1. Einleitung
Im Zuge meines Studiums der Sozialpolitik an der Universität Bremen, entschied ich mich dafür, ein Praktikum in der Vertretung der freien Hansestadt Bremen bei der Europäischen  Union zu absolvieren. Das geschah aus dem Wunsch heraus, neben der Aneignung von theoretischem Wissens, auch praxisbezogenes Wissen zu erlernen und beide Bereiche mit einander Verknüpfen zu können. Der Zeitraum des Praktikums lag zwischen dem 01.01.19 und dem 29.03.2019.

2. Bewerbung und Auswahl
Bei der Recherche für mögliche Praktikumsstellen, die im besten Falle einen Sozialpolitischen Bezug aufweisen, stieß ich nach kurzer Zeit auf die Ländervertretungen bei der Europäischen Union, die je nach ihrer Größe einen oder mehrere Referent*innen beschäftigen, die das sozialpolitische Feld bearbeiten. Kurzerhand bewarb ich mich bei der Bremer Landesvertretung mit einem Motivationsschreiben, Lebenslauf und der Pflichtpraktikumsbescheinigung und wurde darauffolgend zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen.  Man bot mir zwar die Möglichkeit, mich  per Skype oder Telefongespräch vorzustellen, dennoch ergriff ich gerne die Chance zu einer Reise nach Brüssel – nicht zuletzt, um meinen Willen dieses Praktikum zu absolvieren, zu untermauern. Circa eine Woche nach dem Vorstellungsgespräch, bekam ich die Zusage für das Praktikum.

Wie nun ersichtlich geworden sein sollte, ist der Bewerbungs- und Auswahlprozess recht übersichtlich und mit wenig Bürokratie verbunden. Die im Vorstellungsgespräch nochmal explizit erfragten Fähigkeiten für das Praktikum waren sehr gute Deutsch- und Englischkenntnisse in Wort und Schrift.

3. Rahmenbedingungen
Zunächst möchte ich auf die Rahmenbedingungen eingehen, die nun den einzig negativen Teil dieses Erfahrungsberichts ausmachen werden, zumindest punktuell. Das Praktikum ist leider nicht vergütet und meiner Meinung nach ohne das Erasmus Stipendium für „normale“ Student*innen nicht oder nur kaum zu finanzieren. Dies hängt vor Allem mit den exorbitanten Lebenshaltungskosten in Brüssel zusammen. Diese resultieren zum großen Teil aus der Miete und den Lebensmittelpreisen. Da Brüssel keine fahrradfreundliche Stadt ist (machbar, aber gefährlich), bietet sich ein Metroticket an. Dieses kostet 50 Euro im Monat. Generell ist in Brüssel aber auch einiges fussläufig erreichbar, gerade im „EU-Viertel“. Je nach Bedarf tut es sicherlich aber auch ein 10-ner Ticket.

Der Wohnungsmarkt in Brüssel ist ein sehr schwieriger. Die Mieten sind hoch und ich habe 495,- € für ein 12 qm Zimmer in einer 6-er WG bezahlt, welche in der Nähe des Gare Midi gelegen war. Mir wurde explizit davon abgeraten, mich zu früh auf die Wohnungssuche zu machen und schon gar keine Kaution fahrlässig an einen unbekannten Vermieter zu überweisen, da sich viele Betrüger*innen auf dem Brüsseler Wohnungsmarkt rumtreiben würden. Hier sollte man also mit äußerster Vorsicht vorgehen und bestenfalls erst nach Ankunft auf die Wohnungssuche gehen.

4. Landesvertretung und Tätigkeit
Die Bremer Landesvertretung liegt im „EU-Viertel“ und ist fussläufig von den Stationen „Malbeek“ und „Schuhman“ zu erreichen. Sie befindet sich in einem älteren Haus und wird vom „Hanse-Office“, der Vertretung der Länder Hamburg und Schleswig-Holstein, benachbart. Bei der Landesvertretung von Bremen handelt es sich um eine „Schlüsselstelle“ im Bereich der Einflussnahme des Bundeslandes Bremen im EU-Gesetzgebungsprozess. EU-Maßnahmen werden von der Vertretung bewertet und an den Bremer Senat und die Bürgerschaft übermittelt. Zusätzlich unterstützt die Landesvertretung die bremische Verwaltung bei der Bearbeitung von EU- Rechtsakten und begleitet diese bei der Umsetzung der Maßnahmen.

In der Landesvertretung arbeitete ich mit 10 Kolleg*innen, welche alle ihren eigenen Arbeitsbereich hatten, der entweder auf politische Felder oder aber Verwaltungsaufgaben zugeschnitten ist. Meine Aufgabe bestand darin, dem Referenten für Soziales, Kinder, Jugend und Frauen sowie der Referentin für Wirtschaft, Arbeit und Häfen zuzuarbeiten. Konkret bedeutete dies, dass ich die Referent*innen auf Veranstaltungen oder Arbeitskreise begleitete und dabei half, Vermerke, Berichte und Artikel zu verschriftlichen. Wirklich positiv fand ich, dass es mir freistand, jegliche politische Veranstaltung zu besuchen, die ich für interessant befand. Dabei lernte ich eine große Menge politischer Inhalte kennen, die nicht direktermaßen mit Sozialpolitik zu tun hatten. Aber auch in „meinem Metier“ gab es vieles spannendes zu erleben. Ich schrieb mehrere Artikel für die „EU-Informationen“, die sich unter Anderem mit der Europäischen Jugendstrategie, der EU-Migrationskrise und der Rundfunkgebühr befassten. Zudem war ich noch an Vermerken zur Europäischen Arbeitsbehörde und den Auswirkungen des „Brexit“ auf die Fortführung des Erasmus+ Programmes beteiligt, um hier nur einige Themen zu nennen. Das Praktikum bot mit zu dem, viele Institutionen kennenzulernen. So besuchte ich beispielsweise das NATO Hauptquartier, den Ausschuss der Regionen, das Europäische Parlament sowie den Europäischen Rat.

5. Allgemeine Bewertung
Das Praktikum in Brüssel hat mir sehr gut gefallen, da ich eine Menge fachliches Wissen erlangen konnte, welches man in der Theorie an der Uni nicht so schnell erlernen und erfassen kann. Zudem möchte ich hier das sehr starke und immer hilfsbereite Kollegium der Landesvertretung hervorheben, das es zu keinem Zeitpunkt an Unterstützung und Betreuung in meinem Praktikum hat vermissen lassen. Neben der sachlichen Hilfestellung und Erklärung von politischen Inhalten, hat man mir auch im Privatleben weitergeholfen und Tipps zur Ausführung meiner Hobbies oder anderweitiger persönlicher Anliegen gegeben. Auch wenn Brüssel eine sehr schnelllebige, dreckige und stressige Stadt ist, hat sie ihren ganz persönlichen Charme, der einen ihren Bann ziehen kann. Ich kann allen nur zu einem Praktikum dort raten.