Diskussionen fördern Bildung

Sind „andere“ Gesellschaften und Kulturen plausible Lerngegenstände im Fremdsprachenunterricht?

1. Bei der Veranstaltung zur Sprachenwahl für die 2. Fremdsprache sind Sie als Klassenlehrer einer 5. Klasse anwesend und stellen fest, dass die FS-Kolleg*innen in ihrer Präsentation für die Eltern auf Stereotypen zurückgegriffen haben. Äußern Sie sich den Kolleg*innen kritisch gegenüber und verweisen Sie dabei auf das Byram Modell.     

 

                -Beantwortung der Frage mit einer e-Mail an die Kolleg*innen-

 

„Sehr geehrte Kolleg*innen,

Zunächst bedanke ich mich sehr für die  Präsentation, die Sie erstellt haben. Jedoch ist mir aufgefallen, dass Sie die Fremdsprachen überwiegend mit stereotypischen Merkmalen vorgestellt haben. Dadurch finde ich, dass den Eltern vermittelt wurde, dass der zukünftige Fremdsprachenunterricht sich vor allem mit der stereotypischen Kultur der Fremdsprache auseinandersetzt. Diese Vermittlung erscheint mir fehlerhaft, da durch die Stereotypen eine Verallgemeinerung der Kultur bezweckt wird, und dies ist nicht richtig. Zudem wird der kommende Unterricht sehr eintönig und inhaltlich falsch wiedergegeben. Ich finde es ist wichtig, den Eltern und Schülern klar zu zeigen, was sie in der Zukunft  erwarten wird und was sie alles Erlernen werden.     Des Weiteren würde ich Sie gerne auf das Byram-Modell aufmerksam machen, da dieser sehr wichtige Aspekte für das inter-bzw. transkulturelle Erlernen einer Fremdsprache erwähnt. Dies könnte bei der Überarbeitung der Präsentation als Grundlage dienen. Wichtig ist hierbei zu erwähnen, dass den Schülern nicht nur ihr Klassenraum als Lernort dient, denn der Lernprozess findet auch an außerschulischen Orten weiterhin statt. Vor allem muss dies den Eltern klar vermittelt werden, denn es ist sehr wichtig beim Erlernen einer neuen Sprache, dies auch außerhalb der Schule weiter fortzusetzen. Des Weiteren erwähnt Byram wichtige/s Fähigkeiten/ Wissen (savoir), die beim Erlernen der Fremdsprache eine große Rolle spielen. Dazu zählt der Wille des Erlernens und der Erwerb neuen Wissens, wie auch das Erlernen einer neuen Kultur, mit Vermeidung des Stereotypierens und der Verallgemeinerung. Dementsprechend tragen für Byram die Reflexion und die kritische Auseinandersetzung im Fremdsprachenunterricht eine effektive Rolle. Es soll ein Lernprozess stattfinden, um die erwünschten Kompetenzen zu erreichen, die Schüler sollen nicht nur das Beigebrachte erlernen. Dazu zählt zum Beispiel, dass die Schüler die vorgestellte Kultur der neuen Sprache im Unterricht reflektieren und hinterfragen sollen. Dies soll grundsätzlich mit jeder Thematik passieren, zudem sollen  sie aktiv ihre neu erlernten Sprachkenntnisse nutzen und sich mit verschieden Sprachtypen auseinandersetzen, wie z.B. mit der Jugend- oder auch der Umgangssprache. “

 

2. Erinnern Sie, welche kulturellen Inhalte Bestandteil ihres Fremdsprachenunterrichts in der Schule gewesen sind und mit welchem Ziel diese behandelt worden sind. Stellen Sie dabei den Konnex zu der heutigen Sitzung. 

