Die Leine, Teil V

Gibt es für Sie einen Unterschied zwischen Freunden auf Facebook und Freunden im realen Leben? Warum?

Für mich besteht zwischen den Definitionen für „Facebook-Freund“ und „(Reallife-)Freund“ ein himmelweiter Unterschied. Wenn man das Glück hat Menschen zu kennen, die man im Leben „echte Freunde“ nennt, so ist diese Bezeichnung kein einmalig verliehenes Label, sondern vor allem eine Verpflichtung. Der Aufbau und Erhalt einer Freundschaft ist ein langwieriger Prozess, der auch darauf basiert, dass man gemeinsam Dinge erlebt und unternimmt, dass man den anderen in all seinen Charakteristiken kennen lernt und aufgrund der so erlangten Erinnerungen und emotionalen Bindungen dazu bereit ist, ihn in Notlangen zu unterstützen und in Zeiten der Freunde mit ihm zu feiern. Wie gesagt: Das sind Dinge, die Zeit brauchen und erst spät so gefestigt sind, dass kein Streit und kein falsches Wort imstande wäre, diese Verbindung zu zerstören. Aber jeder Mensch hat nur begrenzt Zeit, und weil ich behaupte, dass echte Freundschaften Zeit brauchen, ist die logische Konsequenz, dass jeder Mensch nur eine geringe Zahl wahrer Freunde haben kann. Optimistisch geschätzt vielleicht 5-6. Alle anderen Menschen, mit denen man sich versteht, lassen sich vielleicht eher als Kollegen oder gute Bekannte bezeichnen.Bei Facebook hingegen, ist man ja schon so weit, jeden Menschen als Freund hinzuzufügen, mit dem man 1-2 gesprochen hat oder mit dem man zufällig einen gleichen Kurs in der Universität teilt. Oder ganz ohne Grund. Nur so ist es auch zu erklären, dass manche Leute bei Facebook 300-500 Freunde haben. Auf ein Jahr gerechnet, wie viel Zeit würde man für so einen Freund haben? Aber ich denke, dass der wahre Grund für die Benennung „Freund“ in FB eh dazu dient, dass sich das Netzwerk etabliert und sich die (vermeintlichen) sozialen Verbindungen offenlegen, ohne dabei Unterschiede im „Grad der Freundschaft“ kenntlich zu machen. „Freund“ ist hier vielmehr eine Metapher für „schonmal gesehen“, „kenne ich flüchtig“ oder „brauchte nochn paar hübsche Gesichter in meiner Friendlist“.

Dieser Eintrag wurde veröffentlicht in Allgemein von . Setze ein Lesezeichen zum Permalink.

2 Gedanken zu „Die Leine, Teil V

  1. Hey Daniel,

    schöner Beitrag von dir:) Leider sehen heut zu Tage nicht mehr alle Menschen diese Thematik bezüglich der wahren und der „Facebook-Freunde“ so wie du. Für viele ist es das Ziel, möglichst viele Freunde in der Liste zu haben, um beliebt zu wirken oder um zu demonstrieren, dass einen jeder kennt…mit Freundschaft hat das meiner Meinung nach relativ wenig zu tun! Wie du bereits gesagt hast, ist der Aufbau einer guten und dauerhaften Freundschaft ein langer Prozess, den man nicht über das Internet durchführen kann. Naja, es bleibt zu hoffen, dass die Leute in Zukunft mal wieder auf den Boden der Tatsachen zurückkommen…

    LG
    Jana

  2. Pingback: Erfolgreich Studieren mit dem Internet » eSTUDI-G1 | Reflexion

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert