DaZ im heutigen Schulsystem

1)
Zuerst würde ich den Kolleg*innen dazu raten Mehrsprachigkeit weniger als Hindernis anzusehen und sie darauf aufmerksam machen, dass dies nichts mit dem akademischen Können eines Menschen zu tun hat (Folie 13, Garcia 2018; Cenoz 2013). Dadurch das Mehrsprachigkeit auch als dynamischer Prozess zu verstehen ist, würde ich weiter darauf aufmerksam machen, dass es eine positive Sichtweise auch für die Jugendlichen wichtig ist. Das Erlernen von akademischer Bildungssprache ist ein längerer Prozess (Folie 30) somit würde ich auch betonen: Jegliche Schulform und alle Kollegien sind damit beauftragt, diesen Prozess zu begleiten. Gymnasien als „zu schwer“ für nicht-Muttersprachler zu verstehen, ist eine problematische Annahme die Intelligenz mit einem fragwürdigen Verständnis der Fremdsprachigkeit verbindet. Außerdem ist hier die Annahme, Gymnasien seien nur für eine homogene, deutschsprachige Schüler*innenschaft passend, auch rassistisch konnotiert.
2)
Ich unterrichtete bereits eine DaZ-Klasse, welche mir als anstrengend und „unerzogen“ beschrieben wurde. Diese Fehleinschätzung unqualifizierter Lehrer*innen, die Schüler*innen aufgrund ihres Sprachvermögens und ihrer pubertären Verhaltensweisen als besonders problematisch einschätzten, konnte ich getrost vergessen. Es war eine Herausforderung, aber nur aufgrund des großen Altersunterschieds. Kinder und Jugendliche lernen gemeinsam, 5-Klässler und 9-Klässler werden so gut wie in keinem anderen Konzept in eine Klassengemeinschaft integriert. Kreativität und gute Laune brauchte es, dann aber ließ sich die Gruppe ziemlich schnell begeistern. Ein sicheres Auftreten und Konzept im Unterricht waren für mich stets verpflichtend, besonders die Destigmatisierung der Teilnehmenden (Folie 41, Dirim & Pokitsch 2017: 106).
3)
Fortbildungen, regelmäßige Selbstreflexion und Workshops im Bezug zur gewaltlosen Kommunikation innerhalb der Lehrer*innen/ Schüler*innen- Hierarchie sind mir sehr wichtig. Zusätzlich möchte ich einen Weg finden, den es Schüler*innen ermöglicht Unbehagen oder Frustration im Umgang mit mir zu verdeutlichen. Das Gefühl, nicht verstanden zu werden, ist mit besonders im Bezug zu DaZ- Gruppen eine Herzensangelegenheit: Es liegt an mit sprachlichen Hürden zu überwinden, nicht an den Kindern/ Jugendlichen. Ich bin die Lehrende, ich habe mir diese berufliche Zukunft ausgesucht. Schüler*innen sind durch das System nicht frei in ihren Entscheidungen.
4)
Das akademische Ausdrucksvermögen und Können mit dem grundsätzlichen Wissen und Können gleichgesetzt wird, ist unmöglich. Das Benotungssystem, Prüfungssystem und unser gesellschaftlicher Umgang mit Sprachen des außer-europäischen Raums muss sich ändern: Die Doppelmoral, manchen Kindern Bewunderung für ihr fremdsprachliches Geschick auszusprechen (Französisch? Sehr schön!), andere aber zu bemitleiden (oh arabisch? Das wird aber schwer im Deutschleistungskurs. Bist du dir da sicher?) muss als rassistisch wahrgenommen und hinterfragt werden.

García, Ofelia (2018): The multiplicities of multilingual interaction. In: International Journal of Bilingual Education and Bilingualims 21/27, 881 – 891.
Cenoz, Jasone (2013): Defining Multilingualism. In: Annual Review of Applied Linguistics 33, 3–18
Dirim, İnci; Pokitsch, Doris (2017); Migrationspädagogische Zugänge zu „Deutsch als Zweitsprache“. In: Becker Mrotzeck, Michael & Roth, Hans-Joachim (Hrsg.): Sprachliche Bildung – Grundlagen und Handlungsfelder. Münster: Waxmann, 95–108.


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Kommentare

Eine Antwort zu „DaZ im heutigen Schulsystem“

  1. Avatar von Yasin
    Yasin

    Ich finde, dass du sehr gute und wichtige Aspekte hervorgehoben hast wie z.B, dass Mehrsprachigkeit nicht mit dem akademischen Können eines einzelnen Schülers zutuhen hat.(Folie 13, Garcia 2018; Cenoz 2013) Außerdem könnte man sagen, dass wenn es dazu kommen sollte und ein Schüler aufgrund dessen einer anderen Schule zugewiesen wird, müsste dieser neue Beziehungen knüpfen was für viele nicht so einfach ist. Deine Ideen für den Unterricht gefallen mir besonders da hier viel auf Kommunikation mit den einzelnen Schülern gelegt wird.(Abschnitt 3) Durch direkte Konversationen ist man meiner Meinung nach in der Lage, Probleme besser aus der Welt zu schaffen.

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