Das vorliegende Fallbeispiel beginnt mit der Aussage, dass besagter Schüler Mirko von seiner Lehrerin eingefangen wird. Da hier nicht aufgeführt wird, ob der Schüler ein Fehlverhalten an den Tag gelegt hat, finde ich es sehr schwer zu beurteilen, aus einer welchen Situation heraus die folgende Handlung erfolgt. Und doch ließt sich die beschriebene Situation wie eine Strafmaßnahme durch die Lehrerin.

Zunächst einmal wird Mirko an einen Platz gesetzt, welcher ihn isoliert, sowohl von seinen MitschülerInnen als auch von den Fenstern, welche einen Blick nach draußen ermöglichen würden. Womöglich steckte die Intention dahinter, Mirko von jeglichen Ablenkungen abzuschürmen um ein konzentriertes Arbeiten anzuleiten.

Auf seine Bemerkung hin, dass er mit der Aufgabe nicht zurecht käme, wird Mirko von der Lehrkraft eine weitere Aufgabe zugeteilt. So wird seine Frage nach Hilfe mit der Mehrarbeit – so scheint es – bestraft. Gleichzeitig werden Mirko durch die Lehrkraft alle Fähigkeiten, diese Aufgaben eigenständig zu lösen aberkannt. Auch die Körpersprache der Lehrkraft scheint hier nicht förderlich. Mirko hat seine Lehrerin wortwörtlich „im Rücken“, welches keine entspannte Arbeitsatmosphäre zulässt.

Die Tatsache, dass die Lehrkraft im Folgenden noch eine Mitschülerin beauftragt, den Prozess Mirkos zu bewachen und zu kontrollieren, setzt dem ganzen noch die Krone auf. Nicht nur wird die Situation für Mirko immer demütigender, auch Schülerin Emma fühlt sich sichtlich unwohl in ihrer aufgetragenen Rolle. So scheint es im Fallbeispiel, als sich beide anlächeln, dass Sie sich klar auf der Seite von Mirko positioniert, jedoch wurde sie von der Lehrkraft in eine andere gesteckt. In puncto Gleichstellung der Schüler wurde hier meiner Meinung nach ein riesiger fauxpas begangen.

Mirko werden somit die Selbstkontrolle und das freie Arbeiten verwehrt. Vielmehr wird er für eine Frage nach Hilfe bestraft. Die beschriebene Situation stellt für mich ein riesiges Fiasko im Klassenzimmer dar.

Pferde-science-fiction?

25. Juni 2015

Ermitteln Sie in einer Lehrbuchreihe Ihrer Wahl Aufgaben, die Ihrer Ansicht nach besonders Jungen oder besonders Mädchen ansprechen. Versuchen Sie diese Aufgabe(n) mit einer umgekehrten Gender-Orientierungumzuformulieren.

Da im Rahmen des Studiums vor allem bezogen auf das Fach Deutsch mehrfach betont wurde, dass unter den SchülerInnen besonders die Jungen zum Lesen motiviert werden sollten, ging es inhaltlich häufig um Ansätze, wie dieser Zielgruppe Literatur nahegelegt werden könne.

Auch aus meiner eigenen Schulzeit kann ich mich daran erinnern, dass insbesondere im Englischunterricht ein bis zwei Werke aus der Gattung „Science Fiction“ in den jährlichen Literaturkatalog integriert waren. Nun ist es meiner Meinung nach schon falsch, diese Literatur eindeutig und vor allem ausschließlich der Zielgruppe der Jungen zuzuordnen. Insofern kann ich mich nur schwer mit der Aufgabenstellung abfinden, da es einer klaren Rollenzuschreibung bedarf um davon auszugehen, dass eine Aufgabe „für Jungen“ oder „für Mädchen“ ist.

Sofern die Gesamtheit der Aufgaben sich auf viele variierende Themen bezieht, ist eine solche Zuschreibung meiner Meinung nach unnötig. Man würde es sich folglich zu einfach machen, wenn man nun so klassische Themen wie „Fußball“ und „Pferde“ aufgreifen und diskutieren würde. Für jedes Thema gibt es eine heterogene Zielgruppe. Zum Ziel sollte man es sich vielmehr machen, eine gewisse Vielfalt anzubieten und zu bestimmten Themen möglicherweise noch eine Alternative im Ärmel zu haben.

