Archiv für den Monat: April 2019

Empirische Forschung zu Heterogenität im naturwissenschaftlichen Unterricht: Felder und Maßnahmen

23. April 2019

  1. In einer Konferenz in Ihrem Fachbereich in Ihrem Fach an Ihrer Schule diskutiert das Kollegium über Maßnahmen zum Umgang mit Heterogenität. Sie erinnern sich kurz an diese Vorlesung: nennen sie zwei empirisch überprüfte Fakten zum Umgang mit Heterogenität, die der Diskussion dienen könnten!
  2. Erläutern Sie, welches Unterrichts-Muster Sie in Ihrer bisherigen Erfahrung selbst als das wirkungsvollste erlebt haben! Diskutieren sie Ihre Beobachtung vor dem Hintergrund der Vorlesung!
  3. Entwickeln sie eine kurze Aufgabe mit drei gestuften Lernhilfen, die Sie in Ihrem Fach morgen im Unterricht einsetzen könnten! Erläutern Sie die gestuften Lernhilfen und beschreiben Sie, wie Sie im Unterricht erkennen können, ob diese erfolgreich gewählt sind.
  4. Eine Kollegin sagt: „Gesamtschulen sind ja immer mal wieder der letzte Trend, ob wir sie nun Oberschulen nennen oder Sekundarschulen, die Idee ist doch dieselbe. Alle werden gemeinsam unterrichtet, was für eine Ideologie. Dabei zeigt doch die empirische Forschung klar, dass das Gymnasium nur von den besten SuS besucht werden sollte. Die Schlechten fühlen sich hier doch viel zu schnell überfordert und das frustriert sie so sehr, dass sie vollkommen abschalten“. Was antworten sie der Kollegin?

Antwort:

1. Um die Leistung der Schüler durch Heterogenität zu steigern, gibt es zwei Möglichkeiten: Das wären die äußere Differenzierung und die innere Differenzierung. Dazu zeigen empirische Forschungen folgende Ergebnisse: Bei der äußeren Differenzierung handelt es sich um Zusatzangebote oder unterschiedliche Niveaukurse, jedoch haben diese Angebote wenig Auswirkung auf die Leistungsteigung. Jedoch profitieren bei diesen Angeboten die Leistungsstarken SuS. Bei der inneren Differenzierung handelt es sich um Lerngruppen zwischen starken und schwache SuS, bei der es unterschiedliche Aufgabenschwierigkeiten gibt oder Aufgaben mit gestuften Lernhilfen , hier bei profitieren die Leistungsschwachen. Eine Binnendifferenzierung, also das Anwenden vielfältiger Methoden um mit den Unterschieden der Lernenden umzugehen, ohne die Gruppe dauerhaft aufzuteielen, führt hingegen dazu, dass alle SuS mehr lernen. Also ist es empirisch bewiesen, dass Differenzierung von leistungsstarke und leistungsschwache Schüler nur den Leistungsstarken hilft.

2. Ich habe nicht in Deutschland zur Schule gegangen, sondern in meine Heimat. In meiner Schulzeit habe ich nicht von dem Umgang mit Heterogenität mitbekommen. In dem Mathematikunterricht war das Unterrichtsmuster immer gleich und ich würde es nicht als wirkungsvoll bezeichnen. Es wurden Aufgaben verteilt und entweder man konnte sie sofort lösen oder man musste warten bis die Lösung später von den leistungsstarken Schülern an die Tafel geschrieben wurde. Meistens besteht die Schwierigkeit für leistungsschwache SuS darin einen Lösungsansatz zu finden. Die SuS mit Schwierigkeiten haben dann nur auf ihr Blatt geschaut, irgendwas auf ihr Heft geschrieben und haben gehofft, dass die Lehrkraft nicht mitbekommt, dass man die Aufgabe nicht versteht. Würden leistungsschwache SuS Lernhilfen zum Lösen der Aufgaben erhalten, z.B. Tippkarten oder Tipps unter der Aufgabenstellung, gäbe es für diese die gleiche Möglichkeit zum Ergebnis zu gelangen wie für die leistungsstarken SuS.

3. Ich bin morgen in einem Mathematikunterricht der 6. Klasse eingesetzt und möchte das Thema Termumformungen behandeln. Im Anfang meiner Stunde würde ich zuerst einmal erklären, was Terme sind und wie man mit ihnen rechnen kann. Im Anschluss an meine Theorie verteile ich an jeden Schüler/jede Schülerin jeweils zwei Blätter. Auf einem Blatt stehen auf der Vorderseite 10 Aufgaben zur Termumformung, auf der Rückseite ein kurzer Feedbackbogen, wo man ankreuzen kann welche Tipp (1,2,3 oder keine) benötigt wurde und darunter ein paar Zeilen, wo die SuS erläutern können, worin genau ihre Schwierigkeiten bestanden. Auf dem anderen Zettel stehen die Tipps in drei Unterteilungen, damit die Schüler mit den Aufgaben klar kommen.

