24.01.2025 / Borgwart, Müller, Wenker

„Möge die Macht mit dir sein“ – Warum Macht beeinflusst, wie wir auf Leistungsfeedback reagieren.

„Möge die Macht mit dir sein“ – ein ikonischer Satz, den du bestimmt aus der Science-Fiction-Saga Star Wars kennst. Dieser Satz hat auch in der echten Welt eine tiefere Bedeutung, da Macht in unserem Alltag einen großen Stellenwert besitzt. Macht ist mehr als ein gesellschaftliches Konstrukt. Als psychologisches Phänomen beeinflusst sie insgeheim auch deinen Alltag. Gerade wenn es im Arbeitsalltag um Feedback zu unserer Leistung geht, zeigt sich, dass Macht weit mehr als ein abstraktes Konzept ist. Sie kann unser Denken und Handeln verändern und uns motivieren, Hindernisse zu überwinden. Außerdem kann Macht uns den entscheidenden Schub geben, um unsere Ziele zu erreichen. Doch welche Rolle spielt unser Machtempfinden genau bei der Erreichung von Zielen? Welchen Einfluss hat es auf unsere Reaktion auf Leistungsfeedback?

Ein aktuelles Forschungsteam aus Leila M. Straub und Kolleg:innen (2023) untersuchte diesen Zusammenhang genauer. Sie stellten fest, dass die Wahrnehmung der eigenen Macht beeinflusst, wie Menschen auf positives und negatives Leistungsfeedback reagieren. Doch um zu verstehen, wie Macht unser Verhalten und Erleben formt, müssen wir ihre psychologischen Spielregeln kennen. 

Episode 1 – Was ist Macht?: „Die Macht ist Teil von uns allen“

Wenn es bei Star Wars um Macht geht, ist damit eine mystische Energie gemeint. Aber was meinen eigentlich Psycholog:innen, wenn sie von Macht sprechen? Die Forschenden Keltner und Kolleg:innen (2003) erklären: Macht ist die Fähigkeit einer Person, das Verhalten anderer Personen zu beeinflussen. Wenn du eine mächtige Person bist, kannst du anderen Personen etwas geben, vorenthalten oder sie bestrafen. Es kann sich dabei um materielle Dinge handeln wie beispielsweise Geld oder um Soziales wie Zuneigung und Entscheidungsfreiheit. Macht hast du dementsprechend nur, wenn andere Personen auf die Dinge angewiesen sind, die du ihnen geben oder vorenthalten kannst. Zudem musst du dich frei fühlen, diese Macht auch einzusetzen.

Wie viel Macht du persönlich empfindest, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Individuelle Stärken wie Intelligenz und Charisma spielen eine Rolle. Ein weiterer Faktor sind Beziehungen. Wer in einer Beziehung von dem:der anderen abhängiger ist, empfindet weniger Macht. Stelle dir eine:n Kolleg:in vor, der:die das neue Computerprogramm deutlich besser beherrscht als du und dir immer hilft. Du hast weniger Macht, weil du auf den:die Computerexpert:in angewiesen bist. Gruppenzugehörigkeit kann ebenfalls Macht verleihen. Führungskräfte haben in einem Unternehmen mehr Macht, weil sie über Ressourcen und Entscheidungen bestimmen. Schließlich wirken sich auch gesellschaftliche Normen auf die Machtverteilung aus.

Macht beeinflusst, wie wir fühlen, denken und handeln. Wer viel Macht empfindet, fühlt sich oft gut, ist selbstbewusst und denkt positiv. Diese Menschen achten mehr auf Chancen und Belohnungen. Sie machen sich das Leben manchmal einfacher, indem sie in Schubladen denken. Menschen mit wenig Macht denken hingegen gründlicher und differenzierter. In ihrem Verhalten sind Mächtige oft ungehemmt und selbstsicher. Weniger Mächtige sind hingegen vorsichtiger und passen sich eher an. Sie achten mehr auf Gefahren und fühlen sich öfter unwohl. Ein Beispiel: Ein:e Chef:in trifft schnelle Entscheidungen, während ein:e Angestellte:r eher zögert und die Folgen abwägt. Diese Unterschiede können mal nützen und mal schaden.

Episode 2 – Leistungsbezogenes Feedback: „Viel zu lernen du noch hast“

Leistungsfeedback soll die Motivation und Leistung von Mitarbeitenden verbessern. Es ist der Schlüssel, um Fortschritte messbar zu machen und gezielt Verhaltensänderungen zu bewirken. Anders als allgemeine Rückmeldungen fokussiert sich das Leistungsfeedback auf konkrete Leistungen. Das macht es für Führungskräfte zu einem wertvollen Werkzeug.

Feedback kann positiv oder negativ sein. Positives Feedback hebt hervor, was bereits gut läuft. Es zeigt, dass das Ziel erreicht wird, wenn einfach so weitergemacht wird wie bisher. Ein Beispiel eines positiven Leistungsfeedbacks ist: „Die erste Analyse ist bereits sehr detailliert und aufschlussreich“. Negatives Feedback zeigt auf, was besser gemacht werden sollte. „Der Bericht war unklar und enthielt einige Fehler, die korrigiert werden sollten“, ist beispielsweise negatives Leistungsfeedback. Dies zeigt, dass sich das Verhalten ändern muss, um das gewünschte Ziel zu erreichen. Interessanterweise reagiert jedoch nicht jede Person gleichermaßen auf die beiden Feedbackarten. 

