Reaktionäre Einstellung?

Der Lehrerin des uns vorliegenden Fallbeispiels scheint nicht bewusst zu sein, dass sie der Schülerin mit der Reduzierung auf ihre kulturellen Wurzeln unrecht tut. Wieso sollte einem geringen Teil der heterogenen Klasse eine eher abstrakte Interpretation des Romans von Shakespeare lediglich Aufgrund der türkischen Wurzeln in den Sinn kommen?

Ich habe mir die Lehrerin zunächst als eine konservative, reaktionäre Dame vorgestellt. Doch aus dem Ausschnitt wird nicht ersichtlich, ob man ihr damit vielleicht unrecht tut und sie lediglich, jedoch etwas ungeschickt, versucht, auf die kulturelle Vielfalt der Klasse ein zu gehen. Dass sie dabei diskriminierend wird, indem sie ein gängiges Vorurteil auf eine Gruppe der Klasse übertragt und somit genau das Problem aufzeigt, was interkulturelle Bildung zu verhindern versucht, scheint ihr vielleicht nicht recht bewusst zu sein. Um erneuten Peinlichkeiten aus dem Weg zu gehen, wird die Schülerin vielleicht sogar versuchen, ihre Kultur demnächst zu verstecken.

Anstatt Unterschiede zu betonen, sollte man vor dem Hintergrund der transnationalen Identität versuchen, diese im Plenum zu besprechen und allen SuS die Chance zur Vorstellung ihrer Kultur gewähren. So kann jeder etwas Neues dazu lernen und erhält zusätzlich die Möglichkeit, sein eventuell schon vorgefertigtes Urteil noch einmal zu überdenken. Der anerkennende und respektvolle Umgang miteinander sollte dabei stets im Vordergrund stehen.

Das Erreichen einer friedlichen Klassengemeinschaft sollte immer das Ziel einer guten Lehrkraft sein. Um dies zu erreichen, müssen im Bezug auf interkulturelle Pädagogik, verschiedene Ansätze entwickelt und auch genutzt werden. Nur so kann mit Blick auf verschiedene Religionen, Einstellungen, Elternhäuser und Sozialgefüge ein funktionierender, harmonischer Zustand erreicht werden.

3 Gedanken zu „Reaktionäre Einstellung?“

  1. Ich stimme mit der Aussage deines Beitrags überein. Die Erwartungshaltung und die damit verbundene Empörung der Lehrerin ist als eine Form des Kulturalismus zu sehen. Die Reduzierung der betroffenen Schüler_innen auf ihre ethnische Herkunft ist demnach diskriminierend, obwohl es wahrscheinlich nicht ihre Absicht war. Daraus lässt sich schließen, dass eine umfassende Auseinandersetzung mit der Thematik erforderlich ist, um nicht versehentlich Erwartungen an die Schüler heranzutragen, die auf Stereotypen und Vorurteilen basieren.

  2. Meiner Meinung nach hätte die Lehrerin in diesem Fallbeispiel nicht einfach davon ausgehen sollen, dass die türkische(-n) Schülerin(-innen) etwas über die türkische Kultur in der Klausur schreibt, nur weil sie eine türkische Schülerin ist. Ich sehe dies als einen Eingriff in die Privatssphäre der Schülerin, ja sogar als eine Form der Diskriminierung. Wie in diesem Beitrag schon erwähnt, kann und sollte man natürlich aus diesem Ausschnitt kein „Profil“ der Dame erstellen.

    Wie könnte dieses Problem angegangen werden? Selbstverständlich ist es keine Maßnahme, eine Kultur herauszupicken und diese in zwingender Absicht zu „demaskieren“. Vielmehr sollte eine Möglichkeit gegeben werden, dass jeder, der will (!) etwas über seine Kultur preisgibt und diejenigen, die dies eben nicht wollen, nicht dazu – wenn auch indirekt – gezwungen oder aufgerufen werden. Es sollte immer auf ein Miteinander geachtet werden, bei dem sich niemand – Einzelperson oder Gruppe – ausgeschlossen oder besonders hervorgehoben fühlt, da dies ein respektvolles Gleichgewicht innerhalb der Gruppe im Keim erstickt.

  3. Hallo Dana,

    ich stimme deiner Sichtweise Vollkommen zu.
    Ich bin der Meinung, dass es in keiner Art und Weise sein kann, dass die Klausur der Schülerin nach ihrem familiären Migrationshintergrund bewertet werden sollte. Ganz im Gegenteil in solch einem Fall muss für alle Schüler und Schülerinnen derselbe Erwartungshorizont gelten. Zumal es der Schülerin auch frei steht wie sie über das Thema der gesellschaftspolitischen Umstände von Heirat und Religion denkt. Außerdem ist ein Migrationshintergrund auch nicht mit aufklärenden Absichten gleich zustellen. Daher steht es ihr vollkommen frei ob sie sich zu diesem Thema äußert oder nicht, ohne dabei Vor- oder Nachteile zu erhalten.

    Deinen Ansatz dieses Thema im Plenum zu besprechen finde ich ist ein sehr guter. Denn dort hätten alle die Chance sich frei von irgendwelchen Zwängen zu öffnen und zu erzählen. Dies durch eine Klausur zu „erzwingen“ finde ich falsch. Zudem so auch nur die Lehrerin über die Haltung Ihrer Schülerin zu diesem Thema erfährt und nicht die gesamte Klasse. Dies wäre dann auch gleich ein Ansatz dafür, eine friedliche Klassengemeinschaft zu erreichen, wie du es in deinem Letzen Absatz erläuterst.

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