24.01.2025 / Hanke, Rocker, Scholtz

„Huch – warum liegt denn so viel im Einkaufswagen?“

Der Reiz des Spontankaufs

Hast du dich das auch schon einmal gefragt, während du in einem Online-Shop gestöbert hast? Was als kleiner Einkauf begann, endet plötzlich in einem prall gefüllten Warenkorb. Die Versuchung lauert überall – und sie ist kein Zufall. Personalisierte Werbung und öffentlichkeitswirksame Marketingkampagnen sind längst etablierte Mittel, um potenzielle Kund:innen auch im Internet zu erreichen. Besonders in den sozialen Medien sehen sich Nutzer:innen täglich mit ihnen konfrontiert. Stetig regen sie uns dazu an, ein neues Produkt zu kaufen. Doch wovon hängt ab, ob wir dieser Versuchung nachgehen? Worauf können insbesondere junge Erwachsene achten, die Waren vorwiegend im Internet kaufen?

Es ist Weihnachtszeit und Lisa durchstöbert diverse Online-Shops nach passenden Geschenken für Freunde und Familie. Dabei erregen jedoch die persönlichen Empfehlungen des Online-Shops ihre Aufmerksamkeit. Lisa hatte sich neulich eine Heißluftfritteuse im Internet bestellt. Nun empfiehlt der Shop ihr diverse Einsätze für die Fritteuse, mit welchen sie auch Plätzchen machen kann. Die Einsätze für die Heißluftfritteuse landen im Warenkorb, obwohl Lisa eigentlich einen funktionierenden Ofen zu Hause hat. Doch das scheint in diesem Moment nebensächlich zu sein – die Anzeige hat genau die richtigen Knöpfe gedrückt. Als sie auf ein Angebot für Dubai-Schokolade stößt, wird ihre Neugier geweckt: Jeder auf Social Media spricht davon, also will Lisa sie unbedingt probieren. Das Ergebnis? Am Ende bezahlt sie etwa 100 Euro mehr, als sie ursprünglich geplant hatte. Ein teurer Ausflug ins Reich der Impulskäufe.

Vielen fällt es schwer, ein verlockendes Angebot auszuschlagen. Sei es der Schokoriegel an der Supermarktkasse oder die personalisierte Empfehlung im Online-Shop. Spontankäufe finden häufig ihren Weg in den Einkaufswagen, auch wenn wir sie gar nicht gebrauchen können. Jedoch fällt es nicht jedem schwer, dieser Versuchung zu widerstehen. Woran liegt das? Eine mögliche Erklärung dafür bietet die Theory of Planned Behaviour.

Die Theorie hinter dem spontanen Kaufrausch

Warum verhalten wir uns manchmal so, als hätten wir all unsere guten Vorsätze über Bord geworfen? Die Antwort darauf liefert die Theory of Planned Behaviour, die der Psychologe Icek Ajzen 1991 entwickelte. Sie beschreibt, wie unser Verhalten von unseren Absichten und drei zentralen Faktoren beeinflusst wird. Erstens spielt die persönliche Einstellung eine wichtige Rolle. Wenn wir glauben, dass ein bestimmtes Verhalten positive Ergebnisse bringt oder mit unseren Werten übereinstimmt, stehen wir ihm oft positiv gegenüber. Diese Einstellung beeinflusst, wie stark wir bereit sind, es auch tatsächlich auszuführen.

Zweitens wirken die subjektiven Normen auf unsere Entscheidungen ein. Damit ist gemeint, was wir glauben, wie andere, Familie, Freund:innen oder die Gesellschaft, unser Verhalten bewerten. Wenn wir annehmen, dass wichtige Bezugspersonen unser Handeln unterstützen, sind wir eher motiviert, entsprechend zu handeln. Schließlich gibt es noch die wahrgenommene Verhaltenskontrolle. Sie beschreibt, wie gut wir glauben, das Verhalten umsetzen zu können. Je sicherer wir uns fühlen, desto wahrscheinlicher ist es, dass wir unser Vorhaben in die Tat umsetzen. Das Zusammenspiel dieser Faktoren entscheidet, ob wir etwas tun oder nicht. Interessanterweise lässt sich dieses Modell auch auf die spontane Welt der Impulskäufe übertragen. Was passiert, wenn wir uns in einem Moment der Schwäche hinreißen lassen und ohne viel Nachdenken handeln? Genau dieser Frage haben sich Nyrhinen und Kolleg:innen gewidmet, die die Theory of Planned Behaviour auf das digitale Konsumverhalten angewendet haben. Ihre Erkenntnisse zeigen, wie unser Verhalten von Einstellungen, sozialen Normen und dem Vertrauen in unsere Fähigkeiten beeinflusst wird – auch dann, wenn wir eigentlich nur schnell etwas online shoppen wollten.