Aufgabenblatt

Vereinfache folgende Terme soweit wie möglich.
1) 8a + 9b- 3c + 11d + 2a +4c (als Beispiel)
2) 4c+ 8b- 4a- 5b+ 1c+ 7a
3)…

Lernhilfe Blatt
Aufgabe 1 (Beispiel)
Tipp 1) Markieren Sie alles mit den Gleich Buchstaben.
8a + 9b –3c+ 11d + 2a +4c
Tipp 2) Stellen Sie statt den Buchstaben Objekte vor und fassen Sie diese zusammen.
a=Äpfel, b=Bananen, c=Zitronen ,d=Erdbeeren
8 Äpfel + 9 Bananen– 3 Zitronen+ 11 Erdbeeren+ 2 Äpfel + 4 Zitronen
Tipp 3) Sortieren Sie alles mit gleichen Buchstaben .
8a + 2a +9b–3c+4c+11d

Aufgabe 2 (analog zu Aufgabe 1)
Tipp 1) 4c +8b –4a –5b+1c +7a

Mit diesen gestuften Lernhilfen sollte jede/jeder SuS in der Lage sein die Aufgaben zu lösen. Da jeder ein Lernhilfen Blatt bekommt, muss es keinem unangenehm sein danach zu fragen. Die SuS können den Zettel erst beiseitelegen und wenn sie Hilfe benötigen das Blatt heranziehen. Am Ende der Stunde kreuzt jeder/jede die höchste Hilfestufe an, die er/sie benötigt hat und kann ggf. ein kurzes Feedback schreiben. So kann ich nach der Stunde die anonymen Feedbackbögen einsammeln und auswerten.

4. Es gibt keine schlechten Schüler. Es gibt nur Schüler, die mehr Hilfe benötigen aufgrund von ihren individuellen Anfangsbedingungen und es gibt Schüler die weniger Hilfe benötigen. Es ist empirisch bewiesen, dass heterogene Gruppen von leistungsstarken und -schwachen Schülern die Leistungsschwachen fördert und sie in der Gruppe mehr lernen und motivierter sind, als wenn sie in eingeteilt und separiert werden in eine leistungsschwache Gruppe. Die Motivation der Leistungsschwächeren würde in solchen heterogenen Gruppen steigen. Sie würden sich besonders anstrengen und durch die Leistungsstärkeren SuS würden sie den Stoff besser lernen. Es muss also nicht unbedingt frustrierend sein, wenn Leistungsschwächere mit Leistungsstärkeren arbeiten. Außerdem stärkt das Lernen in heterogenen Gruppen die sozialen Kompetenzen aller SuS mehr.

 

(Welt-)Gesellschaftliche Veränderungen, Migration und die Reaktion von Schule – ein Blick auf Strukturen und Konzepte

09. April 2019

  1. Was ist gemeint mit einer „nationalen Orientierung des Bildungssystems“ ?Woran kann das festgemacht werden im Hinblick auf seine Zielgruppen, Inhalte/Fächer, Strukturen? (denken Sie hier auch an ihre eigenen Erfahrungen aus der Schulzeit zurück)
  2. Was nehmen Sie aus dem öffentlichen Diskurs über „Migration als Herausforderung für die Schule“ und über sog. „Schüler mit Migrationshintergrund“ als Informationen wahr und inwiefern hat die Vorlesung für sie andere/neue Perspektiven dazu eröffnet?
  3. Inwiefern kann das Beispiel von Betül (Interviewausschnitt aus einer qualitativen Studie) als Ausdruck von „Doing Culture“ durch Lehrer*innenhandeln im Unterricht herangezogen werden?

Antwort:

