Ermitteln Sie in einer Lehrbuchreihe Ihrer Wahl Aufgaben, die Ihrer Ansicht nach besonders Jungen oder besonders Mädchen ansprechen. Versuchen Sie diese Aufgabe(n) mit einer umgekehrten Gender-Orientierung umzuformulieren.
Um die Aufgabe zu bearbeiten, habe ich zunächst meine eigenen alten Schulbücher durchgesehen. Die sind allerdings alle aus der Sekundarstufe II und die darin enthalten Aufgaben sind schon alle wissenschaftlich und somit neutral formuliert. In der Stadtbibliothek habe ich schließlich Bücher für die Klassen von 6-10 gefunden. Aber auch hier waren die Fragen eher generell gestellt, wie: „ Welche vier Fragen sollte man sich bei der Formulierung einer Reaktionsgleichung grundsätzlich stellen?“
Vielleicht liegt es an der Tatsache, dass ich nur in naturwissenschaftlichen Büchern recherchiert und somit keine genderbezogenen Aufgaben gefunden habe.
Weder meine alten Schulbücher, noch Schulbücher, die ich in der Stadtbibliothek eingesehen habe, ergaben nach längerer Suche eine verwendbare Aufgabe, der für die Fragestellung interessant wäre.
Schließlich habe ich dann aber doch noch ein Buch gefunden, welches zumindest einen Ansatz erhielt: „Textaufgaben in der Mathematik 1 für die 5.-6. Klasse“. Aber auch hier wurde in den Aufgaben das Geschlecht der Person, um die es ging, mehr oder weniger häufig gewechselt. Welches Geschlecht die Person hatte, war für die Aufgabe aber total irrelevant: „ Als Frau Steiner so alt war, wie ihr Sohn Jakob heute ist, da war sie genau viermal so alt, wie ihr Sohn damals war. Heute feiert Frau Steiner ihren 42. Geburtstag. Wie alt ist Jakob heute?“. Die anschließende Frage lautete: Herrn Weyls Sohn Hermann ist 24 Jahre alt. Als Herr Weyl 24 alt war, da war er gerade sechsmal so alt, wie sein Sohn damals war. Wie alt ist Herr Weyl heute?“.
Hier spielen zwar Geschlechter eine Rolle, aber eine genderspezifische Ansprache ist kaum zu erkennen, allenfalls die Tatsache, dass in der traditionellen Frauenrolle Familienbezüge eine größere Rolle spielen.
Dass ich Schwierigkeiten hatte, genderbezogene Aufgaben zu finden, ist ein gutes Zeichen, dass Bestrebungen bestehen, geschlechterspezifische Rollenklischees zu vermeiden. Möglicherweise sind sie aber subtiler gestaltet, dass es mir nicht gelungen ist, sie auf den ersten Blick zu erkennen.
Berücksichtigt man andererseits das, was Herr Prof. Dr. Kepser in der Vorlesung am 17.05.2016 erwähnte, könnten geschlechtsbezogene Aufgaben die Schülerinnen und Schüler für andere Fächer begeistern. Es wurde erwähnt, dass immer noch das vorherrschende Klischee besteht, dass Mädchen besser in Deutsch sind und Jungen besser in Naturwissenschaften. Dies könnte sich mit geschlechtsbezogenen Aufgaben ändern.
Erst nachdem ich bei Google gezielt „Textaufgaben für Mädchen“ gesucht habe, bin ich auf folgendes Buch gestoßen: „PONS Textaufgaben für Mädchen 2.-4. Klasse“. Das Pendant für Jungen habe ich leider nicht gefunden. In dem Buch für Mädchen war zum Beispiel folgende Aufgabe:
„Ein bunter Blumenstrauß
Carina und Jana pflücken einen Strauß Blumen. Carina hat
15 rote und 12 blaue Blumen. Jana steckt noch 11 rote
Blumen dazu. Beantworte die Fragen.
Kreuze die Rechenfragen an und rechne.
- Wie viele blaue Blumen hat Carina?
- Wie viele rote Blumen hat Jana?
- Wie viele rote Blumen sind es insgesamt?
[…]“
http://de.pons.com/shop/image.php/YCUvS/i/5592.jpg
Die gleiche Aufgabe könnte man umwandeln und für Jungen statt Blumen z.B. Spielzeugautos nehmen. Wie zum Beispiel im Folgenden:
Peter und David spielen zusammen mit Spielzeugautos.
Peter hat 15 rote und 12 blaue Autos. David nimmt sich
Noch 11 rote Autos dazu. Beantworte die Fragen.
Kreuze die Rechenfragen an und rechne.
- Wie viele blaue Spielzeugautos hat Peter?
- Wie viele rote Spielzeugautos hat David?
- Wie viele rote Spielzeugautos sind es insgesamt?
…
Hallo Paul,
ja, dass du Schwierigkeiten hattest ein entsprechendes Schulbuch zu finden, ist vielleicht wirklich ein Zeichen, dass heutzutage mehr darauf geachtet wird, nicht nur genderspezifische Aufgaben zu stellen.
Leider wird oft viel zu sehr pauschalisiert: Mädchen interessieren sich für Pferde, Schmetterlinge und Blumen und Jungs nur für Fußball und Raumschiffe. Zwar ist das oftmals der Fall, aber definitiv nicht immer. Ich habe zum Beispiel ein Mädchen in meiner Klasse, welches hervorragend Fußball spielt und genauso viel über das Thema weiß, wie die Jungs. Und auch ich habe als Kind nie gerne mit Puppen gespielt.
Leider werden sowohl Jungen als auch Mädchen durch genderspezifische Spielzeuge, Kleidung o.ä. von klein auf bestimmte Interessen anerzogen. So gibt es zur Einschulung schon einen rosafarbenen Schulranzen mit Einhörnern für die Mädchen, das Äquivalent mit Raumschiffen für die Jungen. Dabei könnte man hier, wie auch in den Lehrbüchern, versuchen genderfreie Themen zu wählen. Wie zum Beispiel Natur, Tiere oder Musik. Und es auch als selbstverständlich ansehen, wenn Mädchen Raumschiffe favorisieren und Jungen Pferde.