Automatisch generierter Avatar
22. April 2015
Man nehme an, die Lehrkraft wäre eine Onlinesoftware. Sie nimmt die vorliegenden ihr ersichtlichen Faktoren der Herkunft und des Geschlechts und generiert hieraus einen Avatar. Online würden der Schülerin nun passende, käuflich zu erwerbene Artikel präsentiert werden oder Seiten vorgeschlagen werden, welche laut der vorliegenden Daten auf sie zutreffen. Das Programm kann bloße Annahmen treffen, ohne dabei die tatsächlichen Gedankengänge und Gefühle der betreffenden Person einzusehen. Durch entsprechende Klicks und Aufrufe kann es jedoch nach und nach einen digitalen Steckbrief des Benutzers erstellen und Schritt für Schritt zielgerechtere Empfehlungen präsentieren.
Der entscheidende Unterschied in dieser Geschichte ist, dass die Lehrkraft keine Software ist. Sie nutzt keinen Algorythmus um ihre Schülerinnen und Schüler bewerten und einschätzen zu können. Ihre Aufgabe ist es vielmehr, sich in sie hineinzufühlen und sie selbst eine kulturelle Position beziehen zu lassen. Nach Leenen/Grosch liegt hier ganz deutlich ein Fehlschluß 1 vor. Es wurde von einer Kultur auf den Einzelfall geschlossen. Darüber hinaus hat Sie die Schülerin einer Kultur zugeschrieben, welcher sich die Schülerin keinesfalls (ausschließlich) zugehörig fühlt.
Ihr Ziel mag es gewesen sein, Sichtweisen verschiedener Kulturen zu thematisieren und zu vermitteln, jedoch ist sie voreilig zu Annahmen über ihre Schülerinnen gekommen, welche diese nicht nur nicht bestätigen konnten, sondern welche in den Schülerinnen das Gefühl von „Andersstellung“ ausgelöst hat.
Die Frage zu beantworten, wie man selbst in einer solchen Situation gehandelt hätte, stellt sich für mich als äußerst schwierig dar. Zwar kann ich genau sagen, wie ich in einer solchen Situation gerne handeln würde, nämlich keine voreiligen Schlüsse ziehen, Erwartungen nicht an einzelnen Schülern festmachen oder gar so offensichtlich äußern, jedoch ist dies kein Garant für eben solche Handlungen in der Praxis. Sicherlich wird man durch eben solche Beispiele aufmerksamer und reflektierter bei jenen Themen, jedoch will und kann ich nicht ausschließen, dass gerade in der Anfangszeit Situationen auftauchen, in welcher ich mit eigenen Vorurteilen und/oder Erwartungen an bestimmte Gruppen herantrete. Ich gehe jedoch davon aus, dass ich durch stete Reflexion aus solchen Situationen lernen werde, um sie in Zukunft zu vermeiden und eine der interkulturellen Bildung entsprechende Pädagogik umzusetzen.