Geschlechtliche und sexuelle Vielfalt in der Schule

Benennen Sie auf Grundlage des Textes von Debus/Laumann 2018 die verschiedenen Ebenen auf denen a) Geschlechtliche Vielfalt und b) sexuelle und romantische Orientierungen differenziert werden können. Recherchieren Sie als Gegensatz dazu, das Konzept der Heteronormativität und beschreiben Sie kurz, was damit gemeint ist. Arbeiten Sie heraus, inwiefern die geschlechtliche und sexuelle Vielfalt von Menschen auch im Rahmen Ihres eigenen Berufs als Lehrer*in relevant sein könnte in Bezug auf die Lehrinhalte, die Lehrbücher, die Beziehung zu den Schüler*innen und Kolleg*innen. Nennen Sie dazu mindestens zwei konkrete Beispiele.

Das Gender beschreibt laut Debus & Laumann das Soziale Geschlecht, die Geschlechtsidentität, welche neben dem Sex, dem Körpergeschlecht, eigenständig existiert (Debus/Laumann, 2018, S.14). Das Körpergeschlecht ist erkennbar an den Geschlechtsmerkmalen. Geschlechtsidentität ist nach meinem Verständnis jedoch komplexer und beschreibt das Geschlecht, welches sich ein Individuum selbst zuschreibt, bzw. welchem sie sich zugehörig fühlt. Im Gegensatz zur Heteronormativen Gesellschaft, stellt die Geschlechtliche Vielfalt, kulturelle Geschlechterbilder in Frage und bietet durch Einbezug, psychischer und sozialer Faktoren und der vielfältigen sexuellen Orientierung ein Breites Spektrum an Geschlechtern (vgl. Dreier/Kugler/Nordt, 2020, S.4). Wesentlicher Teil der Identität ist die sexuelle Orientierung, welche bezeichnet zu welchem Geschlecht (oder überhaupt ob) sich ein Individuum zu anderen Geschlechtern hingezogen fühlt (vgl. Debus/Laumann, 2018, S. 35). Laut dem Konzept der Heteronormativität ist kein Platz für Geschlechtervielfalt. Das Konzept besagt, dass unsere Gesellschaft aus zwei Geschlechtern besteht in der Geschlechterrollen klar definiert sind und in der Regel durch klassische Geschlechtsbilder gekennzeichnet sind (Kugler, 2012, S. 29).

Die Sichtbarkeit der Geschlechtervielfalt in unserer Gesellschaft nimmt von Jahr zu Jahr zu. Ein großes Feld an Geschlechteridentitäten wird idealerweise zur Gesellschaftsnorm und muss natürlicherweise auch in Lehrinhalte und Lehrbücher eingebunden werden insofern diese ein realistisches Gesellschaftsbild widerspiegeln wollen. Ebenso wichtig ist es, die Geschlechtsidentitäten der Mitmenschen anzuerkennen und durch die Möglichkeit diese öffentlich zu machen näher zusammenzukommen und sich gemeinsam sicher zu fühlen anstatt sich weiter voneinander zu distanzieren. 

 

Fallbeispiel in der Schule: Jona weiß schon seit einiger Zeit, dass er ein Junge ist, auch wenn ihm bei der Geburt das weibliche Geschlecht zugewiesen wurde. In der Schule haben die meisten Lehrenden Jona akzeptiert und nennen ihn bei seinem neuen Namen und Pronomen. Aber immer wenn es um die Toilettennutzung oder den Sportunterricht geht, kommt es zu Problemen. In der Umkleide beim Umziehen wird er von seinen Cis-männlichen Klassenkameraden ausgelacht. Die Cis-Mädchen wollen Jona in ihrer Umkleide auch nicht haben. Sie behaupten, Jona würde sie beobachten und das sei Ihnen unangenehm. Jona war früher sehr sportbegeistert, inzwischen nimmt er am Sportunterricht nur noch selten teil und meldet sich immer häufiger krank.

