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  • Blog: Die kognitiven Dimensionen von Lernerfolg: Intelligenz vs. Vorwissen

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    Intelligenz und Vorwissen haben ein allgemein ein geteiltes Verhältnis für das erfolgreiche Lernen. Die Wirkung einer vergleichsweise hohen Intelligenz kann somit beim Lernen hilfreich sein, da sie die Problemlösungsfähigkeiten bereichert vor allem im Umgang mit neuen Situationen. Jedoch wird auch das Lernen durch Intelligenz durch eine bessere Informationsverarbeitung positiv beeinflusst. Außerdem ist ein Intelligenztest allgemein ein erfolgreiches Vorhersageinstrument für Schulerfolg (Deary et al., 2007). Jedoch stellt sich die Frage, ob dies aufgrund einer Korrelation auftritt oder ob tatsächlich eine signifikante Kausalität zwischen Intelligenz und Lernerfolg existiert.

    In dieser Frage wird vor allem der Effekt von Vorwissen relevant da dieser der zweite mögliche Effekt für erfolgreiches Lernen sein könnte. Dies liegt daran, da Vorwissen eine zentrale Voraussetzung für neues Lernen ist und für die allgemeine Verarbeitung neuer Informationen. Dabei unterstützt das Vorwissen vor allem in einem Prozess, den man mit einem Sieb vergleichen könnte. Je nach Kriterien, die nach dem Vorwissen gewählt werden, wird neue Information entweder selektiert oder integriert in die Anzahl an bereits bestehendes Wissen. Somit besteht ein Lernvorteil durch die Anknüpfung an bestehendes Vorwissen. Beim Zusammenspiel von Intelligenz und Vorwissen entsteht die maximale Lernleistung, denn eine bloße prädisponierte Intelligenz ersetzt nicht die Notwendigkeit des Vorwissens für ein erfolgreiches Lernen (Schneider et al., 1989).

    Dieses Wissen besteht vor allem durch empirische Studien an Kindern, um in Vergleichen mit Gruppen herauszufinden, welche Faktoren, welche Effekte haben. Beispielshaft zu nennen ist auch die in der Vorlesung genannte Studie bei derer Kinder mit der Abfrage einer fiktiven Fußballgeschichte getestet wurden. Es wurde beobachtet eben, dass beobachtet, dass eine reine Intelligenz bei kaum bestehendem Vorwissen kaum Vorteil bedeutet und auch alleiniges Vorwissen eher einen Lernerfolg verspricht, aber vor allem ein Zusammenspiel beider Komponenten zu dem höchsten möglichen Erfolg führt. Außerdem konnte ein Zusammenspiel von Schulbesuch und einem erhöhten IQ beobachtet werden (Rost, Wild 1995)

    Die Implikationen für das Schulsystem könnten sein, dass es eine stärkere Fokussierung auf einen systematischen Wissensaufbau notwendig ist, um zu garantieren, dass jedes Kind das notwendige Vorwissen besitzt und seine Fähigkeiten zu ihrem vollen Potenzial nutzt. Außerdem ist es als lehrende Person wichtig ein Vorwissen über das Vorwissen der eigenen Schüler:innen zu besitzen, um eine sinnvolle Planung des Unterrichts vorzunehmen. Dabei ist eine Differenzierung zwischen Schüler:innen durchaus notwendig, da durch den sogenannten Matthäus-Effekt bei einer egalitären Behandlung sonst die Gefahr besteht Ungleichheiten und somit Ungerechtigkeiten weiterzutragen. Zuletzt lässt sich der Befund bestätigen, dass diese Maßnahmen Wichtigkeit besitzen aufgrund des Einflusses von Schule, da Vorwissen einen derart primären Einfluss auf den Erfolg eines Lernenden hat.

     

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    Überraschend war für mich vor allem der Befund, dass eher das Vorwissen eine Voraussetzung für den Lernerfolg als die eigentliche Intelligenz des Lernenden. Diese Annahme basiert vor allem darauf, dass es üblich ist bei Kindern, welche einen eher schlechten Lernerfolg vorweisen auf eine mangelnde Denkkapazität hinzuweisen oder profaner gesagt sie als „dumm“ abzustempeln. Außerdem eher kritisch sehe ich den Befund, dass ein sogenannter offener Unterricht nur unter bestimmten Voraussetzungen positiv wirken kann und durch eine zu weitreichende und lange Erklärung eher Fortgeschrittenen schaden kann. Dies würde bedeuten, dass ein falsch geführter inklusiver Unterricht durch aus auch negativen Erfolgen bedeuten könnte, vor allem für Schüler:innen deren Rolle als Unterstützer:innen damit auch geschmält wird, somit eines der Fundamente dieses Unterrichtsmodells in seiner Effektivität behindert. Inklusiver Unterricht muss aufgrund dessen mit allen Teilnehmer:innen gedacht werden und darf nicht diese als Individuen, sondern eher als soziales Kollektiv, welches aufeinander einwirkt.

