Eines der Aufgabenstellungen zum 6. Vorlesungstermin (19.05.15) von Prof. Dr. Marx lautete: „Interviewen Sie eine/n Grundschullehrer/in zu deren Erfahrungen in sprachlich gemischten Grundschulgruppen. Fragen Sie nach einer guten und einer schlechten Erfahrung im Unterricht, die sie mit einem/r zweisprachigen Schüler/in gemacht haben. Wie hat der/die Lehrer/in auf die Situation reagiert? Hält er/sie seine/ihre Reaktion für angemessen, und mit welcher Begründung?“
„Sprache ist eine ausschließlich dem Menschen eigene, nicht im Instinkt wurzelnde Methode zur Übermittlung von Gedanken, Gefühlen und Wünschen mittels eines Systems von frei geschaffenen Symbolen.“
(Edward Sapir, 1921)
Deutschland ist durch eine multiethnische Bevölkerungsstruktur gekennzeichnet, die sich auch in den Schulen niederschlägt. Der größte Teil deutscher Grundschulklassen ist mehrsprachig. Es handelt sich um sogenannte multilinguale Klassen: Kinder mit Deustch als Muttersprache (DaM) und Kinder, deren Herkunftssprache nicht Deutsch ist und die Deutsch in der Regel als Zweitsprache (DaZ) erlernen, werden gemeinsam unterrichtet
Ich habe meine damalige Grundschullehrerin zum Thema „gemischte Schulklassen“ befragt, die seit 25 Jahren aktiv im Dienst ist. Sie unterrichtet an einer Grundschule in Bremen und weist eine langjährige Erfahrung mit sprachlich gemischten Schulklassen auf. Persönlich kann ich nur sagen, dass sie eine fantastische Pädagogin ist, die sehr engagiert ihre Tätigkeit ausübt.
Aktuell betreut sie als Klassenlehrerin einer 2. Klasse 30 Schüler, von denen 18 einen Migrationshintergrund aufweisen. Wichtig zu erwähnen ist ebenso, dass nicht bei allen als zweite Sprache Deutsch die Regel ist. Es gibt ebenso SchülerInnen, die Deutsch als Muttersprache haben, die jedoch trotzdem einen Migrationshintergrund mit sich bringen.
Die sprachliche Heterogenität ist sehr hoch vertreten in dieser Klasse, weil viele verschiedene Muttersprachen vertreten sind. Die Grundschullehrerin, welche ich interviewt habe, berichtete, dass sie sehr unterschiedliche Erfahrungen mit dieser Heterogenität gemacht hat.
Sie berichtete mir, dass die Sprachenvielfalt heutzutage vor allem in städtischen Schulen sehr groß ist. Als eine positive Erfahrung erzählte sie mir, dass SchülerInnen nicht nur eine andere Sprache sprechen, sondern zum Teil auch andere Bräuche, Sitten und Rituale mit sich bringen. Die Begegnung damit gehört zur Alltagserfahrung von Kindern. Die Lebenswelt der Lerner wird in das schulische Lernen miteinbezogen. Beide Seiten stehen in einem ständigen Austausch zueinander, indem sie sehr viel voneinander lernen können. Der Umgang mit fremden Kulturen im Unterricht wird immer wichtiger.
Desweiteren erzählte sie mir als eine zum Teil negative Erfahrung, dass die verschiedenen Muttersprachen, aber auch der gesamte kulturelle Hintergrund oft dazu führen würden, dass der Klassenverband zweigeteilt wird. Oft würden sich die ausländischen Schüler mit ihresgleichen zusammen tun, sowie die deutschen Schüler unter sich eine eigene Gruppe bilden. Jedoch fügte sie noch hinzu, dass dieser Vorgang nicht von langer Dauer sei, weil die SchülerInnen mit der Zeit sich im Schulgeschehen näher kennenlernen und somit neue Freundschaften schließen, die sehr stark fundiert sind.
Abschließend fasste sie zusammen, dass eine ganzheitliche Behandlung ebendieser Themen im Unterricht eine Integration „auf einer höheren Ebene“ ermöglichen könnte. Für die Persönlichkeitsentwicklung der Schüler ist es wichtig, dass sie ihre Herkunftskultur nicht aufgeben müssen, um integriert zu werden. So lernen und gewinnen alle SchülerInnen in gleichem Maße dazu.
Blogger Sertan 🙂
Moin Sertan,
schönes Interview, freut mich auch, dass die Interviewte Lehrkraft keine sonderlich extremen Fälle genannt hat in denen eine so heterogene Klasse Probleme verursacht.
Es scheinen sich ja nur die übliche Probleme und positiven Resultate einer gemischten Klasse antreffen.
Sehr am Herzen liegt mir in dem Bereich, dass es nicht grundlegend schlimm ist, dass sich Gruppen bilden. Die Gemeinschaftsgefüge und Sozialkompetenzen die dadurch zustande kommen, sind perfekt zur Identifikation mit der eigenen kulturellen Herkunft. Hierbei differenziere ich aber stark zwischen kultureller Herkunft, welche ich als wichtig ansehe und der Identifikation mit einer Nationalität, welche ich gar nicht toleriere.
(Aber dies auch nur ein kurzer politischer Einwurf)