So bedarf es außerdem einer Lehrkraft, die auch SchülerInnen außerhalb dieser „Zielgruppe“ für ein Thema begeistern kann. Die Frage nach einer Geschlechtsspezifischen Aufgabe wäre somit schon im Vorfeld irrelevant.

Die Methode des offenen Unterrichts lässt sich so beschreiben, dass es eine Form des Unterrichts ist, bei denen Schülerinnen und Schülern Herangehensweisen und Abfolge von Bearbeitung von Lerninhalten freigestellt bleiben. SuS bekommen einen gewissen „Workload“ der zu verinnerlichen/bearbeiten ist, können sich jedoch für eine Reihenfolge oder auch die Zeit und den Ort der Bearbeitung (teilweise) frei entscheiden.

Zu den Vorteilen dieser Unterrichtsmethode zählt, dass jeder Schüler eine für sich passende Form des Lernens entwickeln kann. Die SuS lernen außerdem, sich ihre Aufgaben einzuteilen und kommen somit mit Zeitmanagement in Berührung. So können sie individuelle Präferenzen einbauen, welches zu einer erhöhten Motivation führen kann. Methodik und Zeitraum können an persönliche Bedürfnisse angepasst werden. Darüber hinaus nehmen die SuS eine Eigenverantwortung an, welche im Hinblick auf den weiteren Bildungsweg von Vorteil sein kann.

Nachteile dieser Methode lassen sich deutlich erkennen, wenn die erforderte Leistungsbereitschaft in der Klasse nicht vorhanden ist. Auch ist es für die Lehrkraft schwierig, einen Überblick über den Stand der gesamten Gruppe zu haben. SuS, welche über diese Eigenständigkeit nicht vermögen oder Schwierigkeiten mit den Lerninhalten haben, sind bei dieser Methode gefährdet, nicht folgen zu können bzw. den Anschluss zu verlieren.

Diese Methode im Rahmen einer Inklusionsklasse nicht anzuführen erkläre ich mir durch die Schwierigkeiten und Gefahren, welche in einer solchen Klasse auftauchen können. InklusionsschülerInnen bedürfen teilweise einer besonderen Aufmerksamkeit und starker Unterstützung, welche sie durch den offenen Unterricht nicht zugeteilt bekommen könnten. Hier ist das Risiko „unterzugehen“ besonders hoch, da bei dem offenen Unterricht nicht am Ende einer jeden Stunde Lernerfolge und Leistungen abgefragt werden können. Mit der Form des offenen Unterrichts könnte dieses SuS schlichtweg überfordert sein.

Die sich in der inklusiven Pädagogik unterscheidenen politischen Diskussionslinien der „mainstream/full inclusion“ und der „educational inclusion“ stellen sich den Schulalltag für beeinträchtigte SchülerInnen unterschiedlich vor.

Die „full inclusion“ setzt somit auf ein obligatorisch gemeinsames Unterrichten aller SchülerInnen. Unabhängig von physischen, psychischen oder geistigen Beeinträchtigungen sind diese Kinder in den „regulären“ Schulalltag zu integrieren. Die VertreterInnen sprechen sich für eine sonderpädagogische Ausbildung der Lehrkräfte aus, welches spezielle Förderzentren, sowie SonderpädagogInnen entbehrlich werden lassen würde. Jedwede andere Form von Unterricht verstöße ihrer Meinung nach gegen die Menschenrechte.

VertreterInnen der „educational inclusion“ hingegen sprechen sich zwar klar für das Recht, gemeinsam unterrichtet zu werden aus, wollen jedoch gleichzeitig die Möglichkeit gewähren, fakultativ eine Förderschule zu besuchen, welche auf besondere Bedürfnisse der SchülerInnen eingehen kann.

