Empowering Leadership – Wie soziale Identität den Weg zum Erfolg ebnet

von Tuan Anh Jonny Hoang, Lea Jost, Celine Lorenz und Björn Olbrich 

Stell dir vor, du betrittst ein Unternehmen und es fühlt sich an, als würdest du einen Raum eintreten,  in dem nicht nur Leistungen, sondern auch gemeinsame Erlebnisse zählen. Weg vom rein  Geschäftlichen, hin zum Persönlichen. Ein Arbeitsumfeld, in dem es nicht nur um die individuelle  Arbeitskraft geht, sondern um ein Wir-Gefühl, welches alle miteinander verbindet. Dabei zählt nicht  nur das, was du machst, sondern auch, wer du bist – eine Gemeinschaft, die gemeinsam wächst  und erfolgreich ist. 

In Zeiten einer Arbeitswelt, die vom ständigen Wandel geprägt ist, stellt insbesondere die Bindung  der Mitarbeitenden an die Organisation eine zentrale Herausforderung für Unternehmen dar.  Fehlende emotionale Bindung und mangelnde Identifikation der Mitarbeitenden mit dem  Unternehmen sind nicht nur Unannehmlichkeiten im Unternehmensalltag, sondern können auch  weitreichende Folgen haben, die sich wie ein unsichtbares Band durch die Organisation ziehen.  Häufige Arbeitsplatzwechsel, Kündigungen, geringe Motivation und erhöhte Fehlzeiten sind  mögliche Auswirkungen – um nur einige Beispiele zu nennen. Doch wie können Unternehmen  erreichen, dass sich die Mitarbeitenden stärker mit dem eigenen Unternehmen identifizieren? Und  welche Rolle spielt dabei das sogenannte Empowering Leadership? 

Die Antwort liegt hierbei in der organisationalen Identifikation. Demnach ist es förderlich, die  organisationale Identifikation von Mitarbeitenden zum Unternehmen proaktiv zu stärken. Eine  starke organisationale Identifikation vermittelt den Mitarbeitenden nämlich das Gefühl von  Zugehörigkeit und Gemeinschaft. Das kann wiederum das Wohlbefinden von den Mitarbeitenden  positiv beeinflussen und die Bindung zum Unternehmen nachhaltig fördern. Die Anwendung des  Empowering Leadership stellt hierbei einen entscheidenden Baustein dar. 

Befähigen statt befehlen – Empowering Leadership als Antwort?! 

Es handelt sich dabei um eine Führungsform, bei der Führungskräfte nicht nur Anweisungen geben,  sondern aktiv die Eigenverantwortung der Mitarbeitenden fördern und ihnen dabei helfen, ihre  eigenen Potenziale zu entfalten. Mitarbeitende können ihre Arbeitsumgebung aktiv mitgestalten und  werden als gleichwertige Teammitglieder angesehen. Das schafft Vertrauen und ein Gefühl der  Wertschätzung. Diese Art der Zusammenarbeit führt wiederum zu einer starken Bindung an die 

Führungsperson und die eigene Identifikation mit dem Unternehmen steigt. Die Ziele der  Organisation werden als gemeinsam geteilte Ziele betrachtet, was zu einer höheren  Leistungsbereitschaft führt. In diesem Zusammenhang ist vor allem eine prototypische  Führungsform sehr bedeutend. Mitarbeitende fühlen sich demnach eher Führungspersonen und  somit dem Unternehmen verbunden, wenn das Führungsverhalten mit den Werten ihrer Gruppe  übereinstimmt und sich um Mitglieder der Gruppe gekümmert wird. Schließlich möchte niemand  von einer Führungskraft geleitet werden, die nicht mit den eigenen Überzeugungen übereinstimmt  und kein Interesse an der Gruppe hat – nicht wahr?  

Dieses Phänomen lässt sich durch die Theorie der sozialen Identität erklären, die sich damit befasst,  wie sich Menschen als Teil einer sozialen Gruppe sehen. Ein kurzer Ausflug in die  Sozialpsychologie verdeutlicht, dass wir in vielfältigen Gruppen wie der Familie, dem  Freundeskreis oder auch im beruflichen Kontext verankert sind. Diese Zugehörigkeiten prägen  entscheidend unser Selbstbild, unsere sogenannte soziale Identität. Ein tiefgehendes Verständnis  dieser Dynamik ist essentiell, um eine positive Identifikation mit dem Unternehmen zu ermöglichen  – oder willst du nicht auch mit Stolz sagen können, dass du bei deinem Unternehmen arbeitest? 

