RV14/ Abschlussreflexion

1. Benennen Sie die für Sie zentralsten theoretischen Erkenntnisse, die Sie aus den Vorträgen der Ringvorlesung für sich mitgenommen haben. Nehmen Sie dabei konkret Bezug auf a.) fachdidaktische Aspekte, indem Sie Erkenntnisse auf die Didaktiken ihrer eigenen beiden Fächer beziehen und b.) zwei generelle erziehungswissenschaftliche Erkenntnisse zu Schule und Unterricht mit Bezug zu den relevanten Quellen benennen.

Zurückblickend auf das vergangene Semester und implizit auf die Ringvorlesung, habe ich vor allem mitgenommen, dass alle SuS unterschiedlich sind und es daher die größte Herausforderung für den Lehrenden ist einen Unterricht zu ermöglichen, welcher so offen gestaltet ist, dass sich die unterschiedlichsten SuS auf ihre eigene Art und Weise mit der Thematik im Unterricht auseinandersetzen können. Damit eine solche Umsetzung gelingen kann, sollte der/die Lehrer*in als Lernhilfe gesehen werden, da die didaktische Konstruktion des Unterrichts aus dem Zusammenspiel zwischen Thematik, Schüler*in und der Lehrperson erwachsen kann (vgl. Reinfried et al. 2009). Der/Die Lehrer*in sollte also eine Lernhilfe und nicht eine alles bestimmende Autoritätsperson darstellen, um einen heterogenen Unterricht zu ermöglichen. Hierbei ist es wichtig zu bedenken, wie vielschichtig der Begriff der Heterogenität aufgefasst wird und wie vielfältig er verwendet wird.

Bezogen auf meine beiden Fächer der Biologie und Kunst, scheinen für mich die Präkonzepte der SuS von großer Bedeutung zu sein. In der Biologie werden Schüler*innen stetig auf neue Sachverhältnisse und Modelle treffen bei denen sie bestimmte Vorstellungen haben, welche nicht immer als richtig gelten. Es ist sehr wichtig diese Schülerinnenvorstellungen nicht als negativ zu sehen, sondern als Möglichkeit, welche zum einen das interaktive Lernen und zum anderen einen vielseitig gestalteten Unterricht fördern können. Zudem ist mir klar geworden, dass der/die Lehrende mit einer Vielzahl von widersprüchlichen Handlungs- und Denkmustern konfrontiert ist, welche von Werner Helsper als Antinomien bezeichnet werden (vgl. Helsper 2016). Als Lehrer*in befindet man sich also in einem permanenten Spannungsfeld, dessen verschiedene Pole meiner Meinung nach nicht vernachlässigt, sondern mit der Zeit erkannt und als Schlüsselelement für die Ausübung des späteren Berufes verstanden werden.

2. Welche Faktoren zum schulischen Umgang mit Heterogenität (z.B. Unterrichtsformen, Schulformen, schulstrukturelle Fragen, schulkulturelle Aspekte), die Sie in der Vorlesung kennengelernt haben, prägen in Ihrer Wahrnehmung aus eigenen Praxiserfahrungen (eigene Schulzeit, Praktika, Berichte aus der Praxis) den Schulalltag besonders stark – und warum? An welcher Stelle könnten Sie einzelne der unter 1 genannten Erkenntnisse zur Erklärung heranziehen?

Da ich mich bei dieser Aufgabe auf meine eigenen Erfahrungen beziehe, halte ich es für wichtig, trotzt der klaren Aufgabenstellung, darauf hinzuweisen, dass meine Erfahrungen sich fundamental von denen jedes Anderen unterscheiden, auch wenn empirisch bestimmte Zusammenhänge erkannt und ermittelt werden können.

Meine Schulzeit, vor allem die Grundschule, unterlag einer homogenen Struktur, welche mir keine Möglichkeiten zur eigenen Inkludierung in den Unterricht bot. Ich empfand die Schule damit in ihrer Gesamtheit als fremde Struktur, welcher es lediglich gelang, einen Bezug zu meinem Alltag durch meine Eltern zu erzwingen. Trotz der homogenen Struktur der Unterrichts- und Schulform, bearbeitete ich Aufgaben häufig auf meine eigene Art und Weise, welche sich zum Teil aus Humor, Satire, Ironie und Kritik zusammensetzte. Es ist schade, dass diese Vorgehensweise von meinen Lehrer*innen über die Jahre nur sehr selten verstanden, geschweige denn akzeptiert wurde. Zurückblickend denke ich, dass diese Inakzeptanz meiner eigenen Entwicklung schadete und mich daher auf Methoden zurückgreifen ließ, welche mir fremd waren und keinen Bezug zu meinem Alltag herstellen konnten.

Nach meinem Abitur machte ich ein freiwilliges Jahr im Bereich der Umweltpädagogik und leitete einige Natur AG`s an unterschiedlichen Schulen. Innerhalb dieses Jahres gestaltete ich also meinem Empfinden nach eine Unterrichtsstruktur, welche recht Roh war, jedoch inkludierende und heterogene Aspekte beinhaltet. Rückblickend auf Aufgabe 1 denke ich, dass das Schlüsselelement für einen inkludierenden und heterogenen Unterricht der Bezug und die Akzeptanz zu dem Alltag der Schüler*innen und der SuS selbst ist. Ein offen gestalteter Unterricht, welcher nicht innerhalb festgefahrenen Strukturen existiert, bietet die Möglichkeit aus dem situativen Zusammenspiel von Schüler*innen, Lehrer*innen und theoretischem Wissen, durch die Interaktionen zwischen einander und dem Verfolgen eigener Interessen eine Unterrichtsform entstehen zu lassen, welche meiner Empfindung nach inkludierend und heterogen ist.