 

In meiner Schulzeit war die Erarbeitung der Kultur der Fremdsprache immer ein fester Bestandteil des Unterrichts. Vor allem spiegelte sich dies im Englischunterricht stark wider. Es wurden Referate angestrebt, in denen wir verschiedene Angewohnheiten der Engländer erlernen sollten. Zeitgleich sollten wir die kulturellen Eigenschaften der Engländer und der Amerikaner miteinander vergleichen und die Unterschiede herausarbeiten. Vor allem wurden Schüler mit einer englischen oder amerikanischen Herkunft dazu animiert ,von ihren Erfahrungen zu sprechen. Dadurch konnte man zwischen der vorgestellten, stereotypischen Kultur und den Erfahrungsberichten der Mitschüler, Unterschiede erkennen. Zudem wurden im Englischunterricht Filme geschaut, wie z. B „East is East“, die von Stereotypen  geprägt waren. Jedoch wurden diese Filme genutzt, um Stereotypen in der Klassengemeinschaft kritisch zu hinterfragen und sich mit der Multikulturalität der Filmfiguren auseinanderzusetzen.

Dabei war das Ziel des Unterrichts sich mit Stereotypen bekannt zu machen und diese auch größtenteils selbständig zu erarbeiten. Jedoch haben die Lehrkräfte ausreichende Gegenbeispiele, die zum Hinterfragen dienten mit in den Unterricht eingebracht.

 

3. Formulieren Sie eine kurze Aufgabenstellung in einem Ihrer Fächer, die zu einer fachübergreifenden Projektarbeit zum „Coronavirus“ als kulturelles Phänomen passen würde.

 

Biologie:  1. Coronakrise – Impfung, ja oder nein?

Aktuell suchen Forscher aus vielen Ländern nach einem passenden Impfstoff gegen das Coronavirus:

a) Beschreibt zunächst die passive und aktive Impfung. Hinterfragt dabei in Gruppenarbeit, ob ihr euch für eine Impfung während der Coronakrise entscheiden würdet oder dagegen, mit Begründung.

b) Findet euch in kleinen Gruppen zusammen (4-5 Personen) und tauscht eure Positionen aus. Recherchiert danach zusammen , aus welchen Ländern die meisten Impfstoffgegner und Impfstoffbefürworter stammen. Fragt euch, was für einen Trend ihr dabei beobachten könnt. Kann man die flächendeckenden Meinungen zum Impstoff als kulturelles Phänomen ansehen?

 

4. Gerade in der Behandlung von Kultur(en) und Gesellschaft(en) im Fremdsprachenunterricht kann die im Klassenraum vorhandene Heterogenität einbezogen werden. Wie bewegen Sie diese Schülerinnen und Schüler dazu, ihr Vorwissen und ihre Kompetenz einfließen zu lassen?

 

Dafür eigenen sich  vor allem Gruppenarbeiten oder Referate. Die Schüler müssen mit Hilfe der Gruppenarbeit und der richtigen Aufgabenstellung dazu bewegt werden eigene Erfahrungen und ihr Vorwissen miteinander zu teilen. Dabei sollte man beachten, dass die Aufgabenverteilung möglichst gleich ist, um zu vermeiden, dass Erfahrungen bestimmter Schüler untergehen oder gar nicht geäußert werden. Zudem könnte man Schüler, vor allem im Geschichtsunterricht dazu animieren im familiären Umfeld eine Recherche durchzuführen. Dabei sammeln viele Schüler wichtige Informationen , die im Schulunterricht zu gebrauchen sind. Des Weiteren habe ich in meiner Schulzeit beobachten können, dass viele Schüler sich  zu bestimmten Themen in der Klassengemeinschaft nicht offen äußern können, wenn dies für viele auch in erster Linie nicht nachvollziehbar ist. Deshalb würde ich auch anstreben, dass zum Beispiel in einer anonymen Form auf der Seite von „Padlet“ viele Erfahrungen zusammengesammelt werden können. Anschließend könnte man die Ansammlung in ausgedruckter Form an die Schüler verteilen.

