Eines der Aufgabenstellungen zum 10. Vorlesungstermin (16.06.15) von Dr. Fantini lautete: „Wilfried Bos stellt in der Begleituntersuchung zu IGLU 2003 fest, dass Jungen sich in der Tendenz – im Vergleich mit der weiblichen Gleichaltrigengruppe – signifikant weniger sicher in Schule fühlen, deutlich weniger gerne zur Schule gehen und eindeutig häufiger das Gefühl haben, dass sich die Lehrkräfte nicht/wenig um sie kümmern. Wie erklären Sie sich diese Ergebnisse und wie könnte man diese Situation verbessern?“
Bei der Erkenntnis spielt das Geschlecht keine Rolle
(Juana Inés de la Cruz)
Sage mir, Kind, hat den die Seele ein Geschlecht?
(Jean-Jacques Rousseau)
Die Studie legt so ziemlich deutliche Fakten in Punkto Wohlfühlen in der Grundschule dar, was einen sehr zum Nachdenken anregt. Vor allem die Tatsache, mit welch großen Schwierigkeiten die Jungen in einem so frühen Alter schon konfrontiert werden und zu bewältigen haben. Zunächst einmal ist jedoch anzumerken, dass die IGLU-Untersuchung aus dem Jahr 2003 stammt und somit nicht unbedingt repräsentativ für das Jahr 2015 ist. Ein weiterer Aspekt, der meines Erachtens kritisch betrachtet werden muss, ist die spekulative Untersuchung, die dennoch ziemlich einleuchtend klingt.
Viele Argumentationen warum sich die Jungen weniger wohl in der Schule fühlen als die Mädchen gehen in die Richtung, dass wesentlich weniger oder gar keine männlichen Lehrer vor allem in der Grundschule vorhanden sind. Kinder sind in der Regel größtenteils von weiblichen Vorbildfunktionen umgeben. Den Jungen fehlt konkret eine männliche Bezugsperson, die ihn, wie als eine Art von Vorbild betrachten. Sie fühlen sich in der Gegenwart von Männern vielleicht sicherer und kommen eher aus sich selbst heraus. Dies könnte bei den Jungen als ein Grund für das Unwohlsein in der Schule gedeutet werden. Die logische Folge daraus wäre, in Grundschulen vermehrt männliche Lehrkräfte einzustellen, sodass es zu einem Ausgleich der Geschlechter käme. Jedoch lasse sich streiten, inwieweit das Geschlecht der Bezugsperson relevant ist für die Bildungsförderung der SchülerInnen.
Ein weiterer Grund könnte die unterschiedliche Entwicklung von gleichaltrigen Jungen und Mädchen sein. Zahlreiche Studien bewiesen, dass sich die Verhaltensweisen von Jungen und Mädchen genetisch bedingt unterscheiden. Mädchen sind von Geburt an emotional ausgeglichener und lassen sich leichter beruhigen. Jungen hingegen sind bereits im Mutterleib wesentlich aktiver. Diese Tatsache spiegelt sich auch in der Kognition der Gesellschaft wieder. Sie werden in der Beurteilung und Bewertung von aussehen stehenden in Klischee-Schubladen verfrachtet. Mädchen sind gut im Deutschunterricht, Mathematik ist dagegen ein „Jungenfach“. Denkt man an Jungs in der Schule verbindet man sie oftmals mit Prügeleien in den Schulpausen, Fußball spielen und „sich beweisen“ müssen. Mädchen hingegen verbindet man meisten mit einem niedlichen Aussehen, Fleiß und Engagement.
Ich denke es handelt sich hierbei eher um ein Problem der Geschlechter an sich. Mädchen und Jungen sind in ihren Geschlechtern sehr unterschiedlich. Als Lehrer ist es wichtig, aufmerksam zu sein und sich klar vor Augen zu halten, dass diese Unterschiede der Persönlichkeit keine Unterschiede in Punkto Leistung mit sich bringen müssen. Möglichst viele Klischees sollten aus dem Unterricht herausgehalten werden. Den Jungen und vor allem allen SchülerInnen kann es helfen, wenn die Lehrkräfte umdenken und auf die Individualität eines jeden Kindes eingehen und sich nicht nur auf Stereotypen stützen. So bleibt die Heterogenität der Kinder bewahrt. Es ist wichtig, dass möglichst viele Sichtweisen in der Schule eingebracht werden. Deshalb ist es von großer Bedeutung das männliche Lehrkräfte gefördert und motiviert werden.
Hallo Sertan,
Du hast einen gut gegliederten Text geschrieben, de ich gut folgen konnte. Was Geschlechterrollen angeht, so denke ich wie du, dass der Mangel an männlichen Lehrpersonen an Grundschulen verbunden mit stereotypen Erwartungshaltungen der (meist weiblichen) Lehrkräften nicht dazu beiträgt, die Kinder auf einem ungezwungenen Level zu frei denkenden und lernenden Menschen bewegt. Die meisten Lehrpersonen sind sich wahrscheinlich auch nicht im Klaren darüber, was geschlechterstereotypes Verhalten auslöst. Vor allem Mädchen werden unter einen Perfektionsdruck (optisch, psychisch,sozial) gesetzt, der zwar auch bei Jungen vorkommt, dennoch nicht so stark gepusht wird. Der Perfektionsdruck, von Mädchen und Frauen weitergeführt, trifft in der Schule auf die ebenfalls von den stereotypen Rollenbildern verursachten „männlichen“ Attribute (wild, laut, stark, frech) bei den Jungen. Diese gegensätzlichen Attribute schaffen in der Grundschule weiterführend große Differenzen und Unzufriedenheit, letztendlich dann auch nur geschaffen von der Gesellschaft selbst, um die Menschen so gut es geht von Anfang an auf das „harte“, vorbestimmte (Arbeits-) Leben vorzubereiten.
Das ist meine Analyse dahinter, wenn du möchtest kannst du darsuf antworten. Ich finde in deinen Text aber gut die Missverhältnisse aufzeigend.
Liebe Grüße,
Luisa