Antisemittismus in der (Hoch)Schulbildung – historische Herleitung, aktuelle Problemlagen, zukünftige Handlungsansätze.

1. Welche Berührungspunkte hatten Sie bereits mit dem Thema Antisemitismus? Beschreiben Sie für Sie wichtig erscheinende Situationen und wie Sie diese vor dem Hintergrund dieser Vorlesung bewerten würden.

In meinem persönlichen Umfeld hatte ich bisher das Glück sehr wenige Berührungspunkte mit Antisemitismus gemacht zu haben. Selbstverständlich wurde das Thema sowohl im Deutsch- als auch im Geschichtsunterricht ausführlich behandelt. Jedoch bezog sich der Unterricht eher auf historische Fakten und diente eher als Abschreckung. Während meiner Schulzeit kam es vereinzelt immer wieder Mal vor, dass das Wort Jude als Beleidigung genutzt wurde oder auch öfter Witze mit den Stereotypen gemacht wurden. Viele dieser Bemerkungen entsprangen meist Fernsehsendungen wie „South Park“ oder „Family Guy“ und deshalb empfand ich diese nie als ernsthaft oder besonders beleidigend. Diese Witze endeten als eine Schülerin zu uns in die Klasse wechselte, die vorher eine jüdische Schule besucht hatte. Auch wenn diese Schülerin sich selbst nicht dem jüdischen Glauben zuordnete, so änderte dieser Kontakt zu einer realen Person die Sicht auf derartige Witze und Vorurteile. Rückblickend zeigt dies, dass antisemische Inhalte teilweise normalisiert sind und einige Leute, in diesem Fall Jugendliche, kaum über Auswirkungen und Konsequenzen solcher Aussagen nachdenken, bis sie gezwungenermaßen damit konfrontiert werden. Diese eigene Erfahrung aus meiner schulischen Laufbahn spiegelt sich in den Vorlesungsfolien 16-19 wieder. Des Weiteren erkenne ich durch die Vorlesung ein weiteres Problem mit der Situation, welches mir damals nicht ganz bewusst war und auch von niemandem angesprochen wurde. Der Schülerin wurden nämlich manchmal Repräsentantinnenrollen zugesprochen und sie wurde teilweise als „Expertin“ zum Thema Judentum zu Rate gezogen. In Hinsicht auf die Vorlesung zeigt mir dies, dass auch viele Lehrkräfte Schwierigkeiten damit haben sensibel und sicher mit dem Thema umzugehen.

2. Welche Fragen haben sich für Sie durch den Vortrag ergeben? In welchen Bereichen fühlen Sie sich noch unzureichend informiert oder vorbereitet, um sich mit Antisemitismus in der Schule als Lehrkraft zu befassen?

Die erste Frage, die sich mir direkt stellte, war: Wie würde ich als Lehrkraft damit umgehen, wenn ich in meiner Klasse solche Witze und Kommentare zu hören bekäme und wie kann ich die SuS dazu animieren sich mit dem Thema Antisemitismus auseinanderzusetzen. Da ich außerhalb vom schulischen Unterricht kaum bis gar nicht Kontakt mit antisemitischen Handlungen hatte, fand ich die Liste der Do’s and Don’ts sehr hilfreich (Folie 22 f.).
Hier hätten mich allerdings Beispiele konkrete Ansätze interessiert, da ich das Thema für sehr sensibel halte und ich es für schwierig halte, da den richtigen Ton zu finden. An dieser Stelle verweise ich auf die „Gemeinsame Empfehlung des Zentralrats der Juden in Deutschland, der Bund-Länder-Kommission der Antisemitismusbeauftragten und der Kultusministerkonferenz zum Umgang mit Antisemitismus in der Schule“. In diesem Text wird nochmal detaillierter auf mögliche Probleme und Verhaltensweisen eingegangen und wie man damit umzugehen hat.

3. Beschäftigen Sie sich mit folgendem Szenario: Ein Elternteil spricht Sie persönlich als Lehrkraft darauf an, dass ein Schüler Ihrer Klasse von verbalen antisemitischen Übergriffen betroffen war. Überlegen Sie, wie ein konstruktiver Umgang mit dieser Situation aussehen könnte.

Mein erster Ansatz wäre es mich mit dem betroffenen Schüler zusammenzusetzen und das Gespräch zu suchen. Damit signalisiere ich, dass ich das Thema ernst nehme und biete Unterstützung an. Des Weiteren würde ich die Täter*innen konfrontieren, um ihre Beweggründe und Motive in Erfahrung zu bringen. Es könnte auch hilfreich sein, das Thema in der Klasse zu besprechen, um die SuS zu sensibilisieren. Über die Konsequenzen für die Täter*innen kann ich pauschal keine Aussage treffen. Ich denke dies ist vom Einzelfall und vom genauen Tathergang abhängig zu machen. Diese würde ich dann gegebenenfalls mit der Kollegschaft und den betroffenen Eltern besprechen und Lösungsstrategien entwickeln.

Quellen:

  • Dr. Sabine Horn, Clara Suchodolski (2021): Vortrag: RV13. Antisemitismus in der (Hoch)Schulbildung – historische Herleitung, aktuelle Problemlagen, zukünftige Handlungsansätze.
  • https://www.kmk.org/fileadmin/pdf/PresseUndAktuelles/2021/2021_06_10-Gem-Empfehlung-Antisemitismus.pdf (letzer Zugriff: 09.07.21, 08:30 Uhr.)

Ein Kommentar

  1. Liebe Johann, vielen Dank für deinen interessanten Beitrag!

    Zur ersten Übung kann ich sagen, dass ich, genau wie du das Glück hatte, so gut wie keine Begegnungen mit Antisemitismus gehabt zu haben.
    Die Wahrheit ist, dass ich nie jemanden jüdischen in meiner Klasse hatte, daher kann ich mich nicht erinnern, wie die Lehrer damals mit Antisemitismus umgegangen sind. Ich finde die deine Erfahrung, die du mit dem Schüler gemacht hast, der von einer jüdischen Schule kam, interessant, denn es gibt viele Themen, die wir manchmal aus der Nähe sehen müssen, um die Realität zu merken und aufzuhören, Witze zu machen oder Vorurteile über eine Gruppe von Menschen zu haben.
    In meinem Fall habe ich mich mit Folie 6 identifiziert, mit dem Punkt der Ablehnung von Antisemitismus als relevantes Problem, weil ich mich nicht erinnern kann, dass dieses Thema von den Lehrern praktisch nie behandelt wurde, wenn es um Minderheiten oder aktuelle Probleme ging.
    Und gerade bei der Relativierung des Wortes „Du Jude“ als Schimpfwort, habe ich das schon oft gehört.

    Was die zweite Übung betrifft, so scheint mir, dass dir eine sehr gute Frage in den Sinn gekommen ist, und die Wahrheit ist, dass es als zukünftige Lehrer wahr ist, dass dies Dinge sind, über die wir nachdenken und auf die wir vorbereitet sein müssen. Da Antisemitismus kein Thema ist, das während meiner Zeit in der Gymnasium viel Relevanz oder Aufmerksamkeit bekommen hat, habe ich viele Zweifel daran, und das ist etwas, das ich gerne ändern würde.

    Ich stimme mit der Vorgehensweise vollkommen überein und denke auch, dass es wichtig wäre, mit den Eltern des Schülers zu sprechen, der die verbale antisemitischen Übergriffen gemacht hat.

    Viele Grüße
    Irene

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