Spannungsfeld Heterogenität und Homogenität – Vorlesung 1

1): Im schulischen Bereich kann es zu Homogenisierungen heterogener Gruppen kommen, die sowohl Vorteile als auch Nachteile mit sich bringen. Demnach erscheint zwar durch Homogenisierungen die Massenschulung realistischer, z.B. durch die Einteilung der Schüler*innen nach Leistungsniveaus (vgl. Hummrich 2016, S. 41), jedoch sollte hier der Aspekt berücksichtigt werden, dass die Unterteilungen nach den kognitiven Fähigkeiten „die Effekte der sozialen Herkunft“ (Esser et al. 2020, S. 277) verstärken könnte (vgl. Esser et al. 2020, S. 277). Ebenfalls besteht die Gefahr, dass gesellschaftliche Vorstellungen, bezogen auf homogenisierte Gruppen, zum Ausdruck kommen (vgl. Hummrich 2016, S. 41). Dies könnte zu Zuschreibungen von Stereotypen führen, wodurch wiederrum Klassifizierungen der Schüler*innen begünstigt werden (vgl. Hummrich 2016, S. 52).

2): In meinem Orientierungspraktikum im vergangenen Jahr konnte ich bereits einige Homogenisierungen innerhalb der mir zugewiesenen Klasse feststellen. Zum einen haben die Lehrkräfte häufig klar zwischen den Geschlechtern unterschieden und besonders die weiblichen Schüler*innen zu einer Gruppe homogenisiert. So wurden Verhaltensweisen, die nur bei zwei bis drei weiblichen Schüler*innen beobachtet werden konnten, auf die gesamte Mädchengruppe der Klasse übertragen. Durch Aussagen wie „die Mädchen in der Klasse zicken sich häufig an“, wurde neben der Homogenisierung ebenfalls ein stereotypisches Bild des weiblichen Geschlechts konstruiert.

Ein weiteres Beispiel für eine Homogenisierung in einer dritten Klasse war die Bildung einer Gruppe von Schüler*innen, die Schwierigkeiten beim Lesen zeigten. Während einer Lesestunde konnten die Lehrkräfte bzw. pädagogischen Fachkräfte innerhalb dieser Gruppe individuell auf die Schüler*innen eingehen, wodurch sich die Stärken und Schwächen der Schüler*innen herausstellten. Durch die am Anfang durchgeführte Homogenisierung, wurde den Schüler*innen also die Möglichkeit auf eine individuellere Unterstützung gegeben.

3): Da Homogenisierungen durch die Lehrkräfte in unterschiedlichen Bereichen, wie z.B. Leistungsniveau oder Geschlecht, auftreten können, wäre es spannend zu beobachten, ob diese von den Schüler*innen wahrgenommen werden und wie sie insgesamt mit diesen Homogenisierungen umgehen. Demnach könnte eine Fragestellung beispielsweise lauten: Wie reagieren bzw. verhalten sich die Schüler*innen, wenn sie von Lehrkräften im Unterricht zu einer Gruppe homogenisiert werden?

Literatur:

Hummrich, M. (2016): Homogenisierung und Heterogenität – Die erziehungswissenschaftlichen Bedeutung eines Spannungsverhätnisses. In: Tertium comparationis. Journal für International und Interkulturell Vergleichende Erziehungswissenschaft. Vol. 22, No. 1, Waxmann Verlag GmbH, Münster. S. 39-58.

Esser, H./ Seuring, J. (2020): Kognitive Homogenisierung, schulische Leistungen und soziale Bildungsungleichheit. In: Zeitschrift für Soziologie. Band 49. Heft 5-6. De Gruyter Oldenbourg. S. 277-301.


Kommentare

Eine Antwort zu „Spannungsfeld Heterogenität und Homogenität – Vorlesung 1“

  1. Avatar von Veronika
    Veronika

    Heterogenität und Homogenität gehören fast immer in Grundschulen dazu. Es kommt in Gruppen häufig zur Homogenisierung, dem stimme ich zu, sowie der vertiefenden Ausführung insbesondere zu den Nachteile dieser. Besonders hervorgehoben wurden die Zuschreibungen der Stereotype die als Nachteil einer Homogenisierung hervorgehen können. In diesem Abschnitt hat jedoch der Aspekt der Heterogenität gefehlt und wie dies im Spannungsfeld zur Homogenisierung steht. Homogenisierung und Heterogenität stehen ständig im Zusammenhang sodass es ohne Homogenität keine Heterogenität geben kann. Jede heterogene Gruppe die „als unterschiedlich markiert werden“ (Hummrich 2016, 47) führt zu einer erneuten Homogenisierung. Im schulischen Bereich kann dieses Spannungsfeld beispielsweise sein, dass eine Klasse gleichaltriger Kinder in einer homogenen Gruppe unterrichtet werden und gleichzeitig jedes Kind individuelle Lernvoraussetzungen hat und die Klasse somit gleichzeitig eine heterogene Gruppe ist (vgl. Hummrich 2016, 49). Lehrkräfte müssen sich in diesem Spannungsfeld bewegen und Schüler*innen gleich behandeln, ohne dass diese Schüler*innen sich ähneln. Die Vielfalt in der Grundschule existiert und sollte auch an den Unterricht angepasst werden um für mehr Chancengleichheit im Unterricht zu sorgen (vgl. Trautmann; Wischer 2011, 148).
    Das persönliche Beispiel aus dem Orientierungspraktikum zeigt deutlich welche Vor- oder auch Nachteile die Homogenisierung mit sich bringen können. Hier hätte der Bezug zum Heterogenen Spannungsfeld eingebracht werden können, indem beispielsweise die unterschiedlichen Lernvoraussetzungen der Schüler*innen genannt werden. Ich denke die Stereotypisierung von weiblichen und männlichen Schüler*innen sieht man in Schulen häufiger, da auch ich dieses Beispiel in meinem Orientierungspraktikum sehen konnte. So wurden Mädchen oft als fleißig und ruhig betitelt und Jungen als laut und unaufmerksam.
    Abschließend wäre die Frage ob Schüler*innen die Homogenisierung in der Schule auffällt ein sehr interessantes Projekt an dem man arbeiten könnte.

    Hummrich, M. (2016): Homogenisierung und Heterogenität – Die erziehungswissenschaftlichen Bedeutung eines Spannungsverhätnisses. In: Tertium comparationis. Journal für International und Interkulturell Vergleichende Erziehungswissenschaft. Vol. 22, No. 1, Waxmann Verlag GmbH, Münster. S. 39-58.

    Trautmann, Matthias; Wischer, Beate (2011): Heterogenität in der Schule. Eine kritische Einführung. 1. Aufl. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften (Lehrbuch).

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