Hej (gesprochen “Hai”, in Dänemark eigentlich immer zur Begrüßung geeignet) an alle, die sich für die Zeilen meines ersten Berichts zum Praktikum bei der Childhood Cancer Research Group in Kopenhagen interessieren. Dieses Wochenende sind es genau acht Wochen, die ich von meinen 6 Monaten bereits hier verbracht habe. Und nun finde ich auch endlich Zeit, meine Eindrücke und Erfahrungen zu teilen. Soviel vorweg: es ist unfassbar viel. Das Schöne: gefühlt 99% davon sind positiv. Natürlich läuft nicht immer alles perfekt. Die Frage ist, wie sehr man sich davon runterziehen lässt oder eben nicht. Ich habe eine gewisse Zeit überlegt, womit ich anfange. Wichtig vor Freizeit- und Alltagstipps oder meinen ganzen anderen Erlebnissen ist vielleicht erst einmal der Grund, warum ich hier bin:

Ich studiere aktuell im 5. Fachsemester an der Universität Bremen das Studienfach Public Health/Gesundheitswissenschaften im Bachelor. Zum Studium dazu gehört auch ein (Auslands-)Praktikum oder ein Auslandssemester. Ich habe mich schon früh – im 3. Semester – für ein Auslandspraktikum entschieden. Da wusste ich allerdings noch nicht, was es wird. Wichtig war mir, die Möglichkeit zu haben, mein Englisch zu verbessern, Erfahrungen in einem Berufsfeld zu sammeln, in dem ich mir nach dem Studium vorstellen kann, zu arbeiten und dass dieses Praktikum nicht am anderen Ende der Welt sein muss. Im Rahmen von einem General Studies-Seminar habe ich das Modul “Cancer Research for Prevention” belegt. Hier wurden unter anderem auch Stand der Krebsforschung und Entwicklungen der weltweiten Krebserkrankungen bei Kindern behandelt. Mit den dazugehörigen Hintergrundinformationen, wo unsere Dozentin arbeitet – nämlich bei der Childhood Cancer Research Group – habe ich mich persönlich informiert und so auch in Erfahrung gebracht, dass ein Praktikum möglich ist. Allerdings wird dieses Praktikum nicht vergütet (Das ist in Dänemark üblich. Aber wichtig zu wissen, denn Dänemark ist nicht günstig!). Nach den für ein Praktikum im Vorfeld üblichen zu klärenden Dingen stand somit Ende Januar 2019 bereits fest, dass ich für sechs Monate nach Kopenhagen gehe.

In den Folgemonaten hatte ich so genug Zeit, mich um alle Dinge zu kümmern, die so anfallen:

Einen internationalen Studentenausweis beantragen (wenn man in den Genuss einiger Rabatte kommen möchte; der Ausweis ist 1 Jahr gültig und kostet, Stand Februar 2019, 15 Euro; einfach mit Passfoto zum AStA gehen), Dokumente für AuslandsBaföG einreichen (längere Bearbeitungszeit und nur semi-erfolgreich), eine Förderung über ERASMUS+ beantragen (sehr empfehlenswert und ohne diese finanzielle Unterstützung wäre mein Praktikum wohl nicht möglich), sich langsam schon etwas mit der Sprache und dem erhöhten Preisniveau vertraut machen, wenn möglich, trotz finanzieller Förderung privat Geld zur Seite legen und anfangen, nach einem Zimmer zu suchen! Eine meiner größten Challenges der letzten Jahre. Hier gilt die wichtige persönliche Einstellung, nicht zu verzweifeln. Nach ständigen Hochs und Tiefs über Wochen hatte ich am 29.08 ein erfolgreiches Skype-Interview und bin am 31.08 in dieses Zimmer eingezogen. Und ich habe im Vorfeld so einiges probiert. Ich habe meine ArbeitskollegInnen dafür sensibilisiert, Augen und Ohren offen zu halten, ich habe über die Bremer Uni Kontakte nach Kopenhagen hergestellt, ich habe mich bei kostenpflichtigen Wohnungssucheportalen und neu bei Facebook angemeldet, um hier sämtlichen Gruppen beizutreten, in denen freie Zimmer oder Wohnungen eingestellt/geteilt werden. Ich rate jedem, dass zumindest so ähnlich zu tun und alle Register zu ziehen, die irgendwie möglich sind. Diese offensichtliche Wohnungsnot treibt natürlich auch die Preise nach oben. Wenn man nicht außerhalb wohnen und/oder 30-60 Minuten bis in die Stadt oder zu seinem Arbeitsplatz pendeln will, muss man mit stolzen Preisen rechnen. Ich zahle nun für ein Zimmer über 700 Euro (5500 DKK) im Monat, allerdings all inkl. Dafür fühle ich mich in dieser Altbauwohnung im Norden Kopenhagens, nur 3,5 km von meiner Praktikumsstelle entfernt und mit meinen beiden MitbewohnerInnen (ein Kanadier und eine Dänin) sehr wohl. Der erste Arbeitstag konnte also kommen…

