„When we do fantasy, we must not lose sight of reality.“
-Walt Disney
Der erste Disney Prinzessinnen Film ist schon einige Jahre alt. Um genau zu sein ist der Film “Schneewittchen und die sieben Zwerge” schon 87 Jahre alt und geht somit bald auf die 100 Jahre zu. Doch was unterscheidet die erste Disney Epoche von den anderen?
Der erste gravierende Unterschied ist, dass die ersten drei Disney-Prinzessinnen Filme unter der Aufsicht von Walt Disney persönlich produziert wurden. Und der Film “Schneewittchen und die sieben Zwerge”, aus dem Jahre 1937, ist der erste Disney Prinzessinnen Film. Dieser Film erzählt die Geschichte einer Prinzessin, die von ihrer Stiefmutter gehasst wird aufgrund ihrer unbeschreiblichen Schönheit. Die Stiefmutter geht sogar so weit und will das arme Schneewittchen töten lassen, um selber die “Schönste im ganzen Land” zu werden. Die Prinzessin entkommt aber den Tötungsversuch und nistet sich in einem kleinen Haus ein, das zu den sieben Zwergen gehört. Alles läuft gut. Sie wird von den Zwergen aufgenommen und lebt ein Leben außerhalb der bösen Stiefmutter. Doch diese hat Wind davon bekommen, das Schneewittchen noch lebt und vergiftet sie auf eigener Hand mit einem tödlichen Apfel. Schneewittchen fällt in einen todesähnlichen schlaf und wird am Ende von ihrem Traumprinzen gerettet. Happy End.
Doch wenn man das genauer betrachtet, ist das nur eine rein oberflächliche Beschreibung. Was einigen nicht bewusst ist, ist das Schneewittchen die typische Hausfrau aus den 1930er Jahren darstellen soll. Die Rolle der Frau war es, den Haushalt zu schmeißen und dazu zählt das Putzen des gesamten Hauses, kochen und sich nach ihrem Ehemann zu erkunden. Eine Frau war also zu dieser Zeit für Heim und Familie zuständig. Der Haushalt sollte für sie „the source of their pleasure; and the foundation of their glory“ sein1. Und dies stellt Schneewittchen durch ihre sanfte feminine Anmut und ihre mütterliches auftreten dar. Aufgrund ihrer Stiefmutter hat sie schon selbst im Palast nichts anderes gemacht außer zu putzen und zu singen, und das, obwohl sie eine Prinzessin ist. Doch als diese sie umbringen wollte, flieht sie zu den sieben Zwergen. Obwohl sie erst erfahren hat, das ihre Stiefmutter sie töten lassen wollte, fängt sie an das Haus der sieben Zwerge zu putzen und die Bedrohung wird komplett aus den Augen verloren. Hauptsache das Haus ist blitzeblank und die Zwerge akzeptieren sie.
Also haben wir es mit einer perfekten Hausfrau zu tun, deren mütterliche Qualitäten immer wieder zum Vorschein kommen. So bringt sie etwa den Tieren durch eine Gesangseinlage bei, wie man richtig putzt oder Essen zubereitet. Auch die Zwerge bleiben nicht verschont. Diese werden dazu gezwungen sich die Hände vor dem Essen zu waschen. So wie eine Mutter ihre Kinder behandeln würde. Die eigentliche Bedrohung, die sich in Form der bösen Stiefmutter widerspiegelt, wird komplett vergessen. Ihre einzige Erlösung wäre ihr Traumprinz, der sie aus dieser kläglichen Situation rettet. Dies ist auch zu sehen in einem der Lieder, die sie singt. Hier heißt es nämlich “Kommt erst mein Prinz zu mir, wird alles gut”. Und dieser Wunsch erfüllt sich auch für sie. Nachdem sie den Haushalt gemacht hat, wird sie von ihrer Stiefmutter, die verkleidet als alte Frau zu ihr kommt, vergiftet und sie fällt in einen tiefen Schlaf. Die Zwerge betrauern das arme Schneewittchen, doch ihre Rettung ist schon nah. Ihr Traumprinz küsst sie wieder wach und sie reiten gemeinsam in den Sonnenuntergang.
Weiter geht es mit dem zweiten Film, nämlich Cinderella aus dem Jahr 1950. Die Geschichte ist fast dieselbe wie bei Schneewittchen. Nur der einzige Unterschied ist, dass Cinderella keine Prinzessin ist und ihre Stiefmutter sie nicht umbringen möchte, sondern sie als Dienstmagd ausnutzt. Genauso wie Schneewittchen, hat Cinderella ihre Tierfreunde, die ihr beim Haushalt helfen. Auch Cinderella wird als unbeschreiblich schön dargestellt. Mit ihrer engelsgleichen Stimme, dem schönen Gesicht und den kleinsten Füßen im Königreich ist sie der Stiefmutter und den “hässlichen” Stiefschwestern ein Dorn im Auge. Die “hässlichen” Stiefschwestern werden als faul, untalentiert und nörgelnd dargestellt. Somit wird impliziert, das man nur wunderschön ist, wenn man selbstständig den Haushalt schmeißen kann und leise/unterwürfig ist. Anders als Schneewittchen ist Cinderella von diesen arbeiten genervt und möchte gerne mehr aus ihrem Leben machen.