Ebenso betont die Theorie die vielschichtige Natur der Führung als fortlaufenden Prozess. Hierbei  ist die Schlüsselkompetenz einer Führungskraft die Fähigkeit, die gemeinsame soziale Identität der  Gruppenmitglieder zu repräsentieren, zu integrieren, zu fördern und umzusetzen. Auf diese Weise  gestalten Führungskräfte ein gemeinsames Gruppengefühl, das die Grundlage für die Erreichung  gemeinsamer Ziele bildet. Empowernde Leader:innen formen damit ein gemeinsames Verständnis  innerhalb ihres Teams, um kollektive Ziele zu verwirklichen.  

Und warum sollte es für Führungskräfte von Vorteil sein, auf gleicher Augenhöhe mit ihren  Mitarbeitenden zu agieren? Und was bedeutet das jetzt genau für mich als Führungskraft?  Wenn Mitarbeitende sich geschätzt fühlen und die Verhaltensweisen der Führungskraft mit den eigenen Überzeugungen überschneiden, fühlen sie sich eher der Gruppe zugehörig. Das Gefühl, Teil der Gruppe zu sein, führt dazu, dass organisationale Ziele als gemeinsame Ziele wahrgenommen  werden. Das wiederum steigert die Leistung der Personen und stärkt die Bindung zum  Unternehmen. Übersetzt heißt das: wenn beispielsweise eine wichtige Kundenpräsentation noch  nicht fertig ist, könnten Mitarbeitende aufgrund der starken Verbundenheit zum Team bereit sein,  die extra Meile zu gehen – sei es durch Überstunden oder durch ein verstärktes Engagement. 

Empowering Leadership – Von der Theorie zur Praxis 

So viel zum theoretischen Vorgehen des befähigenden Führens, aber wie genau geht man die  Veränderung im eigenen Unternehmen jetzt konkret an? Wie bei jeder Transformation des  Führungsverhaltens ist zunächst viel Geduld gefragt, denn bekanntlich fällt über Nacht kein Meister  vom Himmel. Die Mitarbeitenden, die am stärksten von den Veränderungen betroffen sind, müssen  in den Wandel mit einbezogen werden. Um diesen Prozess optimal zu gestalten, ist eine offene und  transparente Kommunikation unerlässlich. Konkret bedeutet dies, dass Betroffene frühzeitig über  Veränderungen informiert und in entsprechende Entscheidungen miteinbezogen werden.  

Für die meisten Führungskräfte erfordert dies eine gewisse Überwindung, da sie als klassische  Chef:innen für gewöhnlich das Informations- und Verantwortungsmonopol in der Abteilung innehatten. Genau darin liegt jedoch das Wesentliche. Das traditionelle Selbstverständnis, alle Aufgaben selbst zu übernehmen und zu delegieren, sollte gegen das Gefühl getauscht werden, von der Gruppe aufgefangen und unterstützt zu werden.  

Trotzdem sollten wir realistisch bleiben: Empowering Leadership ist nicht das Allheilmittel für alle  Unternehmensfragen. Es wäre schlichtweg naiv zu denken, dass eine einzelne Führungsform alle  Herausforderungen meistern kann. Stattdessen betrachten wir Empowering Leadership lieber als ein  wichtiges Instrument in der Führungswerkzeugkiste, das seine volle Wirkung entfaltet, wenn es in  einen umfassenderen Ansatz eingebunden ist. Denn nur so kann gutes Führen gelingen! 


Literatur:

Arshad, M., Qasim, N., Farooq, O. & Rice, J. (2021). Empowering leadership and  Employees’ work Engagement: A Social Identity Theory Perspective. Management  Decision, 60(5), 1218–1236. https://doi.org/10.1108/md-11-2020-1485 

Böhm, S. (2008). Organisationale Identifikation als Voraussetzung für eine erfolgreiche  Unternehmensentwicklung – eine wissenschaftliche Analyse mit Ansatzpunkten für das  Management.  

Ellemers, N., & Haslam, S. A. (2012). Social identity theory. In P. A. M. Van Lange, A. W.  Kruglanski, & E. T. Higgins (Eds.), Handbook of theories of social psychology (pp. 379– 398). Sage Publications Ltd.


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