    Mögliche Forschungsfragen könnten sich mit eben diesen Themen beschäftigen. Beispielhaft lasse sich die Frage stellen, „Mit welchen Methoden die Integration fortgeschrittener Schüler:innen in die Unterstützung von Mitschüler:innen im inklusiven Unterricht möglich ist?“ Im Praktikum könnten solche Prozesse beobachtet werden, wie zum Beispiel die Lehrperson mit dieser Aufgabe umgeht und inwiefern eine Durchsetzung effektiv und möglichst effizient durchgeführt werden kann. Dabei könnten über die Zeit des Praktikums die Lernerfolge beider Lerngruppen verglichen werden.

     

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    Zum ersten Aktionsmodell von Weinert (1997) zu den sogenannten Reaktionsformen lassen sich einige Beispiele zu den jeweiligen verschiedenen Reaktionsformen nennen. Bei der Form der passiven wäre vor allem der Frontalunterricht als Beispiel passend, da hier keine Differenzierung passiert und alle Aufgaben egalitär aufgegeben werden also alle Schüler:innen gleichbehandelt werden. Bei der substitutiven Form ist als Beispiel die Aufteilung in Gruppen zu nennen. In diesem Beispiel wird zwar eine Anpassung durchgeführt jedoch ist sie vor allem zum Effekt einer Homogenisierung anhand des Faktors des Lernerfolge. Dabei könnten zum Beispiel Lernende mit Beeinträchtigung getrennt von Nicht-Beeinträchtigten Lernenden unterrichtet werden. Drittens ist die aktive Form dabei wird eine eher spontane Anpassung des Unterrichts durchgeführt. Im Beispiel zu nennen ist die Lehrperson welche während der Bearbeitung der zu erfüllenden Aufgaben, wie eines Arbeitsblattes den Schüler:innen individuell Hilfen und Erklärung bereitstellt. Zuletzt ist die proaktive Form zu nennen bei der im Voraus versucht wird den Lernenden Arbeitsmaterial ihren Fähigkeiten entsprechend bereitzustellen und differenzierte Lernpfade für differenzierte Schüler:innen.

    Beim Adaptionsmöglichkeitenmodell von Leutner (1992) ist bei der ersten Form Förderung das Beispiel zu nennen, dass sogenannte begabte Kinder eher erhöhte Lernzieleforderungen haben und zum Beispiel zusätzliche Übungen bekommen oder von höherem Niveau. Bei der Form Kompensation sollen vor allem lerngeschwächte Kinder gefördert werden, dazu könnten beispielsweise Kinder mit Lese-Rechtsschreibschwäche gezieltes Rechtsschreibtraining und eine erhöhte Lernzeit erhalten. Letztens ist für die Form der Präferenz beispielshaft die Einführung von bestimmten Wahlpflicht-AGs zum Beispiel in Musik, Technik, Kunst und weiteres. Wobei die individuellen Interessen berücksichtigt werden sollen.

     

    Literaturverzeichnis

    Deary, I. J., Strand, S., Smith, P., & Fernandes, C. (2007). Intelligence and educational Achievement. Intelligence, 35(1), 13–21. https://doi.org/10.1016/j.intell.2006.02.001

    Leutner, D. (1992). Adaptive Lehrsysteme: Instruktionspsychologische Grundlagen und experimentelle Analysen. Beltz.

    Rost, D. H., & Wild, E. (1995). Lern- und Intelligenzentwicklung im frühen Schulalter. Psychologie in Erziehung und Unterricht, 42(2), 83–96.

    Schneider, W., Körkel, J., & Weinert, F. E. (1989). Domain-specific knowledge and memory performance: A comparison of high- and low-aptitude children. Journal of Educational Psychology, 81(3), 306–312. https://doi.org/10.1037/0022-0663.81.3.306

    Weinert, F. E. (1997). Notwendige Methodenvielfalt: Unterschiedliche Lernfähigkeiten der Schüler erfordern variable Unterrichtsmethoden des Lehrers. Friedrich-Jahresheft: Lernmethoden – Lehrmethoden – Wege zur Selbständigkeit, 50–52.