Hier findet man immer noch die alten Klischees der typischen Hausfrau wieder, nämlich, dass die Frau hinter den Herd gehört und für die Familie sorgt. Doch diese Noch-Nicht-Prinzessin sehnt sich nach etwas, das auch ihren Geist anregt. Durch ihre Lieder und den Träumen, von denen sie erzählt, hofft sie permanent auf eine bessere Zeit. Diese wird ihr auch ermöglicht, nachdem die gute Fee ihr den Besuch zum hoch angesehenen Ball ermöglicht. Als Cinderella dann auf dem Ball antrifft, verliebt sie sich (natürlich) in den Prinzen.
“…So this is love, So this is what makes life divine…”
Das ist ein Auszug aus dem Lied, das der Prinz und Cinderella während des Balls singen. Die beiden kennen sich vielleicht mal seit ein paar Stunden und reden direkt von liebe. Im weiteren Verlauf des Filmes wird Cinderella dann von ihrem Prinzen gerettet und aus der häuslichen Situation der bösen Stiefmutter befreit. Auch hier ist der männliche Gegenspieler wieder die Lösung zum Problem.
Die dritte Prinzessin, die zum Putzen verdonnert wurde, ist Dornröschen aus dem gleichnamigen Zeichentrickfilm “Dornröschen” aus dem Jahre 1959. Doch ihr werde weg als Hausfrau ist anders als bei den anderen beiden Prinzessinnen.
Bei der Geburt von der Prinzessin Aurora wird ein großes Fest gefeiert. Hier werden sämtliche Leute eingeladen, sogar auch die drei guten Feen. Diese drei Feen beschenken sie (Aurora) mit der Gabe der Schönheit und einer wunderschönen Stimme. Als die dritte Fee ihren Wunsch äußern wollte, werden sie von der bösen Fee Malefiz aufgehalten. Diese ist empört über die nicht erhaltende Einladung zu dieser Festlichkeit. Daraufhin will auch sie der jungen Prinzessin ein Geschenk machen. Nur ihr Geschenk stellt sich nicht so wunderschön wie die anderen heraus. Hier wird Aurora Schicksal durch einen mächtigen Fluch besiegelt. An ihrem 16 Geburtstag wird sie sich an einer Spindel stechen und sterben. Eine große welle des Schockes und der Angst macht sich in den Eltern breit. Nachdem Malefiz ihren Fluch ausgesprochen hat, verlässt sie die Feier. Um das arme, unschuldige Mädchen doch noch ein normales und erfülltes Leben zu erfüllen, übt die dritte und letzte Fee ihren Wunsch aus. Aurora soll nicht sterben, sondern nur in einen tiefen schlaf fallen und von dem Kuss der wahren Liebe wieder erweckt werden. Um die Sicherheitsmaßnahmen noch zu verschärfen, nehmen die drei Feen die Prinzessin in ihre Obhut und ziehen sie außerhalb des schlossen als normales Bauernmädchen auf. Hier lebt Aurora jetzt unter den Namen “Dornröschen” mit ihren drei Tanten in einem kleinen Waldhaus und ist mit Hausarbeiten wie putzen und dem Sammeln von Beeren beschäftigt. Jahrelang wurde Dornröschen ihrer wahren Identität verheimlicht und hält sich selber für ein einfaches Mädchen.
Im Laufe des Filmes erfahren wir, dass sie sich nach einem Mann sehnt, der sie liebt und heiraten will. Und somit äußert sich ihre größte Sehnsucht in dem fremden Mann, den sie im Wald kennenlernt. Was sie zu diesem Zeitpunkt noch nicht wusste, ist das sie diesem fremden Mann schon seit ihrer Geburt versprochen ist und das der Mann nicht nur ein Mann ist, sondern ein Prinz. Nachdem Dornröschen ihren Tanten von dieser Begegnung erzählt, lassen diese die Blase platzen und offenbaren ihr ihre wahre Identität. Als sie erfährt, dass sie eigentlich eine Prinzessin ist und einen Prinzen heiraten muss, bricht für sie eine Welt zusammen. Trotz ihrer Tränen fügt sie sich jedoch ihrem Schicksal – und da es sich immer noch um einen Disney-Film handelt, stellt sich ihr Retter am Ende natürlich als derjenige Prinz heraus, in den sie sich bereits verliebt hatte.
In den Zeichentrickfilmen dieser Ära sind die Disney-Prinzessinnen dazu verpflichtet, Hausarbeit zu verrichten, obwohl sie eigentlich aus hoch angesehenen Hause stammen. Trotzdem bleiben sie fürsorglich und gehorsam. Sie verlieben sich in ihre jeweiligen Prinzen in unbeschreiblich schneller Zeit, wodurch der Traummann eher wie eine finale Belohnung für ihre Mühen erscheint, anstatt als eigenständige Persönlichkeit betrachtet zu werden. Es ist ein wiederkehrendes Muster, bei dem die Frau putzt und am Ende vom Mann gerettet wird.
1 Fellner, Astrid M.: „Haus, Haushalt, Häuslichkeit“ -Ein kulturhistorischer Überblick über die Rolle der Frau in den USA