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Heterogenität und Inklusion im Deutschunterricht

1. Greiner (2019) formuliert verschiedene Dilemmata, die mit der Forderung nach Inklusion an den Schulen verbunden sind. Nehmen Sie zu dreien Ihrer Wahl Stellung.

Inklusion ist wünschenswert, jedoch nicht leicht zu verwirklichen. Mit der Umsetzung der Inklusion verbinden sich verschiedene Dilemmata, auf die ich im folgenden beispielhaft eingehen werde:

  • Das Differenzierungsdilemma: Es betrifft vor allem inklusive Schulen. Dort wird die Heterogenitätswahrnehmung aufgrund der Sichtbarkeit der Differenzen noch verstärkt. In einer inklusiven Schule sind Kinder und Jugendliche mit verschiedenen Förderbedarfen vereinigt. Dies stellt die Lehrkräfte vor die Herausforderung der Differenzierung. Bei der Differenzierung unterscheidet man in Binnendifferenzierung (Maßnahmen zur Differenzierung im Unterricht) und zur äußeren Differenzierung (Maßnahmen zur Einteilung der Schüler in möglichst homogene Gruppen). Differenzierung kann als Individualisierung des Lernens in einer größeren Lerngruppe begriffen werden.
  • Das Zustimmungsdilemma: Die Inklusion erfordert die freie Zustimmung der Akteure, die daran beteiligt sind. Dabei ist zu beachten, dass nicht nur die Gleichheit der Berücksichtigung aller als Objekte der Inklusion, sondern auch die Gleichheit der Beteiligung alles als Subjekte des Entscheidungsprozesses über Inklusion gegeben sein muss, damit eine erfolgreiche Inklusion stattfinden kann. Ein Problem stellt dabei dar, dass in extremen Ausnahmefällen die Beteiligung an der Inklusion die Berücksichtigung der Gleichheit zerstören kann. Als Objekte sind Personen zu bezeichnen, mit denen etwas gemacht wird, die also vor vollendete Tatsachen gestellt werden und nicht aktiv entscheiden können. Subjekte bezeichnen Personen die handeln, also im vorliegenden Fall aktiv an der Entscheidung der Inklusion beteiligt sind. 
  • Individualförderung statt Unterricht-Dilemma: Dieses Dilemma bezeichnet den Fall, dass durch Inklusion auch außerhalb des Unterrichtes ein viel größeres Ausmaß an individualisierter Förderung erfolgen muss, um die Kinder und Jugendlichen mit Förderbedarf ebenfalls zu schulen. Das bewirkt aber die Auflösung des traditionellen Unterrichts in einer Klasse, einem Kollektiv, da dann einige Kinder außerhalb dieser Klasse unterrichtet werden. Der Gedanke des gemeinsamen Lernens und Lebens in einer Klasse ist aber das Grundmotiv der physischen und sozialen Inklusion. 

Vor allem das letzte Dilemma sehe ich als sehr realistisch ein, da die Kinder und Jugendlichen mit inklusivem Förderbedarf eine zusätzliche Förderung erhalten müssen / sollten, dadurch aber auch wieder ausgegrenzt werden. 

 

2. Die Vermittlung und Reflexion der deutschen Sprache ist nicht nur Aufgabe des Deutschunterrichts, sondern fächerübergreifendes Unterrichtsprinzip. Wo sehen Sie in Ihrem (ggf. zweiten) Fach Möglichkeiten, um

  1. Vielsprachigkeit als Ressource zu nutzen

Ich studiere Germanistik und Geschichte auf Lehramt. In meinem zweiten Fach (also Geschichte) wäre es möglich die Vielsprachigkeit zu nutzen, indem die Schüler auch Texte über das Thema auf ihrer Muttersprache lesen bzw. aus ihrem Herkunftsland und man so eine vielfältigere Sichtweise auf das Thema bekommt. Man könnte außerdem auch Vergleiche einbeziehen – z.B. der Darstellung oder Abläufe und Ähnlichkeiten in der Geschichte. Außerdem könnte man auch einen Text auf einer anderen Sprache als Ausgangstext nehmen, und eine Übersetzung und schauen, ob die Übersetzung den Ausgangstext verfälscht darstellt.

