Updated on Januar 17, 2018
Freundlichkeit ist doch keine Hexerei
Seit knapp zwei Monaten wohne ich nun schon in Bremen und eigentlich fühle ich mich sehr wohl hier und genieße das Stadtleben total – alles ist bequem zu Fuß oder per Bahn und Bus zu erreichen und immer ist irgendetwas Spannendes los. Was mich aber tierisch stört und woran ich mich absolut nicht gewöhnen kann, ist die Unfreundlichkeit mancher Menschen, mit der man beinahe jeden Tag konfrontiert ist – anstatt im Bus zu fragen, ob man eben Platz machen könne zum Aussteigen, wird sich unsanft an einem vorbei gedrängelt und dabei am liebsten auch noch auf die Füße getreten. Hält man die Tür zu einem Geschäft auf, damit sie dem Nächsten oder der Nächsten nicht mit voller Furcht vor’s Gesicht knallt, wird sich dafür nicht bedankt. An der Kasse im Supermarkt sind die Kassierer und Kassiererinnen meist so wortkarg und lustlos, dass es noch schwerer fällt, das wenige Geld, welches man als Student zur Verfügung hat, auszugeben. Und dabei ist es doch so einfach, freundlich mit seinen Mitmenschen umzugehen! „Bitte“ und „Danke“ – einfache Worte mit extrem großer Bedeutung. Aber dafür müssen sie auch ausgesprochen werden und das fällt manchen Menschen scheinbar gar nicht leicht, was für mich so schwer nachzuvollziehen ist. Ich möchte an dieser Stelle auf keinen Fall alle Menschen hier über einen Kamm scheren und auch Bremen ist wohl nicht „schlimmer“ als andere Städte in Deutschland, was meine empfundene Unfreundlichkeit angeht.
Immer wieder höre ich Sprüche wie „So sind die Menschen in der Stadt eben.“, wenn ich mich mit beispielsweise mit meinen Eltern über dieses Thema unterhalte – das kann aber doch kein Grund oder gar eine Entschuldigung sein. Gerade in der Stadt, wo wir täglich mit einer Vielzahl von Menschen umgeben sind, muss es doch im Interesse aller sein, dass wir nett und freundlich miteinander umgehen und so eine Umwelt schaffen, in der sich jeder wohlfühlen kann. Oft habe ich allerdings das Gefühl, dass sich viele Menschen selbst am nächsten sind und ohne Rücksicht auf andere durch ihr öffentliche Leben marschieren. Vielleicht sehe ich auch alles ein wenig zu eng und stelle mich ein bisschen an – inzwischen achte ich sogar besonders darauf, wie freundlich oder eben unfreundlich manche Menschen sind. Ich habe auch schon am mir selbst beobachten müssen, dass ich mich der Unfreundlichkeit der Menschen um mich herum angepasst habe, was mich total erschrocken hat.
Ich muss natürlich zugeben, dass nicht alles schlecht ist, was ich in der Innenstadt, im Bus oder der Bahn erlebe. Es gibt immer wieder Momente, die dazu führen, dass ich nicht komplett die Hoffnung in die Menschheit verliere – zum Beispiel wenn ein junger Mann seinen Sitzplatz in der Bahn aufgibt, um eine ältere Dame dort sitzen zu lassen. Wenn einem der Stift herunterfällt und dieser von einer fremden Person einfach aufgehoben wird. Oder wenn einem an der Kasse im Supermarkt einen schönen Abend gewünscht wird und man das Gefühl hat, es war wenigstens ein bisschen ernst gemeint. Dies sind alles Kleinigkeiten, die meiner Meinung nach selbstverständlich sein sollten, es aber leider nicht für alle sind und so lerne ich jeden Tag ein bisschen mehr, mich weniger über die Unfreundlichkeiten, die mir jeden Tag entgegen kommen, zu ärgern, sondern die kleinen, netten Momente mehr wertzuschätzen und mich über diese zu freuen.
Ich bin genau deiner Meinung! Allerdings ist mir schon aufgefallen, dass vor allem ältere Menschen sich oft darüber Beschwerden, wie ungezogen die „Jugend von heute“ doch ist. Mir passiert es aber so oft, dass ich zu älteren Leuten Hallo sage und nur verständnislos angeschaut oder ganz ignoriert werde. Manche freuen sich aber auch richtig und fangen direkt ein Gespräch an. Außerdem ist mir leider schon des Öfteren in der Bahn aufgefallen, wie unfreundlich mit Kinderwägen oder Rollstühlen umgegangen wird. Das ist meiner Meinung nach das aller schlimmste.
