Chemie im Unterricht: Realität vs. Ideal

1)
1. Gesellschaftliche und alltägliche Thematiken, die für SuS relevant und lebensnah sind, sollten eine zentrale Rolle im naturwissenschaftlichen/ Chemie- Unterricht spielen (Folie 14). Vermittlung von Unterrichtseinheiten sollte immer mit dem Ziel erfolgen, SuS in ihrem Alltag auf neue Phänomene aufmerksam zu machen, anstatt etwas als kompliziert, alltagsirrelevant und „besonders schwer“ darzustellen. Abschreckung ist besonders im NW-Bereich ein großes Problem.
2. Der Punkt der allgemeinen Bildungsziele (Folie 14) sollte zusätzlich auf eine besondere Förderung von SuS aus nicht- akademischen Haushalten und Schülerinnen ausgerichtet sein (Folie 31, Rüschenpöhler, Markic/ 2020). Der NW- Unterricht ist einer der ersten Möglichkeiten, das Selbstbewusstsein derer zu fördern und gesellschaftliche, geschlechtsspezifische Grenzen zu überwinden. Lehrkräfte sollten Stresssituationen umgehen, in denen Unwissen mit Dummheit gleichgesetzt werden. Solche prägenden Momente bilden auch das Selbstbewusstsein und das eigene Selbstbild im Unterricht (Folie 30, Shavelson, Hubner, Stanton/ 1976).
3. Praktisches Erarbeiten von Wissen sollte im Vordergrund stehen (Folie 14). Gemeinsame Projekte statt theoretischer Aufgaben in Stillarbeit, Werkzeuge benutzen und Pflanzen sammeln, anstatt wochenlang Vorträge zu halten.

2)
Der Idealfall, eine erweiterte Perspektive im Alltag und Verständnis bezüglich verschiedener alltäglicher Phänomene zu fördern Folie 13, 14) lässt sich schwer mit meinen eigenen Erfahrungen verbinden: Jahrelang fühlte ich mich nirgends unwohler als im naturwissenschaftlichen Unterricht. Fragen stellen war mir unangenehm, da ich wusste das es mir an Grundlagenwissen fehlte. Logisches Denken und Können wurde vorausgesetzt. Die Formelsammlung war schon früh der Fokus im Chemieunterricht, Projekte oder Versuche gab es sehr selten. Meine drei verfassten Thesen bezüglich moderner Unterrichtseinheiten hätte ich mir damals gewünscht: Mein Selbstbewusstsein wurde durch den naturwissenschaftlichen Unterricht wöchentlich ins Wanken gebracht.
3)
Die Arroganz, sich als bildungsprivilegierte Person im Lehrbereich als intellektuell überlegen wahrzunehmen, ist erschreckend (Folie 26). Lehrpersonen sind beauftragt sich den Leben der SuS zu widmen und den Unterricht daran anzulehnen. Sollten wissenschaftlich fragwürdige Thesen gestellt werden, ist die Lehrperson verpflichtet diese Thesen im Rahmen eines Projektes zu widerlegen. SuS verdienen es, das an sie und daran geglaubt wird, dass es sie verdienen korrigiert zu werden.

Rüschenpöhler, L., & Markic, S. (2020). Secondary school students’ acquisition of science capital in the field of chemistry. Chemistry Education Research and Practice, 21(1), 220-236.
Shavelson, R. J., Hubner, J. J., & Stanton, G. C. (1976). Self-concept: Validation of construct interpretations. Review of educational research, 46(3), 407-441.


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