Prof. Dr. Christine Knipping: Mathematische Leistungsunterschiede – empirische Befunde und Konsequenzen für den Mathematikunterricht

1. Sind Unterschiede in den mathematischen Leistungen von Schülerinnen und Schülern ein Grund zur Sorge? Welche Bedeutung kommt dem zweigliedrigen Schulsystem (Oberschule / Gymnasien) in Bremen diesbezüglich zu?

Betrachtet man die Leistungen der Schülerinnen und Schüler, so fällt im Vergleich auf, dass in jedem Fach Leistungsunterschiede zwischen den einzelnen SuS herrschen. Es ist ein schwieriger und meiner Meinung nach hinterfragungswürdiger Ansatz, davon auszugehen, dass alle SuS sich auf dem gleichen Bildungsniveau bewegen. Vielmehr sollte verstärkt darauf geachtet werden, wo die SuS individuelle Stärken aufweisen und diese fördern und mit ihnen arbeiten. Sowohl Interesse an einem Fach als auch die Begabung für eben dieses sind für jeden Schüler charakteristisch, manche bringen von Natur aus ein hohes Verständnis für die Mathematik mit, andere eben nicht, glänzen dafür jedoch in anderen Fächern.

Jedoch ist es, besonders in der Mathematik als in sich logisch abgeschlossene Wissenschaft, wichtig, dass auf einen gemeinsamen Standard hingearbeitet wird. Mathematik verhält sich dahingehend wie eine Sprache, wenn man die Grammatik und die Vokabeln nicht beherrscht, kann man sich nicht ausreichend gut damit verständigen.

Die Leistungsunterschiede der SuS sind also kein Grund zur Sorge. Vielmehr Sorgen bereiten sollte die vielerots mangelnde Motivation im Fach Mathematik, da sehr viele SuS bereits mit einem negativen Bild von diesem Fach in den Unterricht gehen. Die vorherrschende Meinung in der Gesellschaft scheint salopp formuliert „Mathe ist doof“ zu sein und daran sollte gearbeitet werden, statt den gemeinsamen Standard der Mathematik aufzuheben.

Problematisch wird es im zweigliedrigen Schulsystem dann, wenn Lehrkräfte auf SuS mit stark unterschiedlichem Vorwissen treffen. An den Bremer Oberschulen finden sich verschiedenste SuS zusammen, die alle aus unterschiedlichen Unterrichten mit unterschiedlichen Lehrern und vielleicht auch unterschiedlichem Inhalt kommen. Mit dieser Leistungsheterogenität muss die Lehrkraft umzugehen wissen.

 

2. Spielen im Mathematikunterricht, kann das angesichts von Leistungsunterschieden ein Ansatz sein? Beziehen und begründen Sie eine Position aus Lehrenden-Sicht, die auch Schülersichtweisen einbezieht.

Spielen im Mathematikunterricht ist grundsätzlich ein sinnvoller Ansatz, der auch bis zu einem gewissen Grad Früchte tragen kann. Durch die spielerische Herangehensweise wird leichter Interesse an der Mathematik geweckt und einige kompliziertere Phänomene der Mathematik können durch Spiele vereinfacht dargestellt werden. Außerdem können sich die SuS gegenseitig herausfordern, miteinander in einen lernfördernden Kontakt treten und sich aktiv an der Erarbeitung der eigentlichen Mathematik beteiligen. Jedoch gibt es eine Grenze, ab der die Mathematik nicht mehr rein visuell und spielerisch dargestellt und erlernt werden kann, da die Mathematik an sich eine abstrakt formulierte und doch logische Wissenschaft ist. Man kann das Wesen der Mathematik nicht ändern, sondern sollte höchstens versuchen, durch Spiele einen leichteren Zugang zu den komplizierteren Sachverhalten herzustellen.

Besonders für die Schüler, die Probleme im Fach Mathematik aufweisen, können Spiele jedoch, gerade zu Beginn eines neuen Themas, sehr hilfreich sein. Ein Vorteil für die Lehrkraft ist, dass sich die Schüler gegenseitig etwas erklären können und es eine Pause vom reinen Frontalunterricht gibt. Die stärkeren Schüler können also den schwächeren helfen. Es kommt zu einer viel gezielteren und individuelleren Förderung der einzelnen SuS, somit profitieren alle davon. Wie bereits gesagt muss jedoch die Grenze zum abstrakten Bereich der Mathematik beachtet werden.

 

3. Spielen kann im Handeln „stecken bleiben“, das Denken kommt zu kurz. Formulieren Sie zwei Fragen, welche Ihnen helfen können, mögliche Denkhandlungen von Lernenden zu beobachten.

  1. Wird der Sinn des Spieles hinterfragt oder freuen sich die SuS nur darüber, keine Matheaufgaben rechnen zu müssen?
  2. Kann ich auf den Ergebnissen des Spieles eine lerhrreiche Unterrichtseinheit aufbauen?

 

4. Bennen Sie zwei unterschiedliche Möglichkeiten, wie Sie als Lehrkraft ausgehend vom Spielen eine weitere kognitive Aktivierung von Lernenden anregen können.

  1. Die SuS werden in Kleingruppen eingeteilt. Jede Gruppe bekommt ein anderes Spiel. Nachdem die Ergebnisse erfolgreich erarbeitet worden sind, finden sich jeweils zwei Gruppen zusammen und erläutern der anderen Gruppe ihr Problem und lassen sie ihr Spiel spielen. Anschließend werden die Ergebnisse abgeglichen.
  2. Wieder werden die SuS in Kleingruppen eingeteilt, diesmal bekommen sie jedoch nicht das Spiel, sondern lediglich das Problem und ein paar Materialien vorgegeben. Sie sollen selbst ein möglichst einfaches Spiel entwickeln, um dem Rest der Klasse ihr Problem und dessen Lösung verständlich zu machen.

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