Die sich in der inklusiven Pädagogik unterscheidenen politischen Diskussionslinien der „mainstream/full inclusion“ und der „educational inclusion“ stellen sich den Schulalltag für beeinträchtigte SchülerInnen unterschiedlich vor.

Die „full inclusion“ setzt somit auf ein obligatorisch gemeinsames Unterrichten aller SchülerInnen. Unabhängig von physischen, psychischen oder geistigen Beeinträchtigungen sind diese Kinder in den „regulären“ Schulalltag zu integrieren. Die VertreterInnen sprechen sich für eine sonderpädagogische Ausbildung der Lehrkräfte aus, welches spezielle Förderzentren, sowie SonderpädagogInnen entbehrlich werden lassen würde. Jedwede andere Form von Unterricht verstöße ihrer Meinung nach gegen die Menschenrechte.

VertreterInnen der „educational inclusion“ hingegen sprechen sich zwar klar für das Recht, gemeinsam unterrichtet zu werden aus, wollen jedoch gleichzeitig die Möglichkeit gewähren, fakultativ eine Förderschule zu besuchen, welche auf besondere Bedürfnisse der SchülerInnen eingehen kann.

Wenn man sich nun das Fallbeispiel der Schülerin Lena zu Rate zieht, welche eine komplexe Behinderung hat, die sie geistig und körperlich einschränkt, so wird doch schnell deutlich, dass Lena eine besondere Aufmerksamkeit braucht. Nicht nur bedürfte es einer barrierefreien Schule, da sie auf einen Rollstuhl angewiesen ist, auch stelle ich es mir schwierig vor, als Lehrkraft mit einer Klassenstärke von über 20 Schülern genügend auf Lena eingehen zu können, da diese sich lediglich durch Gestik und Mimik zu verständigen weiß. Nun müsste die Lehrkraft mit Aufmerksamkeit, Feingefühl und eben auch der Leistungsvermittlung Jonglieren und hierbei allen Schülern gerecht werden.

So stellt sich auch die Frage, ob es überhaupt in Lenas Sinne wäre, in einer Klasse mit so vielen SchülerInnen zu sitzen, und täglich diese besondere Aufmerksamkeit einzufordern. Ihre Beeinträchtigung stellt bereits ein Alleinstellungsmerkmal dar, welches sie nicht unbedingt in eine angenehme Position innerhalb der Klasse bringt. Ihr nun vorzuschreiben, sie müsse eine „reguläre“ Schule besuchen und dies mit dem Recht darauf zu begründen ist meiner Meinung nach schon eine andere Form von Verletzung der Menschenrechte. Wenn die Pädagogik nun schon den Umgang mit Heterogenität prädigt, so sollte diese Heterogenität auch innerhalb der Institutionen bestehen und Lenas das Recht lassen, zu wählen, wie und wo sie ihren Schulalltag bestreiten möchte.

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