Von Tischen, Stühlen und Politikleuten

1.)

Angenommen, ich würde im Fach Spanisch einen Text über Migration von lateinamerikanischen Staaten in die USA und die Armut als ausschlaggebenden Grund mit meinen Schulen lesen, wäre dies ein guter Ausgangspunkt für eine Unterrichtssituation, in der das Konzept der doppelten Heterogenität wichtig wird. Ich würde die Problematik in Amerika auf herrschende Problematiken in Europa beziehen. Doppelte Heterogenität herrscht hier, weil a) die Schüler ein unterschiedliches Vorwissen und Vorprägung zu diesem Thema haben, z. B. aus dem Elternhaus und zum Anderen es zu gesellschaftswissenschaftlichen Begriffen oft keine eindeutige Definition gibt. Sowohl die Schüler als auch das Thema sind heterogen und dies muss ich, anders als wenn Grammatik das Thema ist, berücksichtigen. Bei spanischer Grammatik sind die Begriffe und Regeln klar definiert und kein Schüler bringt im Normalfall Vorwissen mit. Täte ich dies nicht, könnte ich an meinen Schülern vorbeireden und sie würden aus dem Unterricht mitnehmen, gerade weil Migration und Armut aufgrund ihrer gesellschaftlichen Relevanz wichtiger sind als spanische Grammatik.

Falls eine Meinung von einem Schüler vertreten werden sollte, welche vom Grundgesetz weit entfernt ist, halte ich wenig davon, es mit einem „Nein, das verstößt gegen das Grundgesetz“ oder „Finde ich falsch“ abzutun – davon lernt der Schüler nichts und hinterfragt sich nicht selbst. Anstatt einer Indoktrination finde ich es wichtig, durch das Stellen der richtigen Fragen und wissenschaftlich fundierten Theorien / Fakten den Schüler zum Sich-Selbst-Hinterfragen zu zwingen, damit dieser sich der Auswirkungen, die seine These mit sich bringt, bewusst ist.

2.)

Methodische Erhebung von Schülervorstellungen könnte ich auf folgende Weise bezwecken:

  • in einer Klassendiskussion über das Thema vor seiner Behandlung könnte ich ein Meinungsbild erkennen. Vorteil hierbei ist die kritische Auseinandersetzung mit dem Thema schon bei der Meinungserhebung.
  • Anonyme Zettel, in denen jeder seine Meinung zu einem Thema aufschreibt. Anonym, weil man dabei evtl. ehrlicher ist.
  • In Kleingruppen könnte darüber diskutiert werden. Nachteilig ist hierbei, dass ich als Lehrkraft nicht alles zeitgleich überblicken kann.

3.)

Inwieweit kann der Lehrer Verständnisschwierigkeiten und mangelndes Sprachverständnis durch sprachliche Bildung aus dem Weg räumen?

Heterogenität in der Schule – wie umsetzen?

In meinem heutigen Blogeintrag werde ich mich mit schulischen Konzepten bezüglich soziokultureller Heterogenität und deren Umsetzung befassen.

Da die letzten Migrationswellen keine vorab festgelegten Zeitfenster (wie z. B. in den 1960ern Gastarbeiter) hatten, sondern z. B. aufgrund von Bürgerkriegen eine Flucht auf vorerst unbestimmte Zeit erforderten, wird die Ausländerpädagogik dem Ziel (Bildungschancen möglichst für alle im Land lebenden) nicht gerecht somit habe ich keinre persönlichen Erfahrungen damit.

Kennengelernt habe ich Teilnehmer „Sprachlernklasse“ der lokalen Oberschule: Wie beim Bremer Hybrid-Modell wurden Mathematik, Kunst, Musik und Sport im Klassenverband einer Regelklasse unterrichtet, in den anderen Stunden wurde Deutschunterricht erteilt, wobei die Gruppe in Alter und Wissensstand in der deutschen Sprache heterogen war.  Durch die Teilnahme am Regelunterricht wurde der Wissensstand im Fach Deutsch sowie der soziokulturelle Hintergrund als Tatsache und nicht als (ein zu änderndes) Problem betrachtet. Neben dem Umgang mit Gleichaltrigen, auch das generelle Gefühl der Abschottung kam so meines Wissens nicht auf. Auch Homogenität, dass die Schüler in der Sprachlernklasse in einer ähnlichen Situation sind, sehe ich als Vorteil – solange der der nichtdeutschen Herkunft gemäß homogene Antteil durch einen heterogenen ersetzt wird.

Antirassistische Pädagogik habe ich selbst erlebt, als ich einmal von einem Mitschüler wegen meiner Herkunft beleidigt wurde – mir war das Verhalten des Mitschülers egal, für mich war das kein Grund, zum Lehrer zu gehen. Ein Lehrer in der Nähe hörte es und bat den Mitschüler zum Gespräch zu dritt mit mir, bei dem er dem Mitschüler Fragen stellte, die auf den Grund des Beleidens aufgrund von Herkunft zielten. Mir erschien die Sache so nichtig, dass ich das Gespräch für unnötig befunden habe, im Nachhinein wurde hierbei jedoch ein höheres Ziel auf einer anderen Ebene verfolgt: nicht nur der Klärung einzelnen Konfliktes wegen, sondern wegen einer übergeordneten, antirassistischen Wertevermittlung suchte der Lehrer das Gespräch.

Die Gesamtschule würde im Vergleich zu anderen Schulformen der Sek 1 unter den Punkt „Diversity Education“ fallen, da hier alle Kinder unabhängig von einer Schulformempfehlung, die sie im Alter von 10 Jahren bekommen haben, unterrichtet werden. Da Akademiker tendenziell ofter auf das Gymnasium gehen, spielt die Heterogenität der sozialen Schichten hierbei eine wichtige Rolle.

Aus den vorherigen Erkenntnissen ließen sich Beobachtungsaufgaben im Unterricht formulieren: Beispielsweise könnte der Frage nachgegangen werden, inwiefern Aspekte der Unterschiedlichkeit der Schüler in den Unterricht eingebunden werden: Inwiefern kann man als Lehrkraft bei Benachteiligung a) im Verständnis des Unterrrichtsinhalts und b) im sozial-interagierenden Rahmen durch Armut oder Migrationshintergrund entgegensteuern?

Abschließend fand ich, dass der Umgang mit Heterogenität an vielerlei Stellen, wie z. B. den im Seminar beleuchteten Vorklassen zum Spracherwerb zwar in der Theorie („Kind lernt erst Deutsch und kann DANN in eine Regelklasse) einleuchtend; in der Praxis führt dies jedoch zum Sich-aufgegrenzt-Fühlender Betroffenen. Modelle sollten zusammen mit den Betroffenen entworfen und optimiert werden, da sich diese Entscheidungen letztendlich auf Betroffene aufwirken werden und Menschen, die in einer solchen Situation noch nicht gesteckt haben sich nicht hundertprozentig vorstellen können, was xy bewirkt.

Vorschlagen würde ich vor diesem Hintergrund, dass die Diversität doch immer Thema innerhalb einer Klasse sein wird, mehr im Unterricht zur Diskussion über daraus resultierende Themen anzuregen, davor evtl. fundierte Informationen zum Thema bearbeiten zu lassen – so lernen die Kinder auch etwas übereinander.

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