Erste Schritte und Organisatorisches

Nachdem ich angefangen hatte, Italienisch zu lernen, wollte ich dieses gerne auch anwenden und habe nach einer Möglichkeit gesucht, für längere Zeit nach Italien zu gehen. Hierbei bin ich auf die Fremdsprachenassistenz gestoßen. Die Fremdsprachenassistenz ist ein Programm es PAD, über das Studierende für etwa 6 Monate in ein anderes Land reisen können, um dort Deutsch an Schulen oder Universitäten zu unterrichten. In englischsprachigen Ländern sollte man hierfür Englisch auf Lehramt studieren, in Frankreich, Italien und Spanien werden so viele Assistent*innen gesucht, dass man auch als Studierende*r einer anderen Fachrichtung gute Chancen hat, angenommen zu werden. So habe auch ich einen Platz erhalten. Der Platz wird einem zugeteilt, sodass einem einerseits die teils schwierige Suche nach einer geeigneten Praktikumsschule erspart wird, man aber andererseits auch an einen Ort geschickt werden kann, der eventuell nicht erste Wahl ist.

Nachdem mir ein halbes Jahr nach Bewerbungseingang dann im Juni endlich mitgeteilt wurde, dass meine Schule in Turin liegen würde, worüber ich mich sehr gefreut habe, habe ich mich schnell daran gemacht, mich um eine Wohnung zu kümmern. In Italien ist es relativ schwierig, einen Mietvertrag für eine Wohnung oder ein WG-Zimmer für eine Periode unter einem Jahr zu erhalten. Ich habe mich in mehrere Facebook Gruppen eingetragen, sowohl Erasmusgruppen als auch spezielle Gruppen für Wohnungen. Zusätzlich habe ich auf dem italienischen Kleinanzeigenportal subito nach Zimmern geguckt und bin dort dann auch relativ schnell fündig geworden. Die Mieten in Italien verstehen sich meist ohne Nebenkosten, sodass man etwas vorsichtig sein sollte, was den endgültigen Preis angeht. Besonders die Kosten für die Heizung im Winter sind für deutsche Verhältnisse schwer zu glauben – wir haben im Monat 140€ (70 p.P.) alleine für Heizung zahlen müssen! Da lohnt es sich doch, etwas weiter im Süden zu gucken oder einfach im Sommer zu gehen. Ein weiteres Problem bei den Wohnungen sind, wie schon angesprochen, die Verträge. Alle anderen Fremdsprachenassistent*innen, die ich in Turin kennengelernt habe, waren in der gleichen Situation wie ich und hatten keinen Mietvertrag, waren also schwarz in der Wohnung. Das ist in Italien sehr geläufig, führt aber dazu, dass man sich nicht bei der Stadt anmelden kann und daher auch nicht zum Arzt gehen kann. In die Notaufnahme kann man im Fall der Fälle aber trotzdem gehen, sodass ich keine weiteren Schwierigkeiten damit gehabt habe. Da es in Italien quasi unmöglich ist, ohne ein Gesundheitszeugnis eine Mitgliedschaft in einem Sportverein oder einem Fitnessstudio abzuschließen, und dieses Gesundheitszeugnis ohne Artzt unmöglich zu erhalten ist, bietet es sich im Fall der Fälle an, sich vielleicht noch in Deutschland ein englisches Dokument beim Hausartzt zu besorgen, auf dem der Gesundheitszustand bescheinigt wird.

Egal ob man schwarz oder angemeldet in Italien wohnt, einen Steuercode, den sogenannten codice fiscale, braucht man aber auf jeden Fall! Der wird für alle möglichen und unmöglichen täglichen Aktionen benötigt und man bekommt ihn in der Agenzia delle Entrate, die einen der ersten Stopps darstellen sollte.

Da die EU seit meinem letzten längeren Auslandsaufenthalt deutlich zusammengerückt ist und das IBAN System für Geldüberweisungen und kostenloses Roaming eingeführt hat, musste ich mich diesmal weder um die Eröffnung eines Kontos noch um eine SIM-Karte kümmern und habe einfach meine deutschen behalten. Eine Bank, die kostenloses Geldabheben im Ausland anbietet, ist hierbei natürlich von Vorteil.

Das Praktikum

Meine Zeit als Fremdsprachenassistentin habe ich an einer weiterführenden Schule in Turin verbracht, die mit 1600 Schüler*innen und über 100 Lehrkräften ziemlich groß ist. Als Fremdsprachenassistent*in arbeitet man 12 Unterrichtsstunden pro Woche, hinzu kommen noch Unterrichts Vor- und Nachbereitung. Ich habe in 9 verschiedenen Klassen Deutsch unterrichtet (9.-13. Klasse), jeweils eine Stunde in der Woche, dabei habe ich 3 verschiedene Lehrer*innen begleitet. Die restlichen Stunden habe ich im Sportunterricht verbracht und mit den 12. und 13. Klassen versucht, teilsweise auf Deutsch Sport zu machen.

