Kategorien
Allgemein

Über jüdisches Leben reden – (k)ein Tabu? Zum Umgang mit Antisemitismus in Bildungsinstitutionen

  • Welche Berührungspunkte hatten Sie bereits mit dem Thema Antisemitismus? Beschreiben Sie für Sie wichtig erscheinende Situationen und wie Sie diese vor dem Hintergrund dieser Vorlesung bewerten würden.

Ich habe eigentlich sehr wenig Erfahrungen mit dem Thema Antisemitismus gehabt und habe es nur während der Fächer Geschichte oder Religion im Unterricht behandelt. 

Allerdings komme ich aus Frankreich und ich glaube, dass das Thema Antisemitismus dort leicht anders beigebracht wird. Sehr oft wird beispielsweise die Dreyfus-Affäre (1894-1906) behandelt : ein jüdischer Militärangehörige wurde wegen Spionage angeklagt und sehr schwer bestraft. Die Justiz und die Militärinstitutionen waren sehr streng, auch wenn die Beweise eigentlich seine Unschuld bewiesen. Diese Affäre hat Frankreich in zwei geteilt und hat ihre Spuren in der französischen Geschichte hinterlassen. Ich finde es wichtig, dass man solche Ungerechtigkeit, die auf Antisemitismus basiert, im Unterricht thematisiert. Aber es ist vielleicht nicht genug und diese Affäre ist ausreichend aktuel. Mehrere Male habe ich Ausdrücke gehört, die beleidigend für jüdische Personen waren. Ich habe selber auch diese Ausdrücke benutzt, ohne zu verstehen, was dahinter stand. Für mich ist es wichtig zu betonen, dass unsere Vokabeln, die Wörter oder Ausdrücke, die wir korrekterweise nutzen müssen, auch thematisiert werden, und das ein Bewusstsein dafür entwickeln wird, wo sich überall Diskriminierung verbirgt. 

 

  • Welche Fragen haben sich für Sie durch den Vortrag ergeben? In welchen Bereichen fühlen Sie sich noch unzureichend informiert oder vorbereitet, um sich mit Antisemitismus in der Schule als Lehrkraft zu befassen?

 

Viele von meine Fragen wurden schon beantwortet, aber natürlich frage ich mich, wie es sein kann, dass Leute noch solche Gedanken haben. Dieser Vortrag über Antisemitismus und die aktuelle Situation in Bezug auf Rassismus in vielen Länder wie den Vereinigten Staaten oder in meinem Heimatland Frankreich motivieren mich, zu versuchen, zuerst mich zu verbessern und dann meine zukünftigen SuS zu sensibilisieren. Lehrerin zu werden ist für mich mehr als nur ein Fach zu unterrichten, ich habe auch Lust, Werte wie Gerechtigkeit, Toleranz und Respekt zu vermitteln. 

Ich fühle mich gut informiert aber ich glaube, dass man sich ständig informieren muss. Zum Beispiel lese ich gerne was BürgerrechtsaktivistInnen zu Menschenrechten, gegen Rassismus, gegen Antisemitismus, gegen Sexismus, usw. schreiben.

 

  • Beschäftigen Sie sich mit folgendem Szenario: Ein Elternteil spricht Sie persönlich als Lehrkraft darauf an, dass ein Schüler Ihrer Klasse von verbalen antisemitischen Übergriffen betroffen war. Überlegen Sie, wie ein konstruktiver Umgang mit dieser Situation aussehen könnte.

 

Erstmal würde ich die betroffenen Kinder und ihre Eltern zu einem Treffen einladen, bei dem man über das Thema in Ruhe reden kann. Danach würde ich Aktivitäten in der Klasse zu dem Thema organisieren, wie zum Beispiel : ein offenes Gespräch, einen Film über das Thema gucken mit anschließender Debatte, Passagen aus einem Buch lesen (wie “Das Tagebuch der Anne Frank” oder “Damals war es Friedrich” zum Beispiel). Ich würde es  auch relevant finden, wenn eine Veranstaltung zum Thema Toleranz und Respekt organisieren werden würde. 

Es wäre auch schön, dass die SuS nach Bekanntgabe des Themas selber dazu recherchieren können und anschließend von Lehrkräften dabei gefördert werden, selber Inhalte vorzustellen. Sie könnten dann selber beispielsweise Bücher vorstellen, einen Buchklub organisieren oder ein Theaterstück schreiben und aufführen.

Kategorien
Allgemein

Heterogenität und Inklusion im Deutschunterricht

1. Greiner (2019) formuliert verschiedene Dilemmata, die mit der Forderung nach Inklusion an den Schulen verbunden sind. Nehmen Sie zu dreien Ihrer Wahl Stellung.

Schule ist eine Begegnungsstätte wo jede/r seinen oder ihren Platz finden soll. Es ist daher für mich klar, dass Inklusion sehr wichtig ist, aber sie bringt auch viele Fragen und Herausforderungen mit sich. 

Das Kategorisierungsdilemma ist eines der Dilemmata, das mich vor die meisten Fragen stellt hinsichtlich des pädagogischen Vorgehens als Lehrerin. Es ist maßgeblich, dass man die Entwicklung und die Fähigkeiten von jedem SuS berücksichtigt und diese für die Optimierung des Lernens richtig einschätzt. Allerdings darf die Evaluation der Kompetenzen und Fähigkeiten der SuS nicht dazu führen, dass die SuS in starre Kategorien eingeteilt werden. Meiner Meinung nach ist es unerlässlich im Klassenraum ein Arbeitsklima zu erzeugen, in dem alle einen Platz haben und sich gleich behandelt fühlen. Um zu vermeiden, dass Kategorisierung ein Problem wird, kann man Zusammenarbeit und gegenseitige Hilfe begünstigen. Diese erscheinen mir die interessantesten Methoden. Ich glaube, dass SuS viel voneinander lernen können und, dass ein kollaborativer Ansatz, wo jede/r sein oder ihre Hilfe einbringen kann, das Kategorisierungsproblem wirklich verringern kann. 