Wenn man sich nun das Fallbeispiel der Schülerin Lena zu Rate zieht, welche eine komplexe Behinderung hat, die sie geistig und körperlich einschränkt, so wird doch schnell deutlich, dass Lena eine besondere Aufmerksamkeit braucht. Nicht nur bedürfte es einer barrierefreien Schule, da sie auf einen Rollstuhl angewiesen ist, auch stelle ich es mir schwierig vor, als Lehrkraft mit einer Klassenstärke von über 20 Schülern genügend auf Lena eingehen zu können, da diese sich lediglich durch Gestik und Mimik zu verständigen weiß. Nun müsste die Lehrkraft mit Aufmerksamkeit, Feingefühl und eben auch der Leistungsvermittlung Jonglieren und hierbei allen Schülern gerecht werden.

So stellt sich auch die Frage, ob es überhaupt in Lenas Sinne wäre, in einer Klasse mit so vielen SchülerInnen zu sitzen, und täglich diese besondere Aufmerksamkeit einzufordern. Ihre Beeinträchtigung stellt bereits ein Alleinstellungsmerkmal dar, welches sie nicht unbedingt in eine angenehme Position innerhalb der Klasse bringt. Ihr nun vorzuschreiben, sie müsse eine „reguläre“ Schule besuchen und dies mit dem Recht darauf zu begründen ist meiner Meinung nach schon eine andere Form von Verletzung der Menschenrechte. Wenn die Pädagogik nun schon den Umgang mit Heterogenität prädigt, so sollte diese Heterogenität auch innerhalb der Institutionen bestehen und Lenas das Recht lassen, zu wählen, wie und wo sie ihren Schulalltag bestreiten möchte.

Man nehme an, die Lehrkraft wäre eine Onlinesoftware. Sie nimmt die vorliegenden ihr ersichtlichen Faktoren der Herkunft und des Geschlechts und generiert hieraus einen Avatar. Online würden der Schülerin nun passende, käuflich zu erwerbene Artikel präsentiert werden oder Seiten vorgeschlagen werden, welche laut der vorliegenden Daten auf sie zutreffen. Das Programm kann bloße Annahmen treffen, ohne dabei die tatsächlichen Gedankengänge und Gefühle der betreffenden Person einzusehen. Durch entsprechende Klicks und Aufrufe kann es jedoch nach und nach einen digitalen Steckbrief des Benutzers erstellen und Schritt für Schritt zielgerechtere Empfehlungen präsentieren.

Der entscheidende Unterschied in dieser Geschichte ist, dass die Lehrkraft keine Software ist. Sie nutzt keinen Algorythmus um ihre Schülerinnen und Schüler bewerten und einschätzen zu können. Ihre Aufgabe ist es vielmehr, sich in sie hineinzufühlen und sie selbst eine kulturelle Position beziehen zu lassen. Nach Leenen/Grosch liegt hier ganz deutlich ein Fehlschluß 1 vor. Es wurde von einer Kultur auf den Einzelfall geschlossen. Darüber hinaus hat Sie die Schülerin einer Kultur zugeschrieben, welcher sich die Schülerin keinesfalls (ausschließlich) zugehörig fühlt.

Ihr Ziel mag es gewesen sein, Sichtweisen verschiedener Kulturen zu thematisieren und zu vermitteln, jedoch ist sie voreilig zu Annahmen über ihre Schülerinnen gekommen, welche diese nicht nur nicht bestätigen konnten, sondern welche in den Schülerinnen das Gefühl von „Andersstellung“ ausgelöst hat.

Die Frage zu beantworten, wie man selbst in einer solchen Situation gehandelt hätte, stellt sich für mich als äußerst schwierig dar. Zwar kann ich genau sagen, wie ich in einer solchen Situation gerne handeln würde, nämlich keine voreiligen Schlüsse ziehen, Erwartungen nicht an einzelnen Schülern festmachen oder gar so offensichtlich äußern, jedoch ist dies kein Garant für eben solche Handlungen in der Praxis. Sicherlich wird man durch eben solche Beispiele aufmerksamer und reflektierter bei jenen Themen, jedoch will und kann ich nicht ausschließen, dass gerade in der Anfangszeit Situationen auftauchen, in welcher ich mit eigenen Vorurteilen und/oder Erwartungen an bestimmte Gruppen herantrete. Ich gehe jedoch davon aus, dass ich durch stete Reflexion aus solchen Situationen lernen werde, um sie in Zukunft zu vermeiden und eine der interkulturellen Bildung entsprechende Pädagogik umzusetzen.