1. Diskutieren Sie die Relevanz der Arbeitshypothese der „doppelten Heterogenität“ für eines Ihrer Fächer und stellen Sie dies anhand einen konkreten Unterrichtsinhaltes dar. Eine graphische Darstellung der Hypothese finden Sie in den Vorlesungsfolien.
Unter der „doppelten Heterogenität“ versteht man die Abweichung von Schüler*Innenvorstellungen über fachliche Begrifflichkeiten zur eigentlichen, fachspezifischen Bedeutung. Diese Begriffe werden auch als unstrukturiert bezeichnet, da sie den SuS zwar nicht gänzlich unbekannt sind aber durch unterschiedliche Einflüsse in ihren Beschreibungen variieren. Im Fach Geschichte ist die Arbeit mit diesen Begriffen ein essentieller Bestandteil des Unterrichts. Darüber hinaus können die Begriffsbedeutungen je nach betrachtetem Kontext (Region, Epoche, etc.) stark von einander abweichen.
Die in der Vorlesung behandelten Begriffe der Herrschaft oder Demokratie sind auch in den Geschichtswissenschaften von großer Bedeutung, die in verschiedenen Epochen Verwendung finden. Aber eine Grundvoraussetzung für Geschichtsverständnis ist auch das Verstehen des Epochen-Begriffs. Darauf aufbauend sind dann widerum die einzelnen Epochen wie Antike, Mittelalter und Frühe Neuzeit zu verstehen. Es ist keineswegs selbstverständlich, dass SuS Epochen als eine Eingrenzung der Wissenschaft, die keineswegs natürlich ist, verstehen. Dazu gehört auch, dass die Zäsuren am Anfang und Ende jeder Epoche, zwar oftmals Schlüsselereignissen entsprechen aber es niemals nur ein einziges Ende oder einen einzigen Anfang gibt, sondern immer einer Vielzahl an Ereignissen solch eine Bedeutung beigemessen wird. Aber auch das widerum ist differenziert zu betrachten, da einschneidene Prozesse niemals von heute auf morgen stattfinden. Ebenso wenig war den historischen Akteuren bewusst, dass sie plötzlich in einer neuen Epoche leben, da diese Einteilungen durch die moderne Wissenschaft getroffen wurden. Es ist sogar möglich, dass die Bedeutung eines Ereignisses, welches als Zäsur bestimmt wurde, sich erst im Nachhinein zeigte und den wenigsten historischen Akteuren (wenn überhaupt) bewusst war. Im Hinblick auf die Heterogenität in Lerngruppen ist auch besonders zu beachten, dass Epocheneinteilungen auch immer eurozentristisch sind, was bei einigen SuS, die nicht in Deutschland oder in Europa aufgewachsen sind, zu zusätzlichen Verständnisschwierigkeiten führen kann. Es wird also ersichtlich, dass ein Begriff nicht nur für sich selber steht, sondern auch immer mit vielen anderen Vorstellungen und auch weiteren Begriffen vernetzt ist.
2. Skizzieren Sie unter Bezugnahme auf einen konkreten Unterrichtsinhalt drei methodische Varianten zur unterrichtspraktischen „Erhebung“ von Schüler*Innenvorstellungen.
Beim Einstieg in eine neue Epoche wäre es ratsam die Assoziationen der SuS mit der bestimmten Epoche zu sammeln. Das kann in Form eines lehrkraftgeleiteten Unterrichtsgesprächs erfolgen, bei dem die SuS nacheinander durch Wortmeldungen Begriffe nennen, die an der Tafel oder auf einer Folie gesammelt werden. Alternativ können die SuS ihre Ideen selber an die Tafel bringen, was den Zeitaufwand mitunter leicht verringern würde.
Wenn es der Zeitplan und die Ressourcen erlauben, wäre es auch möglich den SuS eine Sammlung an Assoziationen als Hausaufgabe zu überlassen, die entweder kurz vor (einen Tag Minimum) der Unterrichtseinheit der Lehrkraft elektronisch zu schicken ist, was der Lehrkraft erlaubt, die Einsendungen zur kommenden Unterrichtseinheit zu sammeln, aufzuarbeiten und zu präsentieren. Alternativ kann die individuelle Sammlung an Begriffen auch schriftlich erfolgen und dem Lehrkraft abgegeben werden, welche diese dann zur nächsten Unterrichtseinheit zusammenfässt und den Schülern präsentiert.
Darauf aufbauend wäre es denkbar, den Schülern in Kleingruppen von 2 bis 3 Personen, die Bildung einer Definition für diese bestimmte Epoche zu überlassen, welche anschließend in der Lerngruppe gesammelt und reflektiert werden.
Außerdem halte ich insbesondere für die Sekundarstufe II eine offene, lehrkraftgelenkte Diskussion der Lerngruppe über die Definition einer bestimmten Epoche für denkbar. Aber es ist durchaus zu bedenken, dass solch eine Diskussion nicht in jeder Lerngruppe zum gewünschten, kritischen Austausch unter den SuS führt und daher eine gewisse Kenntnis über die Lerngruppe vorhanden sein muss.
3. Formulieren Sie eine Beobachtungsaufgabe in Bezug auf unterschiedliche Sprachwirklichkeiten von SchülerInnen und Lehrer.
Welche Begriffe werden im Unterricht besprochen?
Wie behandelt die Lehrkraft unstrukturierte Begriffe?
Inwieweit unterscheiden sich Schüler*Innenvorstellungen von fachspezifischen Definitionen?