Dies bringt uns jedoch zu einem anderen Dilemma. Die Differenzen der SuS im Blick zu haben, kann auch bedeuten diese Differenzen hervozuheben und zu verstärken. Dies kann zu Beschämungs- und Abwertungserfahrungen für manche SuS führen. Ich denke, dass die Quelle dieses Problems sich tatsächlich teilweise im Bewertungs- und Benotungsprozess befindet. Diese Prozesse sind, auch wenn es nicht ihr Zweck ist, ein Mittel für die SuS, sich zu vergleichen, was einen Wettstreit auslösen kann. Ich bin der Meinung, dass man lieber die Fortschritte bewerten sollte, statt die Arbeit für eine besondere Aufgabe zu evaluieren. Ich glaube, dass dann die Differenzen weniger sichtbar würden. 

Eine andere wichtige Herausforderung nach Greiner, die ich persönlich besonders interessant finde, ist das Individualförderung-statt-Unterricht-Dilemma.Tatsächlich kann es, wenn man sich viel Mühe gibt, sich an die individuellen Bedürfnisse der SuS anzupassen, dazu führen, dass die Klassendynamik darunter leidet. Man muss aufpassen, individuelle SuS gegenüber der gesamten Klasse nicht übermäßig zu fördern, darf aber individuelle Bedürfnisse die SuS gleichzeitig nicht vernachlässigen. Vielleicht wäre es daher interessant für die Lehrkräfte, jeweils Momente zu organisieren, die der Individualförderung und der Förderung der Gruppe die gleiche Aufmerksamkeit zuteil werden lassen. 

2. Die Vermittlung und Reflexion der deutschen Sprache ist nicht nur Aufgabe des Deutschunterrichts, sondern fächerübergreifendes Unterrichtsprinzip. Wo sehen Sie in Ihrem (ggf. zweiten) Fach Möglichkeiten, um

  • Vielsprachigkeit als Ressource zu nutzen,

Ich studiere, um Lehrerin für die Fremdsprachen Englisch und Französisch zu werden. Französisch ist meine Muttersprache und ich spreche noch drei weitere Sprachen, von denen ich zwei täglich nutze. Meine Meinung nach ist dies eine Gewinn sowohl für sich selbst als auch für die Klasse. 

Zuallererst ist es eine tolle Ressource um andere Sprachen besser zu verstehen. Ich nutze im Unterricht zum Beispiel gerne Wörter, die in der Unterrichtsprache und den Sprachen der SuS ähnlich sind. So habe ich mit einer Klasse beobachtet, dass es in der türkischen, polnischen, deutschen, englischen, spanischen Sprache Wörter gibt, die gleich oder sehr ähnlich sind, wie “taxi”, “bus”, “pizza”, “ananas”, usw.  

Ich interessiere mich für Etymologie und Geschichte, und ich mag es, über den Ursprung von Ausdrücken und Wörtern der Sprache, die ich unterrichte, zu diskutieren. Zum Beispiel finde ich die Entstehung des Croissant sehr interessant der in Wien während einer türkischen Belagerung zum ersten Mal gebacken wurde und eigentlich den Mond auf der türkische Flagge repräsentiert. 

Es ist auch eine tolle Ressource um interkulturelle Theme zu bearbeiten und interkulturelle Kompetenzen zu entwickeln, die im Gemeinsamen europäischen Referenzrahmen für Sprachen beschrieben sind. Ich denke, dass Vielsprachigkeit einen tollen Weg zur interkulturellen Teilhabe darstellt und deswegen ein wichtigen Platz im Klassenraum hat. 

  • gendersensibel Unterrichtsgegenstände auszuwählen und Aufgaben zu konstruieren. (ACHTUNG! Ein * genügt dafür nicht!)

Ich finde die Genderfragen unglaublich interessant und ich interessiere mich sehr für die Konstrukte und soziale Ungerechtigkeiten, die in unsere Gesellschaften erscheinen. Für mich ist es sehr wichtig, mich auch pädagogisch mit diesen Fragen zu beschäftigen. Man kann vielleicht die Alltagsthematiken durch die Linse der Gender Studies betrachten, z.B. die Problematiken von Jugendlichen wie Mobbing, differenzierte Erziehung, Toleranz, die verschiedenen Identitäten und/oder Orientierungen, usw. 

Ich glaube, dass Medien wie Filme, Kurzfilme, Comics, Romans sehr ergiebige Ressourcen sind. Selber habe ich zum Beispiel zwei Comics von einer französische Autorin, die über bemerkenswerte Frauen geschrieben hat. Es wäre ein guter Anfang, um über Frauenschicksale, Hindernisse und Probleme, auf die sie gestoßen sind wie Rassismus, Homophobia, Transphobia, Intoleranz, Gewalt oder Misogynie, zu sprechen.

Jedoch muss man sich diesem Thema mit Vorsicht nähern. Es geht hier nicht darum, die Privatsphäre zu betreten, sondern über die Problematiken zu reden, ohne dass es für die SuS intrusiv ist.