Es ist mir leider auch schon aufgefallen, dass sich ältere Menschen gerne über junge Leute und dessen Benehmen beschweren aber selber nicht einmal die einfachsten Worte wie Bitte und Danke über die Lippen bekommen.
Das mit den Kinderwagen oder Rollstühlen habe ich zum Glück noch nicht mitbekommen – geht aber natürlich echt überhaupt nicht, dass sich selbst diesen Personen gegenüber einige komplett daneben benehmen! Sowas ist einfach so unangebracht und hilft absolut niemanden weiter.. Aber manche Leute haben das offensichtlich noch nicht so ganz geschnallt!
Als eingeborener Bremer kann ich vieles bestätigen, die meisten Bremer sind verschlossen und wortkarg, wer mal häufiger in Süddeutschland oder gar in Nord- oder Südeuropa war kann dies bestätigen. Wobei ich dies beim Supermarktpersonal noch verstehen kann, extrem wenig Personal und viel Stress. Vom Chef vorgestanzte Platitüden, wie „schönen Abend noch“, die nur mit absolutem Widerwillen geäußert werden, sind dann eher belastendes Beiwerk für den Kunden.
Zur Hilfsbereitschaft, da reagieren viele abweisend bis aufbrausend wenn man helfen will. Ist mir selbst schon mehrmals passiert.
z.B. hatte eine Omi im Supermarkt ihr Geld vergessen, jede Menge Kleinstkram für gerade mal 10 Euro. Ich sah sie fast täglich, sie wohnte in der Nähe. Ich wollte ihr mit 10 Euro aushelfen, die sie mir dann ja gleich wieder geben könnte, aber dies ging auf keinen Fall. „Vielleicht sind Sie ein Trickbetrüger“
Oder in der Postfiliale, vor mir eine fast zerbrechlich wirkende junge Frau, die – wider Erwarten – ein ultraschweres Paket bekommt mit dem sie gar nicht rechnete. Ich hatte ein schweres Paket abzugeben und dies mit einer Sackkarre transportiert.
Ich bat an ihr beim Transport zu helfen, nein, auf keinen Fall, vielleicht hätte ich ja sonstwas für Absichten.
Jetzt überlege ich mir schon sehr, sehr, sehr genau ob ich Hilfe anbiete, meist entscheide ich mich dagegen.
Da ich als Nebenjob selber recht lange an der Kasse in einem Supermarkt gesessen habe, weiß ich wie anstrengend und nervenaufreibend dieser Job sein kann und leider meistens auch ist. Dennoch bin ich der Meinung, dass Freundlichkeit das oberste Gebot bei diesem Job ist und eine Begrüßung, Danke und Bitte und eine Verabschiedung einfach zu diesem Job dazugehören und es nicht wehtut, freundlich zu den Kunden ist, denn so sind diese es dann meistens auch dem oder der Kassierer/in gegenüber und das macht den Job dann gleich viel angenehmer 😀
Es ist total erschreckend zu lesen, dass scheinbar wirklich oft vom Schlimmsten ausgegangen wird, wenn einfach ohne Hintergedanken Hilfe angeboten wird, dass das Vertrauen in die Menschheit scheinbar so abgenommen hat, dass man sich nicht mehr sicher dabei fühlt, Hilfe von fremden Menschen anzunehmen. Und noch viel schlimmer finde ich aber eigentlich, dass dadurch die Menschen entmutigt werden, die ihre Hilfe gerne anbieten würden, es aber aufgrund der geschilderten Ereignisse nicht mehr tun, was ich in dem Fall wirklich nachvollziehen kann!