Überlegen Sie, welche Schritte würden Sie als Lehrer*in gehen, um Jona das alltägliche Leben leichter zu machen? Wie sollte sich das Kollegium aufstellen, welche Gespräche müssten mit der Klasse geführt werden und welche institutionellen Barrieren könnten abgebaut werden? Notieren Sie Ihre Überlegungen.

-Zunächst einmal finde ich, dass zum Beantworten dieser Frage das alter von Jona einen wichtigen Faktor gewesen wäre. 

Nichtsdestotrotz und unabhängig vom Alter, finde ich ist ein Gespräch mit Jona, idealer weiser in Begleitung einer Vertrauensperson, unabdinglich. Der Schüler muss seine Gefühle und Wünsche in einem sicheren Umfeld äußern können. Mein erster Impuls in der Umkleiden-Frage, wäre ein separater, geschlechtsloser, Umkleideraum. Jedoch könnte sich Jona dadurch noch mehr ausgegrenzt fühlen. Deshalb ist sein Wunsch hier entscheidend. Neben Maßnahmen die Jona als Einzelperson betreffen finde wichtig, die Klasse aufzuklären. Dazu bieten sich Workshops oder Gastredner an, welche in der Aufklärungsarbeit Erfahrung haben. Der dritte und meines Erachtens nach wichtigste Punkt ist es Jona als Menschen so weit zu akzeptieren, dass sein Geschlecht zweitrangig wird. Dies würde gehen wenn er im Schulsport in Teamsportarten Erfolge für seine Mitschüler erzielt und Anerkennung gewinnt, da er ja von Haus aus schon sportbegeistert ist. Einfacher wäre das auch durch Kleingruppengespräche vor bestimmten Unterrichtsstunden, in denen sich SchülerInnen über bestimmte Themen austauschen könnten um sich besser kennenzulernen und um Jona als Menschen wertschätzen und anerkennen zu lernen.

 

Recherchieren Sie in den sozialen Medien mindestens drei positive Vorbilder, die offen und bestärkend damit umgehen, dass Ihre eigene Sexualität oder Geschlechtsidenität von der heteronormativen Struktur abweicht und stellen Sie diese kurz in wenigen Sätzen vor.

-Aljosha Muttardi (Instagram: @aljosha_) Aljosha ist Facharzt für Anästhesie und seit 2016 ist er eine Sozial Media Persönlichkeit. Angefangen hat er mit einem YouTube Kanal auf dem er Veganen Lifestyle Content geteilt hat. Mitlerweile hat er auf Instagram und YouTube jeweils weit über 100.000 Follower und postet neben „Veganem Content“ auch viel LGBT+ Aktivismus. Seit März 2022 ist er in der Netflix Serie Queer Eye Germany zu sehen.

-Mufseen Miah (Instagram: @mufseen) Mufseen ist der Finance Director von LGBT Pride in London. Dadurch ermöglicht er Millionen von Menschen ihre Identität und Diversität, öffentlich, auf der Pride Parade, zu Feiern. Auf seinem Instagram Kanal postet er regelmäßig Informatives und Aufklärendes zu LGBT+ Themen. Da er sich selbst dem muslimischen Glauben zugehörig fühlt, repräsentiert er meiner Meinung eine Gruppe die sehr unterrepräsentiert ist.

-Noa Taieb (Instagram: @noataieb) Noa ist anders als die beiden vorher genannten kein Social Media Aktivist. Geboren in Paris als Sohn Nordafrikanischer Eltern zog er mit 17 in die USA. Er ist ein Model und hat seine eigene Kleidungsmarke. Mit seinen fast 120.000 Followern auf Instagram teilt er Travel und Fashion Content und steht zu seiner Queerness. Ich finde es wichtig neben Aktivisten auch Influencer aus anderen Bereichen zu haben die offen Queer sind.