Die Danish Cancer Society hat ihren Hauptsitz auch hier in der dänischen Hauptstadt. Sie besteht seit 1928 und finanziert sich zu etwa 80% aus Spenden. Diese werden unter anderem in dieser Woche wieder durch große Spendenveranstaltungen im dänischen TV gesammelt. Über 60% der auch durch viele Privatpersonen gespendeten Gelder werden für Forschungszwecke verwendet. Die Danish Cancer Society ist beim Thema Krebs in den Bereichen Forschung, Prävention und Patientensupport tätig. Ziele sind, die Zahl der Menschen, die an Krebs erkranken und diese Erkrankung überleben, zu steigern. Außerdem sollen durch die Arbeit Neuerkrankungsraten gesenkt werden und erkrankte Patienten von einer möglichst guten Behandlung profitieren. Weiter soll das Leben und der Alltag mit einer diagnostizierten Krebserkrankung verbessert werden. Zum großen Tätigkeitsbereich der Forschung, dem Research Center, gehört auch die Childhood Cancer Research Group mit etwa 13 MitarbeiterInnen. Hier bin ich seit dem 2. September 2019 ein Teil des Teams. An meinem ersten Arbeitstag wurde ich von meinen beiden Hauptansprechpartnerinnen während des gesamten Praktikums am Empfang abgeholt. In der Abteilung erwartete mich ein derart herzlicher Empfang, wie ich es nicht erwartet hätte. Das Büro, welches ich mir mit einem Kollegen teile, war unter anderem mit dänischen und deutschen Flaggen geschmückt (wird auch an Geburtstagen gemacht). Außerdem stand nach der Vorstellung bei der Gruppe ein gemeinsames Frühstück an, um in lockerer Atmosphäre die ersten Worte auszutauschen. Dies hat mein Ankommen absolut positiv verlaufen lassen und die erste Aufregung schnell verfliegen lassen. Die Kommunikation verläuft auf Englisch, auch im Arbeitsalltag ist Englisch absolut ausreichend.  Dennoch habe ich den Ehrgeiz, zumindest soviel Dänisch zu lernen, dass ich mich bei den wichtigsten Angelegenheiten im Alltag verständigen kann. Nach dem Frühstück habe ich eine Einführung in die wichtigsten und ersten Arbeitsschritte erhalten und andere Abteilungen in einem Rundgang kennengelernt. Meine Einarbeitung verlief von der Bereitstellung eines Laptops und den Zugängen zu Intranet, Postfach etc. bis hin zum ersten Kennenlernen meiner Arbeitsschwerpunkte sehr organisiert. Zusätzlich durfte ich mich eigenständig mit dem facettenreichen Arbeitsalltag vertraut machen. Seit dem ersten Arbeitstag habe ich viele Freiräume (für jemanden aus Deutschland, der vor seinem Studium schon ein paar Jahre berufstätig war, sehr ungewohnt aber eine positive und arbeitsmotivierende Erfahrung). Beginnend bei den Arbeitszeiten, die je nach den anliegenden Arbeiten und solange das Outcome stimmt, flexibel gestaltet werden können. Auch Home Office ist möglich, Mütter und Väter können ihr Kind mit zur Arbeit nehmen. Wie bereits erwähnt, hat man mir die Zeit gegeben, mich in meinem Tempo mit der neuen Umgebung und den Arbeitsfeldern in der Childhood Cancer Research Group vertraut zu machen. In der vierten Woche bin ich mit meinen ersten konkreten Aufgaben angefangen. Inzwischen arbeite ich an verschiedenen Literaturrecherchen für zukünftige Paper und Zeitschriftenartikel mit, unterstütze die Arbeit am SALLiCS-Projekt (The Socioeconomic Consequences in Adult Life after Childhood Cancer in Scandinavia, www.cancer.dk/saliccs/)  und führe Literaturrecherchen für meine auf das Praktikum aufbauende Bachelor-Arbeit durch.

Absolut bemerkenswert war und ist nach wie vor die Hilfsbereitschaft aller KollegInnen. Wenn es mal Tage gibt, an denen ich nichts Frage, werde ich gefragt, ob ich gut zurecht komme oder es Unklarheiten gibt – welcher Art auch immer. Genau so angetan bin ich davon, dass wir täglich als Gruppe zum Mittagessen gehen und dann fast immer über private Themen gesprochen wird. Die Arbeit ist dann also für 30-45 Minuten mal kein Thema. Außerdem sind die Gespräche an sich hervorzuheben. Ich habe in meinen ersten acht Wochen noch nicht einmal ein Handy bei jemandem in der Hand gesehen oder während des Essens klingeln gehört. Zum Thema Essen auch erwähnenswert finde ich folgendes: jeden Morgen stehen den MitarbeiterInnen kostenlos Körbe mit wechselndem Obst zur Verfügung. Wasser, Kaffee und Tee sind jeden Tag in unbegrenzter Menge kostenfrei, ein Mittagessen kann zu einem – für Kopenhagen – günstigen Preis  in der eigenen Kantine mit eigener Küche zu sich genommen werden. Hier gibt es jeden Tag frisch zubereitete Speisen. Zweimal in der Woche gibt es “Green Food”, vegetarisches oder veganes Essen, einen Tag Fisch. Montags und freitags werden wechselnde Angebote – auch mit Huhn, Rind oder Schwein – serviert. Dazu werden täglich frisch gebackenes Brot, geschnittenes Gemüse oder hin und wieder ein süßer Nachtisch gereicht. Bei den schon sehr teuren Lebensmittelpreisen ein mehr als geniales Angebot!

Für heute soll es das nun erst einmal gewesen sein. Natürlich habe ich auch zu diesen Themen in den nächsten Wochen noch Tipps und Informationen, die interessant und/oder hilfreich sein können:

Fortbewegung mit dem Rad und die Öffis, Freizeitveranstaltungen/Konzerte, Essen und Trinken, Kontakte/Freundschaften knüpfen, Lernen der Sprache, Genehmigung für Aufenthalt >3 Monate und Beantragen der sogenannten Yellow Card

Sollten sich irgendwelche Fragen ergeben, dürft ihr mich gerne kontaktieren!