3. Zu welchen zwei erziehungswissenschaftlichen Fragestellungen, die Sie in der Vorlesung kennengelernt haben, würden Sie gerne mehr erfahren im weiteren Studium im Bezug auf das Modulthema UMHET. Bitte begründen Sie Ihre Wahl?

Ich stelle mir selbst weiterführende Fragen, welche nicht direkt in der Vorlesung besprochen wurden, welche ich jedoch durch die Vorlesung kennengelernt habe.

Mich interessiert vor allem der Kontrast zwischen der Idee eines Unterrichts, welcher heterogen und individuenbedingt entsteht und der „Richtigkeit“ dieser Idee selbst.

Um diesen Sachverhalt zu präzisieren, erläutere ich wie folgt:

Zum einen wird gelehrt, dass es nicht die eine richtige Vorgehensweise zum Gestalten von „gutem“ Unterricht gibt, andererseits werden als richtig erachtete Prinzipien und Kompetenzen exemplarisch in einer Art und Weise vorgestellt, welche einem Plan zur richtigen Unterrichtsgestaltung verblüffend ähnelt. Ich denke, dass eine solche Vorgehensweise ohne eine genaue Klarstellung für Verwirrung sorgt, was für mich dadurch bestätigt wird, dass viele Studierende innerhalb dieser Aufgabe, nach einem beispielsweise richtigen inkludierendem Vorgehen für die Unterrichtsgestaltung fragen.

Aus diesem Sachverhalt heraus Frage ich mich zudem, welche Rolle die theoretische Auseinandersetzung in Bezug zum praktischen Erfahren besitzt. Es wirkt für mich, als ob theoretische Erkenntnisse oft fern von der eigenen Erfahrungen liegen und daher während dem Versuch der praktischen Umsetzung dieser theoretischen Ansätze ein festgefahrener Unterricht entsteht, welchen es ja eigentlich zu vermeiden gilt.

Zusammengefasst stelle ich mir also folgende Fragen:

    • Sorgt eine theoretische Auseinandersetzung mit „richtigen“ Handlungsweisen, neben dem Erlangen von Fachkompetenzen für eine problembehaftete praktische Umsetzung, da der Sachverhalt in welchem sie stattfindet immer unterschiedlich ist?
    • Handelt es sich bei den sogenannten Kompetenzen eines Lehrers nicht auch um gewisse Formen von Handlungsanweisungen?
    • Wie kann den Studierenden gezeigt werden, dass die Praxis durch praktische Erfahrungen und nicht durch ausschließlich theoretische Ansätze geformt werden sollte?

4. Welche in den Vorlesungseinheiten von BAUMHET thematisierten Problematiken/Aspekte sehen Sie für sich persönlich als besondere Herausforderung? Wie könnten Sie sich, im Uni-Kontext oder auch darüber hinaus, auf diese Herausforderungen vorbereiten?

Ich denke, dass für mich die größten Herausforderungen solche sein werden, welche sich durch den Kontrast von heterogenem Unterricht und homogenen Schulsystem ergeben. So wäre z. B. Das Bewerten von Aufgaben eine Herausforderung, wenn laut Schulsystem lediglich die Ergebnisse gewertet werden sollen. Im Uni Kontext kann ich mich theoretisch mit diesen Problemen auseinandersetzen und diese vor allem während des Praktikums Erfahren. Ich denke, dass sich die wirklichen Probleme und Herausforderungen dann ergeben werden, wenn diese auch praktisch auftreten. Also sehe ich neben den Herausforderungen, welche ich in der Struktur des Bildungssystems erkennen kann, keine weiteren Herausforderungen welche ich derzeit als Problem deklarieren würde. Abschließend denke ich, dass alle Handlungen welche zum ersten Mal getätigt werden eine Herausforderung sind und man daher das Lehrersein aus der Sicht des Studierenden als Herausforderung sehen kann, welche sich in viele Teilherausforderungen gliedert und ohne das Erlernen von Kompetenzen für den Umgang mit diesen, als kaum überwindbar zu sein scheint.

 

Quellen:

  • Reinfried, Sibylle; Mathis, Christian; Kattmann, Ulrich (2009): „Das Modell der Didaktischen Rekonstruktion. Eine innovative Methode zurfachdidaktischen Erforschung und Entwicklung von Unterricht“, In: Beiträge zurLehrerinnen- und Lehrerbildung 27 (2009) 3, S. 404-414 (http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:0111-pedocs-137107)
  • Helsper, Werner (2016): „Lehrerprofessionalität – der strukturtheoretische Ansatz“, In: Beruf Lehrer/Lehrerin. Ein Studienbuch. Rothland, (Hrsg.): Martin, Münster; New York: Waxmann (2016) S. 103-125

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