Einleitung
Ich bin Studierende des Fachbereiches Rechtswissenschaften und befinde mich am Ende des universitären Teiles meines Studiums. Meinen Schwerpunkt habe ich bereits abgeschlossen und es sind keine weiteren Prüfungsleistungen für meine Zulassung zum Staatsexamen erforderlich. Im Studium mussten zwei 1,5 monatige Pflichtpraktika abgeschlossen werden. Beide habe ich in Deutschland absolviert. Da mir diese drei monatige praktische Erfahrung jedoch ungenügend für meine zukünftige Berufslaufbahn und Chancen für eine erfolgreiche Positionierung erscheinen, entschied ich mich dazu durch einen Auslandsaufenthalt meine Kompetenzen zu erweitern und somit auch meine Berufschancen zu erhöhen. Daher hielt ich es für erforderlich, die letzte Möglichkeit vor meinem Referendariat und Berufsstart wahrzunehmen.

Meine Vorbereitung
Meine Vorbereitungen für mein Auslandspraktikum setzen sich vor allem aus zwei ausschlaggebenden Faktoren zusammen. Zum einen sollte das Praktikum in einer international und englischsprachigen Rechtsanwaltskanzlei durchgeführt werden und zum anderen in der Türkei stattfinden. Die Internationalität sollte gegeben sein, damit ich meine englischen Fachkenntnisse erweitern kann und eine internationale Anerkennung für meine zukünftigen Berufswege gegeben ist. Des Weiteren stellte ich mir ein Auslandspraktikum nicht nur aufgrund meiner türkischen Herkunft und gegeben Sprachkenntnisse vor, sondern auch aufgrund meiner zukünftigen Berufsvorstellung bezüglich beruflicher Zusammenarbeit beider Länder.
Aus diesem Grund recherchierte ich im Internet nach Rechtsanwaltskanzleien, welche meine Kriterien erfüllten und bewarb mich durch direkte Anfrage per E-Mail an mehreren Rechtsanwaltskanzleien und entschied mich dann für die, welche mir am meisten für förderlich und vorteilhaft erschien.

Meine Vergütung
Eine Vergütung für mein Praktikum in der Rechtsanwaltskanzlei wurde, wie in den meisten Unternehmen der Türkei, nicht vorgesehen.

Meine Arbeitszeiten
Die Arbeitszeiten sind, wie in den meisten deutschen Rechtsanwaltskanzleien für Praktikanten, von Montag bis Freitag von 09:00 Uhr bis 17:00 Uhr festgesetzt. Allerdings wurden auch an einigen Samstagen dringende Aktenvorbereitungen vorgenommen. An Samstagen war die Arbeitspflicht für mich als Praktikantin freiwillig und nur halbtägig. Innerhalb der gesamten Woche erhielt ich die Möglichkeit mit mehreren Rechtsanwälten der Kanzlei zusammen zu arbeiten und somit auch neue Bereiche kennen zu lernen.

Mein Arbeitsweg
Mein Arbeitsweg zur Rechtsanwaltskanzlei umfasste als Gehweg ungefähr 20 Minuten. Als Alternative standen die öffentlichen Verkehrsmittel zur Verfügung. An einigen Wochentagen nahm ich jedoch an Gerichtsterminen statt und fuhr direkt zum Amtsgericht der Stadt. Das Amtsgericht befand sich ehemalig in der Stadtmitte in der Straße mit dem Sitz der meisten Rechtsanwaltskanzleien, seit 2004 jedoch an seiner neuen und größeren Einrichtung, welches für mich mit öffentlichen Verkehrsmitteln in 20 Minuten zu erreichen war. Eine Fahrtkostenerstattung durch die Rechtsanwaltskanzlei für die Anfahrt zu den Gerichtsterminen war nicht gegeben.

Meine Aufgaben
Bereits vor Beginn meines Praktikums erhielt ich eine Übersicht meiner Aufgabenzuteilung von meinem Praktikumsleiter. Mein Praktikumsleiter begleitete mich während meines gesamten Praktikumaufenthaltes und war mein Ansprechpartner bezüglich offener Anfragen und Wissenslücken. In den ersten beiden Wochentagen fanden regelmäßige die Aktenbesprechungen und Aktenvorbereitungen statt, sodass ich und die Aktenbearbeiter immer einen Überblick auf die kommenden Mandantentermine hatte. Somit wurde ich auf die Termine vorbereitet und konnte besser ein Teil des Gespräches sein.

Für die wöchentlichen Termine mit Mandanten in den Gefängnissen durfte ich die Akten zur Vorbereitung mit nach Hause nehmen. Für diese Besuche musste eine spezielle Anfrage gestellt werden. Am Ende der Woche durfte ich regelmäßig an Mandantenterminen teilnehmen, diese waren für mich mit denen in Deutschland vergleichbar.

Fazit
Ich bewerte mein Auslandspraktikum als sehr lehrreich für meine Berufs- und Lebenslaufbahn und genauso vielfältig für meine eigene persönliche Entwicklung. Durch das Praktikum habe ich nicht nur meinen Wissensstand erweitern, sondern auch sehr viele Kontakte geknüpft. Ich bin davon überzeugt, dass ich meine fehlenden praktischen Erfahrungen im rechtswissenschaftlichen Kontext verstärken konnte und so einen großen Beitrag für mein zukünftiges Berufsleben geleistet habe. Ich bin mir zudem auch sicher, dass ich durch die Auseinandersetzung der unterschiedlichen Arbeitsweise in den türkischen Rechtsanwaltskanzleien mir neue Lernwege und Denkwege eröffnet habe.

Während meines Praktikumaufenthaltes habe ich miterlebt, dass türkische Rechtsanwaltskanzleien viel lösungsorientierter und flexibler arbeiten, jedoch aber in ihrer Aktenführung im Gegensatz zu deutschen Rechtsanwaltskanzleien einige Schwächen aufweisen. Das Arbeitsverhältnis in der Rechtsanwaltskanzlei und unter den Mitarbeitern war, wie bereits mir vorgestellt, sehr angenehm bzw. familiär und unterstützend für meine Arbeits- und Lernphase während meines Praktikumaufenthaltes.

Ich bin letztendlich sehr dankbar für die Möglichkeiten und Erfahrung, welche ich durch die Rechtsanwaltskanzlei und dem Erasmus+-Programm erhalten durfte.

Gerichtsgebäude Denizli