Schulweg

Uni-Weg klingt komisch, find ich. Zu sehr nach Karriere und Berufsplänen. Das meine ich nicht. Ich meine die Strecke von meinem Zimmer bis in den Seminarraum. Diese 30 Minuten, in denen ich von meiner privatesten Privatsphäre zum öffentlichen, geschäftigen Campusgeschehen wechsle.

Das beste daran ist der Teil, der durch den Bürgerpark geht. Bin ich früh morgens unterwegs, sind die Wasserflächen noch am Schlafen. Zugedeckt von einer Eisschicht, von Nebelschwaden oder von samtigem Dunst. Manchmal, wenn der Himmel wolkenlos ist, glitzert auch schon erstes Licht auf manchen Stellen der Wasserwege. Dann ist es über den Bäumen hellblau und rosa und gelb und ein bisschen orange. An anderen Tagen hat der Himmel eine Farbe, die ich nicht benennen kann. Irgendwie die von Schatten, aber in der Intensität von durchlässigen Vorhängen, ganz klar andeutend, dass dahinter etwas helleres ist. Dem Gras kann man ansehen, wie feucht und kühl und frisch es ist. Irgendwo darin steht meistens der Reiher. Einmal habe ich auch schon gesehen, wie er sich über die Baumwipfel erhoben und durch den ruhigen Morgenhimmel gegleitet ist. Zu dieser Zeit sind wenig Leute unterwegs. Dann ist es ruhig und ich nehme für den Teil oft die Musik aus meinen Ohren, um der Stille zuzuhören. Da ist ein kurzes Rattern meines Fahrrads bei der gepflasterten Brücke, das der anderen Räder und über alledem ein sanftes Rauschen. Ein Rauschen von Wind und von Bäumen und von Autos auf der Straße in der Ferne.

Zu späteren Zeiten sind es vor allem die Anwesenden, die die Durchfahrt zu einem Genuss machen. Da sind ausgelassen quatschende Spazierende, lebhafte Kinder und Hunde, sehr viele und sehr süße Hunde. Den Menschen, die jetzt unterwegs sind, ist anzusehen, dass sie sich Zeit oder Auszeit genommen haben. Ihre Gesichter wirken meist ruhig, offen und entspannt. Andere bewegen ihre Körper rennend, hüpfend oder im Gleichschritt gehend. Alle sind unterwegs und ich habe keine Ahnung, wohin, wie lange oder wieso. Aber gerade sind sie hier und das ist irgendwie schön. Sie tragen dazu bei, dass hier eine Atmosphäre von Ruhe und Genuss und Pause stattfindet, die sich bei mir automatisch ausbreitet, sobald ich auf die Fahrradsttraße einbiege. Und am allermeisten tut das jeden Morgen aufs Neue die Natur, die strahlt oder leuchtet, flimmert oder brodelt, beruhigt oder trägt oder all das zugleich.

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