Chemie- (k)ein Fach für alle? :RV07

  1. Formulieren Sie basierend auf den Vorlesungsinhalten drei Thesen, die für Sie (!) einen modernen Chemieunterricht für alle ausmachen. Orientieren Sie sich gerne an den Grundannahmen von STL (Scientific and Technological Literacy for All), setzen Sie jedoch eigene Schwerpunkte.
    • These 1: Der Lebensbezug naturwissenschaftlicher Fächer, in diesem Fall Chemie, ist unabdinglich um den SchülerInnen den Wechsel von Chemie, als Schulfach, zu Chemie, der Grundlage des Lebens zu ermöglichen. Durch das Verbinden der Unterrichtsinhalte mit der eigenen Lebensrealität, verstehen SchülerInnen, dass Chemie ein integraler Part ihres Lebens ist, wie Mathe oder Englisch. Eine Auseinandersetzung mit Chemischen Debatten ermöglicht es SchülerInnen zu kritisch denkenden und selbst meinungsformenden Individuen heranzuwachsen (vgl. Marks, Stuckey, Belova, Eilks, 2013, S.8)
    • These 2: Praktische Unterrichtselemente wie beispielsweise Experimente, bieten zum einen Visuelle Unterstützung beim erlernen Chemischer Prozesse zum anderen bieten sie eine Abwechslung zum oftmals stark theoretischem Chemieunterricht.
    • These 3: Einbinden von (YouTube) Videos im Unterricht. Aus meiner eigenen Erfahrung weiß ich wie nützlich Lernvideos in naturwissenschaftlichen Fächern sein können. Das verstehen durch ständiges pausieren und ggf. wiederholen des Videos erlaubt SchülerInnen in ihrem eigenen Tempo erklärt zu bekommen. Es wäre sinnvoll passende Videos im Unterricht vorzustellen und gemeinsam zu besprechen um Missverständnisse und Fehler zu vermeiden.

2. Reflektieren Sie auf Basis der Vorlesungsinhalte und des Grundlagentextes, inwieweit chemisches Wissen im Allgemeinen und naturwissenschaftliches Wissen im Speziellen aus Ihrer Sicht als Teil des Allgemeinwissens (im Sinne einer „Scientific Literacy for All“) angesehen werden kann. Beziehen Sie hier auch Ihre eigene Erfahrung aus dem schulischen Chemieunterricht/Ihrem Alltag ein.

Im Idealfall sollte der Unterricht Chemische Abläufe die SchülerInnen Tagtäglich erleben erklären und ihnen die Möglichkeit geben diese auf Basis wissenschaftlichen Grundwissens zu analysieren und hinterfragen. SchülerInnen muss eine wissenschaftliche Denkweise vorgestellt werden und diese muss trainiert werden um die Welt die uns umgibt zu verstehen (vgl. American Association for the Advancement of Science, 1993, S.6). Mein eigener Chemieunterricht von der 7. bis zur 9. Klasse kam dem schon sehr nah. Uns wurden beispielsweise pH-Werte gelehrt indem uns verschiedene Reinigungsmittel vorgestellt wurden. Ab der Oberstufe war der Chemieunterricht sehr theoretisch und ich empfand es eher als eine Art Mathe mit Buchstaben und verlor den Bezug zur Lebensrealität mit dem Fach. Themen die gut in den Chemieunterricht gepasst hätten, wie Drogen und ihre Wirkung wurden in den Biologieunterricht und teilweise in den Sportunterricht verschoben. Grade in der Oberstufe in der viele SchülerInnen in einem Alter sind in dem erste Erfahrungen mit Alkohol, Drogen und Tattoos gemacht werden müssen Biologie- aber auch Chemieunterricht Aufklärungsarbeit leisten um eine Wissensgrundlage für diese Themen zu gewähren.

3 In einem Interview zur Sinnhaftigkeit des Hinterfragens naturwissenschaftlicher Informationen in sozialen Medien (zum Beispiel naturwissenschaftsbasierter „Fakenews“) sagte eine Lehrkraft: „Es ist blöd zu sagen, aber es ist im Endeffekt eine intellektuelle Grenze für mich; also auch-… oder Lebensumstandsgrenze, wenn die [Anm.: Die Schüler*Innen] einfach in ihrem Lebensumfeld so anders damit umgehen und nur plakative Äußerungen sozusagen verbreiten und nutzen und das auch völlig in Ordnung ist in deren Umfeld, so…, dann werden die da nicht rauskommen. Also das schaffen die dann alle nicht, das geht dann nicht, das ist dann so Kampf gegen Windmühlen.“. Verfassen Sie eine Antwort darauf.