Episode 3 – Die Macht des Feedbacks: „Die Macht ist stark in dir“

Das Forschungsteam um Leila M. Straub (2023) zeigte, dass das zuvor beschriebene Erleben von Macht bei der Reaktion auf Leistungsfeedback eine entscheidende Rolle einnimmt. Sie untersuchten dies anhand einer Reihe von Fragebögen und Experimenten mit amerikanischen Arbeitnehmenden und Studierenden. Die Experimente bestanden jeweils aus der Beeinflussung des Machtempfindens, durch die sich manche Teilnehmende mächtig und andere weniger mächtig fühlten. Danach bearbeiteten sie eine Aufgabe, zu der die Teilnehmenden Feedback erhielten. Abschließend wurden Umfragen durchgeführt. 

Die Forschenden fanden heraus, dass die Motivation von Personen mit hohem Machtempfinden unabhängiger vom Feedback ist als die von weniger mächtigen Personen. Negative Rückmeldungen beeinträchtigen weder ihre Leistung noch ihre Motivation stark. Sie sehen Kritik oft als Herausforderung, die sie mit ihren Ressourcen meistern können. Ihr hohes Selbstvertrauen unterstützt diese Ansicht zusätzlich. 

Menschen mit niedriger Macht hingegen sind oft weniger optimistisch und empfinden negatives Feedback eher als Bedrohung. Das schwächt ihre Motivation und Leistung, da sie an ihren Fähigkeiten zweifeln. Diese Menschen versuchen daraufhin durch zum Beispiel vermeidendes Verhalten Kritik zu umgehen. Auch beim positiven Feedback gibt es Unterschiede. Menschen mit wenig Macht erleben eine deutliche Motivationssteigerung, weil sie positives Feedback als Bestätigung ihrer Kompetenz ansehen. Menschen mit viel Macht spüren diesen Effekt weniger. Sie betrachten Lob eher als Bestätigung dessen, was sie ohnehin schon leisten.

Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Anpassungsfähigkeit an veränderte Anforderungen. Mächtige Menschen zeigen eine höhere Fähigkeit zur Anpassung ihres Verhaltens und können leichter die Strategie wechseln, um ihre Ziele zu erreichen. Im Gegensatz dazu kämpfen weniger mächtige Personen häufiger mit der Anpassung an neue Herausforderungen. Das macht es für sie schwer, aus Kritik zu lernen und ihre Leistung zu verbessern.

Episode 4 – Anwendung im Arbeitsalltag: „Nutze die Macht, Luke“

Abschließend spielt die Wahrnehmung der eigenen Macht eine zentrale Rolle bei der Reaktion auf Leistungsfeedback. Sie beeinflusst maßgeblich, wie motiviert wir unsere Ziele verfolgen. Deshalb ist es wichtig, dass Führungskräfte ihr Leistungsfeedback individuell an das Machtgefühl der Mitarbeitenden anpassen. Positives Feedback motiviert vor allem Personen mit niedrigem Machtgefühl. Negatives Feedback sollte seinerseits konstruktiv und sensibel vermittelt werden, um Demotivation zu vermeiden. Um das Selbstvertrauen von Mitarbeitenden mit geringem Machtgefühl zu stärken, können gezielte Anerkennung und Kompetenzaufbau hilfreich sein. Gleichzeitig sollten Schulungen dabei unterstützen, negatives Feedback als Lernchance zu sehen. Führungskräfte benötigen hierfür Trainings, um Feedback effektiv und situationsgerecht zu gestalten. Dazu müssen sie jedoch wissen, wie es um das Machtempfinden der Mitarbeitenden steht. Dieses könnte zum Beispiel durch die Durchführung von Umfragen zum Machtempfinden sichtbar gemacht werden. 

Es ist auch wichtig, dass Mitarbeitende verstehen, wie Macht ihre Reaktionen auf Feedback beeinflusst. Wenn sie wissen, warum sie auf bestimmte Rückmeldungen in einer bestimmten Weise reagieren, können sie besser damit umgehen. Ein Beispiel: Wenn du dich machtlos fühlst, kannst du Kritik als persönlichen Angriff empfinden. Wenn du dir der eigenen Macht bewusst bist, kannst du hingegen lernen, besser mit Feedback umzugehen und es als Chance zu sehen. Wenn du das verstehst, kannst du Kritik konstruktiv nutzen und dich weiterentwickeln. Eine offene und unterstützende Unternehmenskultur mit Zusammenarbeit und regelmäßigen Rückmeldungen hilft zudem, Leistungsfeedback erfolgreich zu gestalten. Sie fördert die Motivation und die Leistung der Mitarbeitenden und verringert Machtungleichheiten. 

Das Zitat „Möge die Macht mit dir sein” sollten Führungskräfte also besonders beim Leistungsfeedback im Hinterkopf behalten, um die Mitarbeitenden bei ihrer Zielerreichung optimal zu unterstützen.

Quellen

Keltner, D., Gruenfeld, D. H., & Anderson, C. (2003). Power, approach, and inhibition. Psychological Review110(2), 265–284. https://doi.org/10.1037/0033-295x.110.2.265

Straub, L. M., Lin, E., Tremonte-Freydefont, L., & Schmid, P. C. (2023). Individuals’ power determines how they respond to positive versus negative performance feedback. European Journal of Social Psychology, 53, 1402–1420. https://doi.org/10.1002/ejsp.2985

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