  1. Mit einer nationalen Orientierung des Bildungsystems ist gemeint, dass sich der Unterricht hauptsächlich auf die Hintergründe des Landes fokusiert. Dies wird daran deutlich zum Beispiel, dass an den deutschen Schulen der Unterricht auf Deutsch gelehrt wird und der Unterricht nicht auf anderen Sprechen stattfindet. In dem Geschichtsunterricht wird deutsche Geschichte erzählt und in Musikunterricht werden am meisten deutsche/europäische Künstler/-innen und Musiker/-innen behandelt. In jedem Land ist der zu lernende Stoff unterschiedlich und abhängig von der nationalen Orientierung des Bildungsystems. Ein weiteres Aspekt der nationalen Orientierung des Bildungsystems ist der Erwerb von Abschlüssen, die nur national anerkannt werden und somit den Wechsel zwischen zwei Schulsystemen schwierig machen.
  2. Migration wird oft als Herausforderung fur die Schule betrachtet, da oftmals eine Sprachbarriere auftritt. Diese wird dadurch hervorgerufen, dass die Schüler mit Migrationshintergrund häufig die deutsche Sprache noch nicht so gut können aber der Unterricht ausschließlich auf Deutsch gelehrt wird. Für die Lehrer/-innen besteht die Herausforderung darin den Schülern mit Migrationshintergrund, die noch nicht sehr gut Deutsch können, dasselbe Wissen zu vermitteln wie den Schüler deren Muttersprache Deutsch ist. Füreine/-n Lehrer/-in ist dies nicht allein zu bewältigen, hier bedarf es zusätzlichen Deutschunterricht für die Schüler mit Migrationshintergrund oder eine strukturelle Veränderung des Bildungssystems. Die Vorlesung hat gezeigt, dass Migration nicht ausschließlich eine Herausforderung für die Schule ist, sondern eine neue Möglichkeit eröffnet um Schule und unsere Gesellschaft offener und internationaler zu gestalten.
  3. „DoingCulture“ verdeutlicht den Konstruktionscharakter von Kultur. Kultur ist ein Produkt menschlicher Entwicklung und wurde sozusagen von dem Menschen konstruiert und war nicht einfach von Anfang an da. Eine Kultur wird auch erst durch die Abgrenzung zu anderen Kulturen deutlich. In dem Fallbeispiel von Betül/Birgül wird veranschaulicht, dass die Lehrerin eine Schülerin (die Betül heißt und einen türkischen Migrationshintergrund hat) auf einen kulturellen Hintergrund zuschreibt. Die Lehrerin hat eine Vorstellung von der türkischen Kultur, welche auf Vorurteile basiert ist. Sie hinterfragt Betül nicht, ob ihre Vorstellung der Realität entspricht und erwartet somit in der Klassenarbeit eine Antwort von Betül, die sich von denen der deutschen Schülern/-innen unterscheidet. Betül aber identifiziert sich als europäisch und versucht durch Kommunikation die um sie herum errichteten Vorurteile aufzubrechen. Die Lehrerin konstruiert hier also kulturelle Unterschiede, die es in der Realität vielleicht gar nicht gibt.

Allgemeine Einführung

1. April 2019

  1. Benennen Sie ausgewählte, für Sie zentrale Aspekte des in der Vorlesung aufgemachten Spannungsfeldes von Heterogenität und Homogenität im schulischen Feld. Beziehen Sie sich dabei auf die theoretischen Kernaussagen der Vorlesung und begründen Sie deren Auswahl.
  2. Benennen und diskutieren Sie Beispiele für die von Ihnen unter 1 benannten Aspekte und nehmen sie dabei explizit Bezug zu Ihren bisherigen Praktika oder Ihrer eigenen Schulzeit.
  3. Formulieren Sie eine Beobachtungsaufgabe für kommende Praktika zum Spannungsfeld von Heterogenität und Homogenität in der Schule.

Antwort:

  1. Die Heterogenität stellt die Unterschiede verschiedener Personen im Hinblick zu ihrer Kultur, Ethnizität und ihres Geschlechts dar. Da jeder Mensch ein Individuum ist und andere Bedürfnisse hat, kann die Heterogenität im schulischen Kontext als eine Herausforderung betrachtet werden. Die Schule und ihre Lehrkräfte sollten dazu in der Lage sein, die Schüler individuell fördern zu können, da jeder Schüler andere Stärken und Schwächen haben. Wenn diese individuelle Förderung nicht gewährleistet werden kann, kommt das Bildungssystem an ihre Grenzen, da die Schüler aufgrund persönlicher Eigenschaften benachteiligt werden.
  2. Wenn von einem Konstruktionscharakter der Heterogenität die Rede ist, ist damit gemeint, dass die Heterogenität als eine soziale Konstruktion betrachtet werden kann, dessen Wahrnehmung von expliziten und impliziten Maßstäben abhängig ist. Somit ist hier die Einheitlichkeit beziehungsweise die Homogenität auch enthalten.
  3. Das AGG sagt aus, dass niemand wegen seiner Weltanschauung diskriminiert werden sollte. Es gibt keine spezielle Regelung dafür, allerdings ist bei „AGG“ davon auszugehen, dass kein Mensch aufgrund der Religion, des Geschlechts oder wegen der Nationalität verachtet werden sollte. Während meiner Schullaufbahn habe ich keine Erinnerungen darüber, wie sich LehrerInnen mit diesen Dimensionen auseinandergesetzt haben, allerdings sind mir Diskriminierungen unter den Schülern aufgrund der Herkunft oder des Aussehens in der Erinnerung geblieben. Leider wurden diese Konflikte von Lehrern oftmals nicht ernst genommen und wurden ignoriert.