In unserer heutigen Zeit sollte es zur Normalität werden Inhalte aus den sozialen Medien im Unterricht zu bearbeiten um falsche Informationen nicht bei den SchülerInnen zu festigen. Da sich außerschulisch die wenigsten SchülerInnen kritisch mit den Inhalten, welche sie aus Sozialen Medien kriegen, auseinander setzen werden muss die Schule als Bildungsstätte diesen Raum und die Bereitschaft bieten dies nachzuholen. Mein Ziel als Lehrkraft ist es kritisch denkende Individuen zu formen, welche sich in aktuellen gesellschaftlichen Diskursen faktenbasiert beteiligen können. Lehrkräfte die mir in dem Punkt widersprechen schaden meiner Meinung nach zukünftigen Gesellschaften und führen ihren Beruf nicht richtig aus.

Quellen:

American Association for the Advancement of Science (AAAS) (1993). Benchmarks for science literacy. New York: Oxford University Press.

Marks, R.; Stuckey, M. ; Belova, N. ; Eilks, I. (2013). The Societal Dimension in German Science Education – From Tradition towards Selected Cases and Recent Developments


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Eine Antwort zu „“

  1. Avatar von Emre
    Emre

    Insbesondere mit der zweiten These bin ich d’accord. Wie und ob eine Lehrkraft im Chemieunterricht Experimente mit der Klasse durchgeführt hat, hatte stets großen Einfluss auf mein Interesse und den Spaßfaktor am Chemieunterricht. Dementsprechend war es auch sehr unstet, wie gerne ich am Chemieunterricht teilgenommen habe. Bei jenen Lehrkräften, die auf mehr und spektakulärere Experimente setzten, war bei mir auch die Freude zur Teilnahme am Unterricht größer. Natürlich ist es ein subjektives Empfinden und mag einen geringeren Einfluss bei Schüler*innen gehabt haben, die ein grundlegendes überschulisches Interesse an Chemie mitbrachten. Daneben wird der Nutzen von fundierten Erkenntnissen unterstrichen. So heißt es, dass es für die Ausbildung von Denkstrukturen unentbehrlich sei, auf handlungsorientierten Unterricht zurückzugreifen (Lippusch 2016, S. 64).

    Ein wichtiger Punkt in Bezug auf Rauschmittel und Tattoos wird hier von der Verfasserin angesprochen und genießt meine Zustimmung, da diese Themen auch in meinem Schulunterricht kaum thematisiert wurden. Dazu möchte ich dennoch anerkennend ergänzen, dass mein Chemieunterricht einen wichtigen Beitrag zur Charakterbildung im Umgang mit Gefahren durch Feuer und anderen natürlichen Dingen geleistet hat. So betrachteten wir beispielsweise im Biologieunterricht Pilzarten, die uns im Alltag beim Wandern begegnen könnten und deren Konsum aufgrund ihrer Toxizität zu vermeiden ist. Im Chemieunterricht wurden wir vor Experimenten etliche Male belehrt, weshalb und welche Schutzkleidung wir tragen sollen. Wir schauten uns Gefahrensymbole auf Verpackungen von Alltagsgegenständen an und wie welches Produkt handzuhaben ist. Im ersten Jahr Chemieunterricht wurden wir doziert, wieso wir bei Experimenten mit dem Bunsenbrenner nicht einfach nur die Flamme auspusten dürfen, während das Gas noch läuft.
    Was für den ein oder anderen bekannt gewesen sein darf, weil er es zuhause beigebracht bekam oder als Jugendliche*r noch langweilig erschien, erweisen sich mir alle retrospektiv als nützliche Informationen, für deren Erwerb ich bis heute Dankbar bin.

    Ich bin ein Freund von Ordnung und denke, dass eine Lehrkraft sich in erster Linie an dem Lehrplan orientieren sollte und sich die Kritik wenn überhaupt an die Verantwortlichen für diesen zu richten hat. Für die Beseitigung falscher Informationen auf social media, was bei kontroversen Themen wie der Abtreibung eine hohe Tragweite haben kann, ziehe ich die Betreiber sozialer Medien zur Verantwortung, Mechanismen wie Fact-Checking zu implementieren. Nichtsdestotrotz sollte natürlich etwas dafür getan werden, dass Schüler*innen von sich aus erkennen, ob sie es bei einem Social Media Beitrag mit falschen Informationen zu tun haben. Das kann geschehen, indem der Unterricht inhaltlich mitunter auf Themen abzielt, die eine große Beliebtheit genießen und mit denen Schüler*innen großer Wahrscheinlichkeit nach konfrontiert werden. Einem Abweichler meiner Ansicht die Expertise abzusprechen oder Gesellschaftsschädigung vorzuwerfen, halte ich hingegen nicht für förderlich.

    Literaturverzeichnis:
    Lippusch, Monika (2016): Experimentieren im Chemieunterricht unter Berücksichtigung der kognitiven Entwicklungsstufen.

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