Dumm oder was?

2. Wilfried Bos stellt in der Begleituntersuchung zu IGLU 2003 fest, dass Jungen sich in der Tendenz – im Vergleich mit der weiblichen Gleichaltrigengruppe – signifikant weniger sicher in Schule fühlen, deutlich weniger gerne zur Schule gehen und eindeutig häufiger das Gefühl haben, dass sich die Lehrkräfte nicht/wenig um sie kümmern. Wie erklären Sie sich diese Ergebnisse und wie könnte man diese Situation verbessern?

Das Schulsystem produziert haufenweise Verlierer – die Mehrheit ist männlich. Schon im Kindergarten werden Mädchen deutlich bevorzugt, auch in der Schule müssen Jungs um Aufmerksamkeit und gute Noten kämpfen. Ursache des Problems: Kitas und Grundschulen sind fest in weiblicher Hand.

Der Dortmunder Bildungsforscher Wilfried Bos sagte: „Männer sind nicht per se dümmer. Wir werden nur nicht so gefördert.“ Das Risiko für Jungen, in Schule und Beruf zu scheitern, sei am größten in Brandenburg, Sachsen-Anhalt, Thüringen und Mecklenburg-Vorpommern. Das fange schon im Kindergarten an, wo der Anteil der männlichen Erzieher unter drei Prozent liege […]“

Neben weiblicher „Dominanz“ im Kindergarten und der Grundschule, könnte ein weiterer Grund dafür, dass Jungs sich in der Schule weniger sicher fühlen, nicht so gerne hingehen oder gar unbeachtet finden, sein, dass sie sich durch die Lehrplanthemen weniger stark angesprochen fühlen und vor allem sich aber anders und später entwickeln, als Mädchen. Jungs brauchen eine andere Herangehensweise als Mädchen, um sich in der Schule entfalten zu können. Auch versuchen sie eher, Probleme tendenziell alleine zu lösen, während Mädchen sich eher eine Lehrkraft anvertrauen.

Um das beschriebene Problem wirksam angehen zu können, müsste schon im Kindergarten und der Grundschule angesetzt werden, was sich jedoch schwierig gestaltet, denn man kann ja schließlich keine männlichen Erzieher herbeizaubern, ohne vorher zeit- und kostenaufwändige Arbeit geleistet zu haben, um ihnen den Beruf der Erziehers und Grundschullehrers attraktiver zu machen. Ein Ansetzen nach der Grundschule, würde eine Mehrbelastung der männlichen Lehrkräfte mit sich bringen, denn Jungs orientieren sich naturgemäß eher an männlichen Bezugspersonen und auch Mädchen versuchen ab einem bestimmten Alter eher, sich bei männlichen Personen ihres Alltaglebens zu profilieren.

Es sollte in jedem Fall ein individuelleres Betreuungsangebot angeboten werden. Durch Wochen- oder Tagespläne könnte man diese Herangehensweise für Schüler und Schülerinnen individuell in Form bringen.

Offener Unterricht

rv09, Aufgabe 1

Das methodische Grundprinzip des Offenen Unterrichts ist das entdeckende, problemlösende, handlungsorientierte und selbstverantwortliche Lernen. Offener Unterricht gestaltet sich in der Umsetzung als Freie Arbeit, Wochenplanarbeit, Stationsarbeit oder in Form eines Projektes. Diese verschiedenen Methoden, werden hier als eine Art Gesamtrepertoire verstanden, das als Kern einen Offenen Unterricht ausmacht. Der Begriff Offener Unterricht ist in doppelter Weise missverständlich: 1. Offen meint hier nicht eine Offenheit für wirklich alles, sondern eine methodische Orientierung auf bestimmte öffnende Methoden gegenüber dem Frontalunterricht. Es ist jedoch für Vertreter des Ansatzes schwierig zu begründen, was zum Kernbestand dieser Methoden gehören soll. 2. Offener Unterricht wird als eine Form verstanden, die in der Praxis vollständig den Frontalunterricht ablösen sollte. Das ist aber praktisch fast nirgendwo tatsächlich umgesetzt worden, so dass Offener Unterricht in der Regel immer in Mischformen mit anderen Methoden auftritt. Die Methode des Offenen Unterrichts beschreibt eine Vielfalt an verschiedenen Formen, die sich vom Frontalunterricht abgrenzen. Diese Formen geöffneten Unterrichts haben gemein­same Merkmale, die sich sowohl auf das Schülerverhalten als auch auf das Lehrerverhalten beziehen. Sie betreffen auch Unterschiede in der Methodik und den Lehr- bzw. Unterrichtsformen. Die Lerner müssen Eigenständigkeit hinsichtlich der Entscheidungen, der Arbeitsformen, sozialen Beziehungen und Kooperationsformen entwickeln. Außerdem ist es den Lernern möglich, den Unterricht mitzugestalten, wenn es um die Inhalte, Durchführung und den Verlauf des Unterrichts geht. Der Lerner kann seine Aktivitäten selbstständig planen, auswählen und durchführen. Der Lehrer hat die Möglichkeit, den Lernern Handlungs­spielräume zu gewähren. Er kann den Schülern die Planung überlassen und sich an den Interessen, Ansprüchen, Wünschen und Fähigkeiten der SuS orientieren. Der Offene Unterricht impliziert eine veränderte Beziehungsstruktur zwischen Lehrer und SuS, einen veränderten Lernbegriff und eine veränderte Lernorganisation.

Offener Unterricht bietet nun also Vorteile für heterogene Gruppen. In heterogenen Gruppen sind Lerntempo und Lernfähigkeit teilweise sehr unterschiedlich. Im offenen Unterricht haben die SuS nun die Möglichkeit nach ihren individuellen Fähigkeiten zu lernen. Jeder kann sich seine Arbeit und sein Tempo so einteilen, wie es für den Einzelnen am optimalsten ist und jeder lernt auf seine Weise. So kann der individuell optimale Lernerfolg erzielt werden.

Die Form des offenen Unterrichts verlangt jedoch von den SuS auch ein nicht unerhebliches Maß an Selbstorganisation. Eine Eigenschaft, die zweifelsohne nicht jeder sofort sein Eigen nennen kann. Auch bereitet offener Unterricht der Lehrkraft zusätzliche Arbeit, da sie nicht nur lernschwachen Kindern bei der Selbstorganisation helfen muss, was die Verwendung des Begriffs schon beinahe wieder in Frage stellt, sondern auch eine Gruppe überwachen muss, in der jeder unterschiedlich an verschiedenen Inhalten arbeitet. Diese Probleme stelle ich mir unteranderem in der Praxis vor. Zu weiteren Nachteilen im schulischen Alltag kann ich mich nicht äußern, mangels fehlender Erfahrung. Auch bin ich vorwiegend an französischen Schulen aktiv, in deren System solche Methoden nicht vorgesehen sind.