Ringvorlesung N°6 – Mehrsprachigkeit als Ausgangspunkt und Ziel schulischer Bildung in der Primarstufe

Dem geschilderten Urteil aus dem Fallbeispiel stimme ich auf Grundlage der in der Vorlesung behandelten Aspekte nicht zu. Der Nichtzulassung für das Gymnasium ausschließlich aufgrund fehlender Deutschkenntnisse eines Kindes stimme ich nicht zu. Abgesehen von der Tatsache, dass das genannte Kind erst seit zwei Jahren in Deutschland lebt, sollte die ausschließliche Beschränkung auf die Bewertung der Fähigkeiten in Deutsch nicht ausschlaggebend für eine solche Entscheidung sein. Zudem ist der Prozess des Erwerbs einer Zweitsprache nach zwei Jahren noch lange nicht weit genug fortgeschritten um solch ein Urteil nur auf Grundlage des Sprachvermögens zu fällen. In diesem Prozess wäre es meiner Meinung nach eher vorteilhaft wenn das Kind ein Gymnasium besucht, um so Entwicklung der Sprachfähigkeiten fortzuführen. Demnach würde ich für den Schüler aus dem Fallbeispiel die Empfehlung für das Gymnasium aussprechen.

Innerhalb meiner bisherigen Praktika in Bildungsinstitutionen konnte ich nicht sehr viele Erfahrungen zum Thema der Mehrsprachigkeit sammeln. Während meines Orientierungspraktikums befand ich mich in einer jahrgangsgemischten Klasse, in der alle Kinder erstaunlich gute Deutschkenntnisse aufweisen konnten. Öfter konnte ich beobachten wie die älteren Kinder den neuen Erstklässler*innen bei Sprachbarrieren halfen. Ein Kind viel mir hier besonders auf, da es sich im Unterricht stets sehr still verhielt, außerhalb der Unterrichtsstunden aber durchaus auf verbaler Ebene in den Kontakt mit anderen Kindern treten konnte und ein sprachlicher Austausch stattfand. Zu dem Zeitpunkt war ich der Ansicht, dass es wohlmöglich daran liegt, dass das Kind sich innerhalb der ersten Wochen einfach noch nicht wirklich wohl fühlt in der Klasse. Gleichzeitig kann das Verhalten jedoch auch ein Zeichen dafür gewesen sein, dass das Kind bis zu dem Zeitpunkt noch keine Berührung mit der Bildungssprache gemacht hat und sich aufgrund der damit einhergehenden Unsicherheit lieber nicht in den Unterrichtsstunden beteiligen wollte bzw. konnte.

In meiner zukünftigen Tätigkeit als Lehrkraft möchte ich in meinem Unterricht eine Atmosphäre schaffen in der sich die Kinder unabhängig von ihrer Sprache wohl fühlen. Ich möchte dass die Kinder wahrnehmen, dass Unterschiede in den Sprachfähigkeiten normal sind und keine Leistungsschwäche darstellen. Jede Sprache soll wertgeschätzt werden. Hierfür fällt mir als erster Ansatz die mehrsprachige Begrüßung im Morgenkreis ein. Darüber hinaus sehe ich in Gruppenarbeiten große Qualitäten für ein gemeinsames Lernen voneinander und gegenseitige Unterstützungen zwischen den Schüler*innen. Voraussetzung sind hierfür differenzierte Aufgabenformate.

Innerhalb einer mehrsprachigen Gesellschaft muss Mehrsprachigkeit bereits in der Schule als Chance und nicht als Hindernis gesehen werden. Meiner Meinung nach fängt bereits hier die Aufgabe an dem derzeitigen Rechtsruck in Europa entgegenzuwirken. Ziel sollte es sein Schule als Ort zu verstehen in dem viele verschiedene Sprachen existieren und auch so nebeneinander bestehen können. Der Weg darf nicht sein, den Kindern ihre Sprache zu verbieten, sondern es sollte vielmehr gelingen die Zweitsprache über ihre Erstsprache zu erlernen. Um dies zu gewährleisten ist die Grundvoraussetzung dass Lehrer*innen grundlegende Kenntnisse über die Erstsprache der Kinder besitzen um besser die Fehler der Lernenden nachzuvollziehen und geschickte Wege zu finden wie die Kinder erfolgreich Deutsch als Zweitsprache erlernen.

 

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