
    Emely

    1. Welche Berührungspunkte hatten Sie bereits mit dem Thema Antisemitismus? Beschreiben Sie für Sie relevant erscheinende Situationen und stellen Sie Bezüge zu den Inhalten der Vorlesung her.
    Ich hatte tatsächlich auch keine persönlichen Berührungspunkte mit Antisemitismus. In meiner Schule wurden am meisten Religionen wie dem Islam oder sogar dem katholischen Christentum gegenüber einer gewisse Feindseligkeit ausgedrückt. Dennoch wurden hin und wieder NS-ideologische Bemerkungen von gewissen Mitschülern gemacht und Hakenkreuze an Schultoilettenwände gekritzelt, was aber im Nachhinein betrachtet an zu geringer Aufklärung über die tatsächliche Bedeutung dieser Dinge gelegen haben könnte. Diese Verhaltensweisen sammelten sich leider in den Jahrgängen unter mir merklich an, die Kinder schienen auch aufgrund der wachsenden Präsenz von Neonazis darin bestärkt worden zu sein. Nachdem dann zumindest bei uns im Geschichtsunterricht über den zweiten Weltkrieg und den Holocaust gesprochen wurde, sind in meinem Jahrgang solche Verhaltensweisen verschwunden. Trotz dessen, ging der Stoff nicht über die Grenzen dieser geschichtlichen Ereignisse hinaus, wobei ich denke, dass es wichtig gewesen wäre, noch mehr über Antisemitismus außerhalb der NS-Zeit zu sprechen.
    2. Fassen Sie kurz die Problematiken zusammen, die bzgl. des Begriffs Antisemitismus in der Vorlesung diskutiert wurden und nehmen Sie Stellung dazu.
    Diese Zusammenfassung würde ich so übernehmen, wobei ich den Beitrag in bestimmten Punkten gerne ergänzen würde. Das Kernproblem im Begriff Antisemitismus liege in der Reichweite seiner Definition, wie bereits in diesem Beitrag erwähnt. Antisemitismus habe in der vorchristlichen Antike begonnen, wo das Judentum als Konkurrenz zur vorherrschenden polytheistischen Religion gesehen wurde (Schäfer, 2020). Dann im 1. Jh. n.Chr. habe sich das Christentum vom Judentum abgegrenzt (vgl. Suchodolski Folie 9). Im Mittelalter habe das Christentum die Mehrheit dargestellt und nach den Kreuzzügen haben sich Verschwörungstheorien gegenüber dem Judentum entwickelt. Diese Religion sei in seiner Auslebung abhängig von der herrschenden Gewalt gewesen (vgl. Suchodolski Folie 11). Aus der Sicht des nationalistischen Systems der Neuzeit, die Juden als den „Feind“ zu betrachten, definiere damit den genannte Nationalistische Antisemitismus (vgl. Suchodolski Folie 12).
    Grundsätzlich, die Vorstellung von Juden, als „Sündenböcke“ (Salzborn 2019, S. 9-10) sei abhängig vom gesellschaftlichen Kontext der Zeit, anders gesagt, fungiere die Kultur als Träger des Antisemitismus (vgl. Suchodolski Folie 14). Der Begriff Antisemitismus sei somit, als binäres Weltbild der Projektion von negativen Eigenschaften auf das Judentum als Gruppe, in verschiedenen historischen und gesellschaftlichen Kontexten unterschiedlich manifestiert. Diese nehmen aufeinander Bezug (vgl. Suchodolski Folie 17).
    Zu dem Beitrag kann man außerdem hinzufügen, dass es den israelbezogenen Antisemitismus gibt, welcher die Projizierung von antisemitischen Stereotypen auf Israel beschreibt (vgl. Suchodolski Folie 19).
    3. Ein Elternteil spricht Sie persönlich als Lehrkraft darauf an, dass ein Schüler Ihrer Klasse von verbalen antisemitischen Übergriffen betroffen ist.
    Überlegen Sie, wie ein konstruktiver Umgang mit dieser Situation aussehen könnte.
    Die Vorgehensweise ist sehr nachvollziehbar, da sie im Einklang mit den vorgeschlagenen Zügen der Intervention in der RV06 Folie 25 stehen. Ich würde hinzufügen, dass man sich nach dem Vorfall auch mehr Gedanken zu zukünftigen Präventionen machen könnte. Zum Beispiel, den vorgeschlagenen Unterricht nicht nur nach dem Vorfall hält, sondern ähnlich eingerichtete Stunden fortführt. Zudem ist es wichtig die Kinder, für die man die Verantwortung trägt, genau zu beobachten und kennen zu lernen, um unter Umständen schneller auf antisemitisches Verhalten reagieren zu können (vgl. Suchodolski Folie 26). Dies muss jedoch erfolgen, ohne aus Angst vor Vorfällen zu stereotypisieren oder zu verallgemeinern. Der Lehrerberuf ist eine fallanalytische Professionalisierung, welche sich nur von Fall zu Fall entwickeln kann (vgl. Moldenhauer Folie 21). Mann kann nur versuchen die Grundsätze der Heterogenität weiterzugeben (RV01), abhängig von der temporären Beziehung des Lehrers zu den Schülern von Klasse zu Klasse.
    Auch die Kinder sollten sich untereinander kennen und verstehen lernen. Ein angeleitetes Klassengespräch könnte dabei nützlich sein, um einer Dichotomisierung und anschließende mögliche Hierarisierung vorzubeugen (RV02).