3 Kommentare

  1. Caroline

    Hallo Dilan,
    du hast dich ausführlich mit den gestellten Fragen auseinander gesetzt und viel Zeit und Mühe investiert, das kann ich herauslesen. Ich habe noch ein paar Anregungen, Ergänzungen:

    Zu Aufgabe eins:
    Du hast das Modell gut erklärt und worauf es dabei ankommt. Wenn ich als Kollegin diese E-Mail gelesen hätte würden mir wahrscheinlich konkrete Verbesserungsvorschläge fehlen. Da du versucht hast der Aufgabenstellung entsprechend alles mit reinzupacken (war ja nunmal auch so gefordert) wirkt der Ton etwas harsch und belehrend. Dies könnte als Reaktion Abwehr und schlechtes Klima unter den Kollegen bedeuten. Eine Auseinandersetzung mit dem was dich an der Präsentation stört wird zweitrangig, weil es dann um dich als Person geht.

    zu Aufgabe zwei:
    Die Erarbeitung der Fremdsprache an deiner Schule klingt sehr vielschichtig und spannend. Toll ist auch, dass ihr anscheinend sogar SuS aus den jeweiligen Ländern vor Ort hattet. In meiner Schulzeit konnten wir nicht auf ein so breites Spektrum zurückgreifen und der Unterricht war überwiegend monoton und langweilig.

    zu Aufgabe drei:
    Ein sehr kontrovers und vielschichtiges Thema hast du dir da für deine Gruppenarbeit ausgesucht. Auf jedenfall spannend. Ich wüsste gerne, wie du das aufziehst und wie viel Zeit hinter dieser Aufgabe steckt. Um alle Aufgabenbereiche deiner Fragestellung umfassend zu beantworten braucht es viel Recherche. Das geht bei der Definition für Impfstoffgegner und Impfbeführworter los, bis hin zu den Gründen, weshalb es in verschiedenen Regionen zu eben diesen Haltungen kommt. Sehr umfassend.

    zu Aufgabe vier:
    Besonders deine Idee der anonymen Wortmeldung finde ich toll.
    Referate und Gruppenarbeiten geben sicherlich einen Einblick in andere Kulturen und Gesellschaften, doch so ein richtiges Gefühl dafür bekommt man nicht. Ich würde versuchen mit Menschen aus dem Kulturkreis in Kontakt zu treten und gemeinsame Aktionen planen, die wirklich von jemandem kommen der das Gefühl dazu vermitteln kann. (Vielleicht ist das Naiv und Überambitioniert. Versetze ich mich in die Lage der Schüler ist es ein toller Gewinn. Ich hätte mir während meiner Schulzeit den ein oder anderen authentischen Kontakt gewünscht.)

    Viele Grüße
    Caroline

    • Dilan

      Hallo liebe Caroline,

      vielen Dank für deine Verbesserungsvorschläge und deine Erfahrungsberichte ! Die haben mir echt sehr gut gefallen, da ich selber viele wichtige Punkte nicht beachtet habe.

      Zu Aufgabe 1 kann ich sagen, dass du recht hast, es klingt echt sehr streng und kritisch. Vielleicht sollte ich vor der Kritik nochmal genauer erwähnen, was mir alles gefallen hat. ( war für mich ein bisschen schwer, da wir die „Präsentation“ garnicht gesehen haben)

      Zur 2. Aufgabe kann ich nur sagen, dass ich sehr viel Glück mit meinen Lehrkräften hatte, deine Erfahrung kann ich jedoch auch nachempfinden, da ich in den anderen Schulfächern teilweise sehr monotonen und langweilig gestalteten Unterricht erlebt habe

      Zu Aufgabe 3 würde ich sagen, dass die Schüler jeweils drei Schulstunden Zeit haben für jede Fragestellung. Sie sollen sich mit den aktuellen Thematiken intensiv auseinandersetzten. Zudem habe ich mir die Aufgaben als Einführung in die Thematik vorgestellt.

      Zu Aufgabe 4 finde ich deine Idee mit der Planung von Aktionen sehr gut und kreativ. Solche Arbeitsformen würden mir nicht sofort einfallen. Danke!

