Auf dem Weg zu einer Schule für alle

1. Reflektieren Sie die Konsequenzen der Aussonderung von Schüler/-innen mit Förderbedarf

In erster Linie hat die Aussonderung von SuS mit Förderbedarf die Vermittlung falscher Werte als Konsequenz, die zur Folge haben, dass das Selbstwertgefühl der „ausgesonderten“ SuS beträchtlich geschmälert wird. Sie beginnen, sich zu fragen, ob sie überhaupt zur Klassengemeinschaft dazugehören oder ob sie genau so „gut“ sind wie ihre Mitschüler. Die SuS geraten in eine Abwärtsspirale, im Laufe derer sie sich immer mehr in sich kehren und nicht mehr aktiv am Klassengeschehen teilhaben wollen oder können, wodurch sie sich noch mehr ausgegrenzt fühlen. In einer inklusiven Klasse sollte das Bild vermittelt werden, dass auch Kinder mit Förderbedarf ebenso zur Gemeinschaft dazugehören wie alle anderen auch, dass sie die gleichen Chancen haben. Dazu ist es notwendig, diesen Kindern Unterstützung und Vorbilder an die Hand zu geben. Man könnte denken, dass durch die Aussonderung dieser SuS intensiver auf die einzelnen Förderschwerpunkte eingegangen werden kann, jedoch sollte dies im Rahmen der Inklusion auch im Klassenverbund möglich sein. Denn wozu brauchen wir noch Inklusion, wenn wir diejenigen wieder aussortieren, die wir erst in unsere Gemeinschaft inkludieren wollten?

 

2. Welche Informationen sind in der Diagnose „Förderschwerpunkt Wahrnehmung&Entwicklung“ bzw. „Förderschwerpunkt Lernen“ enthalten? Welche Informationen benötigen Sie von einer Schüler/-in um Ihren Unterricht ggf. anzupassen?

Als erstes ist zu beachten, dass sich beide oben genannten Förderschwerpunkte noch in viele einzelne Kategorien aufteilen lassen. Der Förderschwerpunkt Wahrnehmung beispielsweise teilt sich in Sehen und Hören, die Entwicklung teilt sich in geistige und körperliche Entwicklung. Auch im Förderschwerpunkt Lernen lassen sich diese Kategorien feststellen. So kann ein Kindbeispielsweise Probleme damit haben, sich über einen längeren Zeitraum hinweg zu konzentrieren oder aber auch Probleme damit haben, einen Text zu lesen und diesen auch zu verstehen. Es wird also sehr deutlich, dass die Diagnose allein noch nichts über das Kind aussagt, um das es letztendlich geht. Jedes Kind ist individuell und bringt individuelle Stärken, Schwächen und eventuell auch Förderschwerpunkte mit sich. Die Diagnose verrät noch nichts über den geistigen oder physischen Zustand eines Kindes. Die Frage ist also, welche Voraussetzungen das jeweilige Kind überhaupt mit sich bringt. An Informationen genügt also die Diagnose allein nicht. Es ist wichtig, zu wissen, mit welcher Basis das Kind in meinen Unterricht kommt. Welche Stärken und welche Schwächen bringt es mit sich? Hat es irgendwelche besonderen Ticks, auf die Acht gegeben werden muss? Auf welchem Wissensstand befindet sich das Kind zur Zeit? Wie ist es bereits in die soziale Gemeinschaft der Schule oder der Klasse eingegliedert? All das sind Informationen, die dazu beitragen können, den Unterricht besser an die SuS anpassen zu können.

 

3. Wie können Sie der Vielfalt der Schüler/-innen gerecht werden und welche Verbündeten können sie dazu gewinnen?

Als ersten Verbündeten sollte man das Kind selbst gewinnen. Es muss eine gewisse Vertrauensbasis zwischen Kind und Lehrkraft herrschen, damit überhaupt an den individuellen Förderbedarfen gearbeitet werden kann. Nur so kann sichergestellt werden, dass ich als Lehrkraft die Stärken und Schwächen des SuS überhaupt richtig einschätzen kann. Was muss ich ihnen noch beibringen? Was wissen sie bereits? All das muss beachtet werden und das geht nur, wenn man mit dem Kind in gutem Kontakt steht. Zweifellos ist es wichtig, zu jedem Schüler eine gute Bindung zu haben, sofern dies möglich ist. Somit kann der Unterricht an die Gegebenheiten und die Interessen der SuS angepasst werden. Mit welchen Lernmaterialien kommen die SuS am besten zurecht? Welche Art von Unterricht spricht sie besonders an? Besonders wichtig ist zudem der Kontakt zum sozialen Umfeld des Kindes, vor allem zu den Eltern. Sie kennen ihr Kind am besten,, wissen, wobei es Schwierigkeiten hat, wie es sich in bestimmten Situationen verhält und wie darauf reagiert werden kann. Auch das Lehrerkollegium sollte die jeweilige Lehrkraft unterstützen, denn es ist oftmals für eine einzelne Lehrkraft sehr schwer, auf alle SuS individuell einzugehen. Vielleicht hat der Kollege/die Kollegin ja eine gute Idee, wie man auf ein Kind reagieren könnte. Man sollte als Kollegen voneinander lernen.

 

4. Warum stellte die Entwicklung der Sonderschulen historisch betrachtet einen Fortschritt dar? (vgl. Feuser in Müller 2019)

Die Entwicklung der Sonderschulen ist deswegen, im historischen Kontext, ein Fortschritt, da es einerseits die Integration von Menschen mit Behinderung in die Gesellschaft allgemein fördert als auch diesen Menschen ermöglicht, am Bildungssystem teilzuhaben. Bis zur Entwicklung der Sonderschule wurden Menschen mit Behinderung zum Großteil in Anstalten oder Heime gesteckt und hatten keinen Zugang zu Bildung. Gesellschaftlich waren sie vermutlich mehr geächtet als geachtet. Die Entwicklung der Sonderschule war also deshalb wichtig, da sie den Blick der Menschen auf ihre Mitmenschen mit Behinderung gewandelt hat. Wenn etwas in der Mitte der Gesellschaft ankommt, wird es früher oder später als „normal“ betrachtet. Ähnlich ist es jetzt beispielsweise mit der gleichgeschlechtlichen Ehe oder als im Jahre 1919 das Frauenwahlrecht in Deutschland eingeführt wurde. Heutzutage gibt es, bis auf ein paar wenige Ausnahmen, niemanden mehr, der der Meinung ist, Frauen sollten nicht wählen dürfen. Durch die Einführung von Sonderschulen wurde dieser Schritt auch für die Menschen mit Behinderung gegangen. Und in ein paar Jahren wird es kaum noch Menschen geben, die eine Behinderung als wirkliche Behinderung sehen oder daran zweifeln, dass es gut ist, wenn zwei Männer oder zwei Frauen eine Ehe schließen. Durch den Zugang zur Bildung werden Menschen mit Behinderung ebenfalls Türen geöffnet, die sie vorher niemals hätten öffnen können. Berufliche Aussichten waren vor der Entwicklung der Sonderschule für einen Menschen mit Behinderung nicht denkbar. Die Entwicklung der Sonderschule stellt also insofern einen historischen Fortschritt dar, dass Deutschland nach der Euthanasie im Nationalsozialismus Menschen mit Behinderung mehr und mehr in die Gesellschaft zu integrieren versucht und ihren Türen zu dem Leben öffnet, das wir ohne eine Behinderung seit jeher wie selbstverständlich führen.

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