  1. gendersensibel Unterrichtsgegenstände auszuwählen und Aufgaben zu konstruieren

In Geschichte bietet immer ein gendersensibles Thema der Unterrichtsgegenstand „Rolle der Frau“. Es bietet sich in Geschichte die Möglichkeit Veränderungen im gender Begriff zu beobachten und Entwicklungen herauszuarbeiten. Man könnte dort z.B. auch die Perspektive ausweiten und die Entwicklung des gender Begriffs in mehreren Ländern untersuchen und Unterschiede und Gemeinsamkeiten herausarbeiten, sowie kritisch untersuchen, welche Länder fortgeschritten mit dem gender Begriff und der Ausweitung auf männlich, weiblich und divers umgehen und in welchen Ländern die Rolle der Frau nicht gleichberechtigt zur Rolle des Mannes ist. 

Eine Antwort auf „Heterogenität und Inklusion im Deutschunterricht“

Liebe Henriette,

ich finde, dein Beitrag ist gut geschrieben und dass er viele wichtige Aspekte der behandelten Thematiken enthält, ohne dabei zu weit auszuholen.
Bei der Bearbeitung der ersten Aufgabe fand ich die Auswahl der Dilemmata gut gewählt. Wie dir leuchtet mir vor allem das „Individualförderung statt Unterricht-Dilemma“ ein.
Was die zweite Aufgabe angeht, so finde ich deine Idee, Texte aus verschiedenen Herkunftsländern zu verwenden, sehr sinnvoll!
Die Integration von Texten aus verschiedenen Kulturkreisen in den Geschichtsunterricht vergrößert die Bandbreite an Quellen und ermöglicht somit eine stärkere Annäherung an die historische „Wirklichkeit“. Außerdem würde dadurch historischer Deutungshoheit begegnet und einem eurozentristischen Welt-/Geschichtsbild vorgebeugt werden. Auch die „klassisch rechtsextreme Behauptung“ (Kellerhoff 2018) „Die Sieger schreiben die Geschichte“ könnte entschärft werden.
Auch deine zweite Idee, die Übersetzung von Ausgangstexten zu überprüfen halte ich für didaktisch sehr wertvoll. Dadurch könnte ein bewusster Umgang mit Quellen vermittelt und geschult werden.
Bezüglich der genderensiblen Unterrichtsinhalte halte ich auch hier deine Idee für sehr gewinnbringend. Allerdings würde ich die Formulierung „Die Rolle der Frau“ eventuell durch „Die gesellschaftliche Wahrnehmung der Frau“ oder ähnliches ersetzen, um den Unterrichtsgegenstand etwas zu präzisieren.
Auch ein Vergleich des Frauenbildes zwischen verschiedenen Kulturkreisen könnte sinnvoll sein, allerdings sollte hier ein differentiertes und sensibles Vorgehen gewählt werden. Andernfalls könnte die Gefahr bestehen, etwaige Stereotype entstehen zu lassen oder zu deren Verfestigung beizutragen.
Alles in allem finde ich deinen Beitrag wie gesagt interessant, aufschlussreich und inspirierend.
Liebe Grüße und weiterhin viel Erfolg,
Sören

Quellen:

Kellerhoff, Sven Felix (2018): Die Sieger bestimmen die Geschichte? Von wegen! In: Welt online am 03.09.2018. Text abrufbar unter: https://www.welt.de/geschichte/article181399614/Erinnerungspolitik-Die-Sieger-bestimmen-die-Geschichte-Von-wegen.html (Zugriff am 09.06.2020).

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