      LG
      Dilan

  2. Juan

    Hallo Dilan,
    Zuerst möchte ich dir für deinen ausgezeichneten Beitrag danken, der mir sehr gefallen hat.
    Zur ersten Frage: Ich finde, dass du die Problemstellung sehr gut und differenziert bearbeitet hast. Ich stimme dir dazu, dass die Verwendung von Stereotypen über die Kultur eines Landes den Lernprozess in den Fremdsprachen erschweren können. Dies kann sich kontraproduktiv auf die Lernfreude der SchülerInnen auswirken.
    Außerdem hast du das Byram – Modell ausführlich erklärt und du motivierst die KollegInnen sich mit dem Byram – Modell auseinanderzusetzen.
    Was mir wichtig war, ist, dass du sehr respektvoll und wertschätzend mit deinen KollegInnen umgehst. Darüber hinaus hast du versucht, anhand des Byram – Modell konstruktive Verbesserungsvorschläge zu geben. Oder anders ausgedrückt: du hast den Lehrkräften empfohlen, sich mit dem Byram – Modell auseinanderzusetzen, damit sie ein gutes Lernverfahren finden können, um die erwünschten Kompetenzen zu erreichen.
    In der Realität würde ich in dieser Situation ein persönliches Gespräch mit den Fachkollegen für sinnvoll halten, um mögliche Missverständnisse, die durch E-Mails entstehen können, zu vermeiden. Dies ist insbesondere wichtig, wenn ich als Klassenlehrer in das Fachgebiet und die Fachkompetenz meiner FremdsprachkollegInnen eingreife.
    Zur zweiten Frage: Es ist sinnvoll, sich im Fremdsprachenunterricht auch mit der Kultur zu beschäftigen. Dies führt dazu, dass die Schüler angeregt werden, nicht nur eine neue Sprache zu lernen und zugleich eine neue Kultur kennenzulernen, sondern auch in der Lage sind, mit den Stereotypen über Länder umzugehen.
    In meiner Schulzeit hatten wir zwar Fremdsprachenunterricht, aber er war wenig lebendig, weil nur die Vokabeln und die Grammatik im Mittelpunkt standen und wir uns nicht mit der Kultur des Landes beschäftigt haben.
    Du hattest offenbar das Glück, dass in deinem Fremdsprachenunterricht Stereotypen über die Kulturen des englischsprachigen Raumes vermittelt wurden, aber zugleich auch diskutiert und hinterfragt wurden. Diese Methode hat euch vielleicht auch dazu animiert, Stereotypen allgemein zu hinterfragen und kritisch zu betrachten.
    Zur dritten Aufgabe: Ich halte es für sehr wichtig und wertvoll, dass du für dein Fach Biologie die Frage nach der Impfung aufgegriffen hast und diese im zweiten Schritt übergreifend in einen kulturellen Kontext gestellt hast. Dadurch greifst du zunächst die aktuelle Forschungssituation auf, denn viele Virologen beschäftigen sich damit, einen Impfstoff zu entdecken. Außerdem haben die SchülerInnen Gelegenheit, eine eigene Meinung zu entwickeln und zu begründen.
    Die Frage danach, aus welchen Ländern die meisten Impfgegner und Impfbefürworter stammen, ist sehr interessant. Über dieses Thema wird auch in Deutschland viel diskutiert, ob die Leute impfen lassen möchten, oder nicht, wenn der Impfstoff vorhanden wäre.
    Zur vierten Frage bin ich der Meinung, dass es sehr gelungen und konstruktiv ist, wie du diese Frage bearbeitet hast. Du hast auf den professionellen Umgang mit der Heterogenität aufmerksam gemacht, was eine wichtiger Ansatz ist. Du gibst den SchülerInnen vielfältige Möglichkeiten, ihr Vorwissen und ihre Kompetenzen einfließen lassen zu können. Außerdem hast du berücksichtigt, dass manche SchülerInnen sich nicht so offen äußern mögen und dieses Problem mit deinem Vorschlag konstruktiv aufgegriffen.
    Viele Grüße
    Juan

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