Inklusion

1.

Sonderpädagogischer Förderbedarf (im Folgenden mit SF abgekürzt) soll zunächst einmal keine Zuschreibung einer Person sein, sondern eine rein administrative Abmachung zwischen Schule und dem Schüler. Sonderpädagogischer Förderbedarf kann heißen, dass der Schüler eine geistige / Sinnerorgan (Hören/ Sehen) – Beeinträchtigung hat, doch diese 3 Formen sind zusammen lediglich 10% der Fälle. In 40% der Fälle ist der Fälle ist es jedoch der Förderschwerpunkt Lernen. Weitere Schwerpunkte sind Sprache und Emotionales. SF muss nicht mit einer Behinderung einhergehen.

Inklusion sieht von einer Trennung von Kindern mit und ohne Förderbedarf ab und zieht stattdessen eine Gleichbehandlung vor. In der Praxis heißt das, dass Schüler mit SF dieselben Schulen besuchen sollen wie Kinder ohne SF.  Die aktuelle Debatte im Gymnasium Horn zeigt, dass Inklusion nicht überall umgesetzt wird. Argumente hierfür sind Personal, Räumlichkeiten und die Frage, warum nicht eine Oberschule besucht werden kann, die genauso zum Abitur führt.

2.

Begegnet ist mir ein Kind mit Trisomie 21, welches eine reguläre Schule besuchte. Es war überfordert mit dem Lernstoff, ist oft wegen Konzentrationsschwierigkeiten früher gegangen. Es war sichtlich überfordert mit dem Lernstoff. Ebenso hatte er im Sozialen Schwierigkeiten. Geglückte Inklusion war das nicht.

Ich komme aus Niedersachsen, hier gibt es Bestrebungen zur Abschaffung der Förderschulen. Trotz zusätzlichen sonderpädagogischen Lehrkräften und den  Bremer ZUPs in den Oberschulen bin ich der Meinung, dass die Eltern des Kindes und das Kind eine Wahl haben müssen. Wenn wie oben beschrieben Probleme herrschen mit dem Lernstoff, sind die Anforderungen zu hoch. Ich selber würde es demotivierend finden, wenn alle außer mir gut mit dem Lernstoff mitkommen würden und ich kaum eine Chance hätte, mit noch so viel Anstrengung mitzuhalten.

Die Wahlfreiheit bedeutet aber auch, dass für die meisten Schüler mit SF am regulären Unterricht teilhaben können. Eine Inklusion in die Schulgemeinschaft wirkt sich für Schüler ohne SF vermutlich positiv aus, weil nun Schüler mit SF nicht mehr parallel und abgeschottet ihr Leben führen.

Ich sehe jedoch ein signifikantes Problem in der Inklusionsdebatte, die nur auf schulischer Ebene geführt wird. Was möchte Schule sein? Soll sie lehren, was zum Verstehen der Welt um den Menschen herum (siehe Humboldt) beiträgt? Oder soll sie auf das Arbeitsleben vorbereiten?

Den Lernstoff selber würde ich eher dem 1. Konzept zuordnen – Analysen von Musikstücken, geschichtlichen Quelltexten oder Gedichten wären dafür passende Beispiele; natürlich ist z. B. der Erwerb einer Fremdsprache oder bestimmte Fächer, die mit dem Beruf zusammenhängen vorbereitend auf das Arbeitsleben, der Großteil ist es jedoch nicht.

Das Konzept, wie in der Schule gearbeitet werden soll (der „versteckte“ Lehrplan) sind jedoch genau ausgelegt auf das marktwirtschaftliche Arbeitsleben: Man lernt für den Lohn, die Note. Es herrscht Konkurrenz und wer die Leistung schlecht erbringt, wird schlecht entlohnt.

Wer es später im Beruf weit bringen will, ist letzteres bewusst. Und derjenige Schüler mit SF die Schule verlässt, in der Inklusion wunderbar umgesetzt wurde, wird sich je nach Art des SF schwertun. Die 12 Jahre Schule Schule waren eine Art große Filterblase, die platzen wird, wenn es auf das Arbeitsleben zugehen wird. Mir ist bewusst, dass SF und Behinderung nicht gleichzusetzen sind, aktuell zahlen Unternehmen auffallend oft lieber die „Ausgleichsgabe“, als die Behindertenquote in ihrem Betrieb zu erfüllen. Inklusion gehört nicht nur in der Schule umgesetzt, sondern sollte von der gesamten Gesellschaft getragen werden.