    Literaturverzeichnis:

    Benz, Wolfgang: Antisemitismus. Aktuelle Formen und Phänomene, in: Benz, Wolfgang (Hrsg.): Ressentiment und Konflikt. Vorurteile und Feindbilder im Wandel, Schwalbach 2014, S. 76-85.
    Bergmann, Werner: Antisemitismus, in: Pelinka, Anton (Hrsg.): Vorurteile. Ursprünge, Formen, Bedeutung, Berlin 2011, S. 33-68. Benz, Wolfgang: Antisemitismus. Aktuelle Formen und Phänomene, in: Benz, Wolfgang (Hrsg.): Ressentiment und Konflikt. Vorurteile und Feindbilder im Wandel, Schwalbach 2014, S. 76-85. Sammons, Jeffrey L.: Die Protokolle der Weisen von Zion. Die Grundlage des modernen Antisemitismus – eine Fälschung, Text und Kommentar, Göttingen 1998.
    Bernstein, Julia: „Mach mal keine Judenaktion!“. Heruasforderungen und Lösungsansätze in der Professionellen Bildungs- und Sozialarbeit gegen Antisemitismus, Frankfurt 2018.
    Cheema, Saba-Nur (2022): Bildungsarbeit gegen Antisemitismus und antimuslimischen Rassismus: Geht das zusammen? In: Mendel, Meron/Cheema, Saba-Nur/Arnold, Sina (Hrsg.): Frenemies. Antisemitismus, Rassismus und ihre Kritiker*innen (Edition Bildungsstätte Anne Frank; Bd. 3). Berlin, S. 309–318.
    Fereidooni, Karim/Hößl, Stefan E. (2021): Rassismuskritische Bildungsarbeit und die Unmöglichkeit eines pädagogisch-didaktischen ‚Königsweges‘. Eine Hinführung. In: dies. (Hrsg.): Rassismuskritische Bildungsarbeit. Reflexionen zu Theorie und Praxis. Frankfurt/M., S. 7–12.
    Grözinger, Karl-Erich: Erstes Bild: Die „Gottesmörder“, in: Schlör, Joachim; Schoeps, Julius H.: Antisemitismus. Vorurteile und Mythen, München 1995, S. 57-66.
    Messerschmidt, Astrid (2017): Alltagsrassismus und gegenwärtigen Antisemitismus thematisieren. In: Broden, Anne/Hößl, Stefan E./Meier, Marcus (Hrsg.): Antisemitismus, Rassismus und das Lernen aus Geschichte(n). Weinheim, S. 117–127.
    Moldenhauer, Anna (06.05.2024): Vorlesung – Pädagogische Professionalität entwickeln.
    Riebe, Jan: Wie unterscheide ich Kritik von israelbezogenem Antisemitismus?, in: Amadeu Antinio Stiftung: „Man wird ja wohl Israel noch kritisieren dürfen…“? Eine pädagogische Handreichung zum Umgang mit israelbezogenem Antisemitismus, Berlin 2017, S. 12-19.
    Salzborn, Samuel: Einleitung. Antisemitismus seit 9/11, in: Salzborn, Samuel (Hrsg.): Antisemitismus seit 9/11. Ereignisse, Debatten Kontroversen, Baden-Baden 2019, S. 9-10.
    Sammons, Jeffrey L.: Die Protokolle der Weisen von Zion. Die Grundlage des modernen Antisemitismus – eine Fälschung, Text und Kommentar, Göttingen 1998.
    Schäfer, Peter: Kurze Geschichte des Antisemitismus, München 2020.
    Schüler-Springorum, Stefanie: Missing Links: Religion, Rassismus, Judenfeindschaft, in: Jahrbuch für Antisemitismusforschung, 29 (2020), S. 187-206.
    Suchodolski, Clara (07.05.2024): RV06. Antisemitismus in der Schule: fachdidaktische und erziehungswissenschaftliche Ansätze zu Prävention und Interventionen.

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