Die verschiedenen Deutschlehrer*innen hatten unterschiedliche Erwartungen an meine Arbeit, während eine vorranging Vorbereitung auf das B1/B2 Goethe Zertifikat von mir wollte, habe ich bei der anderen hauptsächlich Konversationsunterricht in Anlehnung an aktuelle gramamtische Themen gemacht und bei dem dritten Lehrer habe ich meistens nur im Unterricht geholfen oder ab und zu Spiele und Aktivitäten vorbereitet.

Das Deutschniveau der Klassen war sehr unterschiedlich, ebenso die Klassengrößen. Ich habe mich bei den Klassen durchgehend mit Vornamen vorgestellt und mich duzen lassen, was denke ich geschmackssache ist – ich kenne auch andere Assistent*innen, die das anders angegangen sind. Dadurch, und auch durch die Teilnahme am Sportunterricht, habe ich mich meinen Schüler*innen deutlich näher gefühlt, als ich es in Deutschland während meiner Scuhlpraktika je getan habe. Andersrum hat das sicherlich auch dem ein oder anderen geholfen, sich für den Deutschunterricht zu begeistern. Die unzähligen Geschenke, die ich am Ende erhalten habe (u.a. diesen riesigen Blumenstrauß) haben mir gezeigt, dass die Schüler*innen wirklich dankbar waren und es fiel mir extrem schwer, mich von ihnen zu verabschieden.

Das Schulsystem in Italien funktioniert noch ein bisschen anders als in Deutschland, es gibt deutlich mehr Frontalunterricht und die Schüler*innen haben mehrmals im Jahr mündliche Prüfungen, die die Schüler*innen extrem unter Druck setzen. Gruppenarbeiten sind, zumindest an meiner Schule, in den meisten Fächern inexistent, sodass viele Kompetenzen, die man in Deutschland ab einer gewissen Klassenstufe voraussetzen kann, nicht vorhanden sind. Nachdem sich die Schüler*innen jedoch daran gewöhnt hatten, konnte ich auch einige Methoden anwenden und ausprobieren, die ich auch im Fremdsprachenunterricht in Deutschland verwenden möchte.

Ich hatte ein bisschen die Hoffnung, dass mich der Aufenthalt ein wenig auf mein bevorstehendes Referendariat vorbereiten würde. Dies kann ich im Nachhinein nicht bestätigen, da durch das andere Unterrichtskonzept deutlich weniger Planung vonnöten war, als im deutschen Klassenzimmer und ich andererseits durch meine quasi ausschließlich kommunikative Rolle kaum grammatische Inhalte vermitteln musste. Auch der enge persönliche Kontakt zu den Schüler*innen wird im Referendariat so sicherlich nicht stattfinden.Trotzdem habe ich natürlich an Sicherheit vor der Klasse gewonnen und konnte Routine beim Unterrichten sammeln, was mir sicherlich zugutekommen wird.

Leben in Turin

Turin ist mit ca. einer Million Einwohner*innen die viertgrößte Stadt Italiens. Die Lage im Nordwesten macht Turin zu einem theoretisch gut erreichbarem Punkt, wäre der Flughafen bloß nicht so klein und daher teuer. Wenn Turin nicht gerade voller Smog ist (was leider durch die geographische Lage und die Vorliebe der Italiener, mit dem Auto selbst kleinste Strecken zu fahren, gerade im Winter ziemlich selten vorkommt) kann man von der Stadt aus ein wunderschönes Alpenpanorama genießen, welches sich wirklich lohnt. Von den 9 Besuchern, die ich hatte, konnte das leider nur eine Person genießen.Ansonsten ist Turin eine Stadt mit vielen kulturellen Möglichkeiten und generell sehr lebhaft. Es gibt einen wunderschöne Park am Fluss Po sowie viele nette Bars. Turin hat mehrere Unis und somit auch viele Studierende, sowohl italienische als auch internationale. Die Erasmus-Organisationen sind sehr aktiv und es ist theoretisch auch als Nicht-Erasmus Teilnehmer*in einfach, viele Leute kennenzulernen. Ich habe Turin leider nur im Spätherbst und Winter kennengelernt, was wirklich etwas schade war, da ich mir sicher bin, dass diese Stadt im Sommer noch viel mehr zu bieten hat.

Für nur 30€ bekommt man einen Pass, mit dem man sich alle Museen in und um Turin kostenlos angucken kann, was sich gerade in Turin extrem lohnt, da die Stadt voll mit allerhand Museen ist und deren Eintritt sont meist relativ happig ist. Auch ein 10-Monats Abo für den öffentlichen Nahverkehr lohnt sich bei einem Preis von etwa 16€ mtl. für Studierende. Fahrradfahren ist in Turin definitiv möglich aber teilweise auch etwas gefährlich, am besten hält man sich so weit wie möglich von den Straßen fern und fährt am Fluss entlang.

Ansonsten isst man in Italien generell natürlich sehr gut und auch wirklich günstig!

Insgesamt bin ich sehr froh über meine Erfahrung als Fremdsprachenassistentin in Turin. Meine Erfahrung war eine völlig andere als im Auslandssemester, in dem ich hauptsächlich internationale Studierende kennengelernt habe. Durch den Arbeitskontext hatte ich viel Kontakt mit Italiener*innen und konnte meine Sprachkenntnisse in kurzer Zeit ungemein verbessern.