3.

Inwiefern berücksichtigt die Lehrkraft die Heterogenität von Schülern mit und ohne SF in ihre Unterrichtsgestaltung?

 

Deutsch als Zweitsprache im Unterrichtskontext

Seiteneinsteiger sind Schüler, die im Ausland geboren sind und nach dem Besuch einer Schule im Geburtslans in das deutsche Schulsystem einsteigen. Da die deutsche Sprache oft nicht beherrscht wird, steht der Spracherwerb erst im Vordergrund. In Bremen nehmen Seiteneinsteiger zunächst in einem 1-jährigen Vorkurs teil, bei dem in Sekundarschulen unterteilt wird in 5. – 8.-Klässlern und kurz vor dem Abschluss stehenden 9. – 10. Klässlern. Nach und nach werden die Seiteneinsteiger in den Regelunterricht eingegliedert, angefangen bei Fächern, in denen die sprachliche Kompetenz weniger entscheidend ist, z. B. Kunst, Musik opder Sport. Gleichzeitig findet soziale Interaktion und Austausch mit Gleichaltrigen in diesen Fächern Platz. Nach und nach kommen Fächer wie Englich oder Mathe hinzu, je nach Stärken und Neigungen des Schülers. Befragungen an Seiteneinsteigern ergaben, dass sie im Regelunterricht mehr lernen würden als in den Vorbereitunhgskursen, allerdings sind grundlegende Deutschkenntnisse entscheidend, um jene Regelunterricht folgen zu können.

DasBremer Konzept sieht also eine frühe Teilnahme am Regelunterricht bestimmter Fächer vor bei gleichzeitiger Beschulung zur deutschen Sprache. Problematisch stelle ich mir vor, dass nach dem 1-jährigen Vorkurs keine weitere Deutsch-Förderung stattfindet, obwohl evident ist, dass die Seiteneinsteiger nach einem Jahr noch nicht annähernd das Sprachniveau erworben haben, was die einheimischen Kinder haben.

Eine Freundin von mir aus Niedersachsen war in der „Sprachlernklasse“ einer Real- und Hauptschule und dieses System ist ähnlich zum Bremer Vorkursmodell, nur dass hier nicht ein Zeitraum von 1 Jahr festgesetzt ist. Auch hier nehmen die Schüler teil am Regelunterricht in Sport und musischen Fächern. In dieser Klasse lernt man ebenso Inhalte „fürs Leben“, z. B. Fahrkarten lösen und Zugfahren. In der Klasse sind von der 5. bis zur 10. Klasse alle Altersstufen vertreten. Zu den Unterrichtsinhalten derKlasse kann ich nichts sagen; nur dass hier nach Neigung ud Begabung einige früher am Englischunterricht, andere früher am Matheunterricht teilnehmen können. Da jeder mit anderen Voraussetzungen in die Klasse kommt, ist es unabdinglich, dass man den Seiteneinsteigern verschiedene Aufgaben gibt, da jeder andere Schwächen aufweist.

Ein Unterrichtskonzept im Deutschunterricht könnte sein, Referate zu verteilen, die ein Thema einleiten sollen. Ein Referat ist z. B. eine Biographie über einen wichtigen Autor, ein anderes z. B. über eine Analyse eines Werks dieses Autors. Eine Biographie über einen Autor setzt lediglich voraus, das Geschriebene zu verstehen. Für ein tieferes Textverständnis reichen wenige Deutschkenntnisse nicht, weil man so vermutlich nur an seiner Oberfläche kratzen würde anstatt richtige Ansätze für seine Interpretation zu finden. Eine Schulaufgabe soll den Schüler herausfordern, aber nicht entmutigen. Die Schwierigkeit des Vortrags über eine Autorenbiographie ist für einen Muttersprachler kaum vorhanden, für einen Seiteneinsteiger ist die Schwierigkeit das Textverständnis. Auch wenn dem Seiteneinsteiger klar ist, dass seine Deutschkenntnisse schlechter sind als die des Muttersprachlers, sollte der Lehrer beim Verteilen der Referate nicht erwähnen, dass der Seiteneinsteiger das Referat nur bekommen hat, weil er schlechter Deutsch spricht – eine solche Hervorhebung zeugtvon wenig Feingefühl. Desweiteren sollte jedem Schüler die Hilfe seitens des Lehrers angeboten werden, da Textverständnis und Textinterpretation ihre Tücken haben können.