Selbst als geborene Bremerin kann ich dich total nachvollziehen. Hier im Norden ist es ja schon fast ein Merkmal, dass die Menschen mit runtergezogenen Mundwinkeln herumlaufen und immer was zu meckern haben. Doch das ist wie mir aufgefallen ist auch in Hamburg und in anderen nördlichen Städten der Fall. Immer wenn ich hingegen in den Süden wie Österreich fahre, um dort einen schönen Urlaub zu machen, bekommt man ein ganz anderes Bild zu Gesicht. Dort sind die Leute meistens total freundlich und auch hilfsbereit – Ich bin ja fast immer noch der Überzeugung, dass das an der Sonne und der absolut schönen Umgebung im Süden liegt ^^. Doch ich habe es auch schon so oft erlebt, dass solche Menschen, die hilfsbereit sind, lächeln und immer Freundlich sind, hier in Bremen umherlaufen. Erst kürzlich habe ich in der Bahn zur Uni einen kleinen Jungen gesehen, welcher einer älteren Dame seinen Platz angeboten und anschließen sogar dabei geholfen hat, ihren Trolli aus der Bahn zu hieven. Sowas freut mich dann immer total und motiviert auch mich immer freundlich zu sein. Für mich sind diese grummeligen Menschen nur noch ein Grund mehr der Freundlichkeit hier auf den Sprung zu helfen und lächelnd umher zulaufen – auch wenn es nicht immer einfach ist und auch wenn es manchen Menschen hier anscheinend Angst machen kann, wie ich kürzlich von einer Freundin erfahren habe, bei welcher sich eine Dame im Bus umgesetzt hat, nur weil sie gelächelt hat.
@ Riccarda: Wenn man ganz nah an der dänischen Grenze ist, z.B. in Flensburg, werden die Menschen auch wieder etwas freundlicher.
Leider färbt die allgegenwärtige Unfreundlichkeit und Ruppigkeit ja auch ab, bin mittlerweile selbst schon fast so. Ich habe auch nicht wirklich den Eindruck, daß sich hier wirklich viele für ihre Mitmenschen interessieren.
In den 90ern ( und davor sowieso ) war es noch etwas anders, aber der finanzielle Druck ist heute auch viel größer. Die Mieten sind stark gestiegen, viele verdienen im Verhältnis weniger als vor 20 Jahren, dazu ständiger Ärger mit Krankenkassen und Ämtern die nichts zahlen wollen, usw. Lange Wartezeiten, überall nur Personalabbau, da steigt der Frust.
Wir waren zu Besuch in Bremen und können das nur bestätigen. Größtenteils unfreundliche Menschen, obwohl wir überall als Kunden aufgetreten sind. „Steht doch eh auf der Tafel“ bei Nachfrage in einem Restaurant, was es denn für Dips gibt. Oder im Tourismusbüro erst mit Nachdruck (mehrmaliges und kräftiges Zeigen mit dem Finger) auf die Öffnungszeiten hingewiesen (wir waren fünf Minuten zu früh), dann beim Ticketverkauf über den Mund gefahren und bei Nachfrage, wie lange die Rundfahrt geht „na 75 Minuten halt!“. In einem anderem Restaurant war am Eingang ein Podest mit blätterbarer Speisekarte. Die Bedienung wollte vorbei und meint passiv-aggressiv, es gäbe ja auch an den Tischen Speisekarten.
Es gab auch „nette“ Menschen im Sinne von nicht unfreundlich sein, aber sowas haben wir nach vielen Reisen dennoch nicht erlebt, nicht mal in Berlin. Wirklich freundlich war man nur im Restaurant „Veganbar“, zum Glück war das unser Abschluss in Bremen.
Ich bin jedenfalls froh, nicht in Bremen leben zu müssen.
@ Dominik: Ist ja alles noch harmlos, aber da können Sie sich sicher vorstellen wie man z.B. im Arbeits- oder Sozialamt als „Kunde“ hier behandelt wird.
Auch in Arztpraxen sitzen hier so einige Drachen am Empfang, man bekommt das Gefühl unerwünschter Bittsteller zu sein, dabei könnte eine Praxis ohne Patienten gar nicht existieren. Und nur mit Privatpatienten ist in den meisten Stadtteilen Bremens auch keine Praxis zu finanzieren.
Wobei es natürlich überall in Deutschland unfreundliche Menschen gibt, ist mir selbst in Köln schon passiert, aber die Häufung scheint hier doch sehr groß zu sein.
Da stimme ich den Kommentaren vollkommen zu. Ich habe lange in der Umgebung und in Bremen gelebt.
Besonders die Frauen fand ich hier verklemmt. Sogar wenn man jemanden
“ nur nach der Uhrzeit fragt “ wird man hier abweisend behandelt oder einfach ganz ignoriert. Und bloß kein Wort zuviel sprechen.Gut, es gab auch viele nette Leute, will nicht alle über einen Kamm scheren.Jetzt wohne ich in Hamburg, da ist es ein bisschen besser. Aber auch ziemlich arrogant. Da zieht es mich lieber ins Rheinland.