Einflussfaktoren des Impulskaufs im Internet

Wie kommt es, dass ein Produkt, das wir gerade noch für überflüssig hielten, plötzlich unverzichtbar erscheint? Genau hier setzt die Forschung von Nyrhinen und Kolleg:innen (2024) an. Sie untersuchten, welche Faktoren unser impulsives Kaufverhalten im Internet beeinflussen, und entwickelten ein Modell basierend auf der Theory of Planned Behaviour. Dafür haben sie über 2.300 Proband:innen im Alter von 18 bis 29 befragt. Laut ihrem aufgestellten Modell hängt impulsives Kaufverhalten von drei zentralen Faktoren ab.

Faktor 1: Selbstkontrolle

Selbstkontrolle umfasst die Fähigkeit, die eigenen Gedanken, Emotionen und Impulse kontrollieren zu können. Ein geringes Maß an Selbstkontrolle fördert impulsives Kaufverhalten, wohingegen ein hohes Maß es hemmt.

Faktor 2: Einstellung gegenüber personalisierter Werbung

Plattformen speichern und analysieren diverse Daten über das Verhalten von Konsument:innen. Dies erlaubt es ihnen, Rückschlüsse auf die persönlichen Präferenzen von Nutzer:innen zu ziehen. Mit diesen Informationen spielen sie anschließend personalisierte Werbung aus und geben persönliche Empfehlungen. Je positiver eine Person zu personalisierter Werbung eingestellt ist, desto höher ist auch die Wahrscheinlichkeit, dass sie etwas impulsiv kaufen wird. Zudem besitzen Personen mit positiver Einstellung ebenfalls oft ein geringeres Maß an Selbstkontrolle.

Faktor 3: Impulsivität von sozialen Netzwerken

Je mehr ein soziales Netzwerk impulsives Verhalten fördert, desto höher ist dessen Impulsivität. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn schnelllebige Informationen in Form von Bewertungen, Verlinkungen oder Kommentaren ausgetauscht werden. Je höher die Impulsivität der sozialen Netzwerke einer Person sind, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie impulsive Käufe tätigen wird. Je geringer die Selbstkontrolle und je positiver die Einstellung einer Person ist, desto höher ist ebenfalls die Impulsivität derer sozialen Netzwerke.

Personen mit einer hohen Wahrscheinlichkeit Impulskäufe zu tätigen, haben somit eine geringe Selbstkontrolle, eine positive Einstellung gegenüber personalisierter Werbung und sehr impulsive soziale Netzwerke. Was bedeutet dies aber für die Praxis?

Praktische Konsequenzen

Was können wir tun, um impulsiven Käufen besser zu widerstehen? Zunächst sollten wir uns bewusst machen, wie sehr Plattformen unser Verhalten beeinflussen. Das Wissen um die Mechanismen hinter personalisierter Werbung hilft, kritischer mit den angezeigten Empfehlungen umzugehen. Gleichzeitig lohnt es sich, die eigene Medienkompetenz zu stärken. Wer versteht, wie soziale Netzwerke funktionieren, kann sich gezielter von ihrem Einfluss distanzieren.

Ein weiterer Ansatz ist die Stärkung der Selbstkontrolle. Kleine Maßnahmen wie das Festlegen eines festen Budgets, das Vermeiden von spontanen Kaufentscheidungen oder das Warten von 24 Stunden, bevor etwas gekauft wird, können dabei helfen, impulsives Verhalten zu reduzieren. Langfristig lohnt es sich, die eigene finanzielle Bildung zu fördern und Strategien zu entwickeln, um bewusster mit Geld umzugehen. Die Forschung zeigt, dass Impulskäufe kein Zufall sind. Vielmehr sind sie das Ergebnis eines Zusammenspiels von persönlichen Schwächen und gezielten digitalen Strategien. Doch wer diese Mechanismen versteht, kann ihnen entgegenwirken und seine Kaufentscheidungen wieder selbst in die Hand nehmen. 

Literatur:

Ajzen, I. (1991). The Theory of Planned Behavior. Organizational Behaviour and Human Decision, 50, 179-211.

Nyrhinen, J., Sirola, A., Koskelainen, T., Munnukka, J., & Wilska, T.-A. (2024). Online antecedents for young consumers’ impulse buying behavior. Computers in Human Behaviour, 153, 108129. https://doi.org/10.1016/j.chb.2023.108129

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