RV02 – Prof. Dr. Yasemin Karakaşoglu: (Welt-)Gesellschaftliche Veränderungen, Migration und die Reaktion von Schule – ein Blick auf schulpolitische Hintergründe, Strukturen und Konzepte
1. Was ist gemeint mit einer ’nationalen Orientierung des Bildungssystems‘?
Woran kann das festgemacht werden im Hinblick auf seine Zielgruppen,
Inhalte/Fächer, Strukturen? (denken Sie hier auch an ihre eigenen Erfahrungen
aus der Schulzeit zurück)
2. Was nehmen Sie aus dem öffentlichen Diskurs über ‚Migration als
Herausforderung für die Schule‘ und über sog. ‚Schüler mit
Migrationshintergrund‘ als Informationen wahr und welche (neuen?)
Perspektiven hat die Vorlesung dazu für Sie eröffnet?
3. Inwiefern kann das folgende Beispiel (siehe unten) von Betül
(Interviewausschnitt aus einer qualitativen Studie von Martina Weber) als
Ausdruck von ‚DoingCulture‘ durch Lehrer*innenhandeln im Unterricht
herangezogen werden? Erinnern Sie sich aus ihrer eigenen Schulzeit an ein
Beispiel für ‚DoingCulture‘ im Lehrer*innenhandeln?
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Doing Culture – Ein Fallbeispiel:
Schülerin Birgül über die Reaktion ihrer Deutschlehrerin bei der Rückgabe einer Klausur
zu Shakespeares „Romeo und Julia“:
n „B: Zumindest war sie dann sehr verärgert darüber, dass wir ausländischen Mädchen
aus der Klasse nichts darüber geschrieben haben, dass es ja in unseren Ländern
immer noch Probleme damit gibt, dass sich ein Mädchen selber ihren Freund
aussuchen kann, und bei Romeo und Julia hätten ja die Eltern nicht erlaubt, dass sie
miteinander verheiratet werden oder heiraten. Also dass sie das nicht versteht, dass
wir nicht von uns erzählt haben und sie ein bisschen beim Lesen der Arbeit sich in
dem Sinne verarscht gefühlt hat. Sie hat es nicht wortwörtlich genannt, aber so in
dem Sinne hat sie was gesagt, also so als ob wir sie angelogen hätten. Und ja, das
zeugt doch davon, was für eine Meinung sie von uns hat. Ich habe dann gesagt, wie
sie denn darauf kommt, dass ich ein Gedankengut mit mir führen muss, das dem
Türkischen entspricht, nur weil ich Türkin bin. Ich bin hier aufgewachsen und kann
gar nicht anders als europäisch zu denken, ich denke bestimmt nicht deutsch und
nicht türkisch, ich denke einfach europäisch. Und ich denke, dass es bei den anderen
genau so ist, und ich verstehe nicht, wieso sie auf diesen Gedanken kommt, dass ich
automatisch so denken muss, wie viele in der Türkei. Und ich muss dann auch noch
dazu ehrlich sagen, habe ich gesagt, ich weiß es gar nicht, wie die denken,
wahrscheinlich würden sie sich tot darüber lachen, was für eine Meinung Sie über sie
haben.“ (aus: Weber, Martina (2003): Heterogenität im Schulalltag. Konstruktion ethnischer und
geschlechtlicher Unterschiede, Waxmann-Verlag, Münster, S.191)