 

Debus, Katharina/ Laumann, Vivien (2018): Pädagogik geschlechtlicher, amouröser und sexueller Vielfalt. Zwischen Sensibilisierung und Empowerment, Berlin: Dissens, Institut für Bildung und Forschung e.V.

Dreier, Katrin/ Kugler, Thomas/ Nordt, Stephanie (2020): Queer History, Glossar zum Themageschlechtliche und sexuelle Vielfalt im Kontext von Antidiskriminierung und Pädagogik, Bildungsinitiative Queerformat

Intersectionality, „Every single story brings value to the workplace“, CA Magazine, https://www.camagazine.co.uk/march2021#!mufseen-miah

Kugler, Thomas/ Nordt, Stephanie (2012): Geschlechtliche und sexuelle Vielfalt in der pädagogischen Arbeit mit Kindern und Jugendlichen, Sozialpädagogisches Fortbildungsinstitut Berlin Brandenburg und Bildungsinitiative Queerformat

Tine, Sally (2022): Interview Aljosha Muttardi, Gala Magazin, https://www.gala.de/lifestyle/film-tv-musik/aljosha-muttardi–der–queer-eye-germany–star-ueber-sein-schwieriges-coming-out-22874336.html#:~:text=Aljosha%20Muttardi%2C%2034%2C%20ist%20Facharzt,von%202016%20bis%202021%20betrieb.

@aljosha_ , Instagram, https://www.instagram.com/aljosha_/?hl=de

@mufseen, Instagram,  https://www.instagram.com/mufseen/?hl=de

@noataieb, Instagram, https://www.instagram.com/noataieb/?hl=de

 


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Eine Antwort zu „Geschlechtliche und sexuelle Vielfalt in der Schule“

  1. Avatar von Ronja
    Ronja

    1. Ich finde die Ansätze in diesem Blogbeitrag erstmal recht gelungen. An einigen Stellen ist jedoch noch deutliches Ergänzungspotenzial. Die Beispiele zum Ende der ersten Fragestellung sind sehr wenig ausgeführt. Bei dem Beispiel der Lehrbücher könnte man ergänzen, dass es zum Beispiel bei Abbildungen von Figuren wichtig wäre, unter anderem auch Personen im non-binären und auch a-binären Spektrum Sichtbarkeit zu verschaffen. Kleidung könnte vielfältiger eingesetzt werden um das Stigmata von “weiblicher” und “männlicher” Kleidung und auch Make-ups aufzubrechen. Schüler*innen könnten sich dadurch ermutigt werden selbst diese Normen mehr anzuzweifeln und zu durchbrechen. Es ist auch ein wichtiger Punkt Familienkonstellationen in Lernmedien vielfältiger darzustellen.

    Bezogen auf das Fallbeispiel sind Genderneutrale Umkleiden erstmal ein guter Vorschlag. Aber das auch mehr grundsätzlich als in der konkreten Situation auf Jona bezogen. Wie im Blog bereits festgestellt wurde, kann das auch zu weiterer Abgrenzung Jonas führen und dafür sorgen, dass das Thema weiterhin nicht als normal gesehen wird und Jona nie als Junge in der Jungsumkleide respektiert werden wird. Jona braucht als Junge per se eigentlich erstmal keine neutralen Umkleiden ( außer er konkret würde sich da wünschen) weil er ja klar ein Junge ist und deshalb in der Jungsumkleide nicht falsch. Viele Trans*personen wüschen sich einfach als das jeweilige Geschlecht anerkannt zu werden, das sie haben und nicht weiter abgegrenzt zu werden (Debus/Laumann, 2018, S.26).

    Geschlechtsneutrale Umkleiden und Toiletten sind trotzdem eine super Idee weil grundsätzlich auch Personen die außerhalb des binären Geschlechtssystems sind, damit mehr Support erfahren könnten.

    Mir ist aufgefallen, dass du bei den Vorbildern nur Cis-männliche Personen aufgezeigt hast. Die Repräsentation von FLINTA* fehlt hier ein wenig. Ich mag aber deine Auswahl trotzdem sehr gerne. Du hast interessante Personen ausgewählt die auf jeden Fall als Vorbild gesehen werden können!

    2. Gerade im Fallbeispiel würde ich den Fokus weniger darauf setzen, dass Jona sich durch Leistungen oder Sozialkompetenz Anerkennung verschafft, da das das strukturelle Problem wenig beheben würde. Es ist vermutlich sinnvoller, mehr auf Aufklärung durch (wie im Blog ja bereits erwähnt) von der Schule eingeladene Expert*innen und auch Konkretisierung und Normalisierung von Transthematik im Unterricht als einen wichtigen Faktor zu setzen.

    Zudem könnte es auch enorm hilfreich sein die Männlichkeit Strukturen in der Klasse zu analysieren und zu schauen aus welchen Motiven diskriminiert wird.
    Oft ist “Hypermaskulinität” eine Ressource zum Selbstschutz und resultiert aus einem gesellschaftlichem Gefühl aus Machtlosigkeit oder dem Gefühl etwas beweisen zu müssen, schadet dabei aber gleichzeitig auch anderen (in dem Fall Jona) aber auch oft den Betroffenen Personen selbst (Stuve/Debus, 2012, S. 57) . Wenn also gleichzeitig Diskriminierendes Verhalten Eingegrenzt wird und ein anderer Weg zum Umgang mit eigener Unsicherheit mit den Diskriminierenden Jungs erarbeitet wird, könnte das auch eine Verbesserung der Situation für Jona zur Folge haben.

    Auch im regulären Unterricht, z.B im Politikunterricht kann mehr Wert darauf gelegt werden, Geschlechtsidentitäten zu erklären, die Lage von LGBTQIA+ Aktivist*innen in verschiedenen Ländern und auch die immer noch teils enorm benachteiligenden Gegebenheiten in Deutschland zu erläutern um mehr Sensibilisierung für die Thematik grundsätzlich zu schaffen.
    Was meiner Meinung aber auch gleichzeitig noch wichtig ist, ist auch im Alltag und nicht immer bezogen auf Punkte, an denen queere Menschen immer noch benachteiligt, immer mehr Repräsentation zu schaffen um die Thematiken zu normalisieren damit Jona vielleicht irgendwann einfach als Junge, wie alle anderen, akzeptiert werden kann.

    3. Gerade Repräsentation von Diversität in Schulbüchern und Unterrichtsmaterialien war auch in den anderen, bisherigen Seminarterminen immer wieder Thema.
    Viel Normalisierung und Akzeptanz findet durch unkommentierte, normale Repräsentation von verschiedenen Gruppen im Alltag statt.
    Gerade in Büchern, auf Abbildungen und in Videoaufnahmen die im Unterricht verwendet werden sollte deshalb vermehrt darauf geachtet werden (zu den weiter oben im Kommentar bereits erwähnten genderbezogenen Attributen) verschiedene Hautfarben,Körpertypen, verschiedene Religionen, unterschiedlichste Namen, verschiedene Feiertage oder auch Menschen mit Behinderung zu zeigen und normal einfließen zu lassen.

    Quellen:

    Debus, Katharina/ Laumann, Vivien (2018): Pädagogik geschlechtlicher, amouröser und sexueller Vielfalt. Zwischen Sensibilisierung und Empowerment, Berlin: Dissens, Institut für Bildung und Forschung e.V.

    Debus, Katharina/ Stuve, Olaf (2012): Geschlechterreflektierte Arbeit mit Jungen an der Schule. Texte zu Pädagogik und Fortpflanzung rund um Jungen , Geschlecht und Bildung. Berlin: Dissens, Institut für Bildung und Forschung e.V

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