In der zehnten Ringvorlesung, geleitet von Bàrbara Roviró, ging es um genderspezifische Motivationen im Fremdsprachenunterricht. Die vorausgehende These bestand darin, dass Schülerinnen eine größere Affinität zu Fremdsprachen besäßen und auch bessere Noten erzielen, als ihre männlichen Mitschüler. Doch diese Annahme hat nicht nur positive Konsequenzen für Frauen, sondern zieht im Umkehrschluss Negative für die Männer mit sich, die dann automatisch als grundlegend schlechter dargestellt werden. Dieses dichotome Denken dominiert aber traditionell in den Lehr- und Lernforschungen. „Alle Mädchen sind fremdsprachenbegabt“ – und „alle Jungen sind dann technikbegabt“? Die Gefahr der Homogenisierung von SuS ist groß wenn solche Thesen getroffen werden. Doch tatsächlich erinnere ich mich auch nicht an einen einzigen Lehrer, der in meiner gesamten Schullaufbahn eine Fremdsprache unterrichtete. Grundsätzlich hatte ich ausschließlich Lehrerinnen, bei denen ich Englisch bzw. Französisch lernte. Inhaltlich kann ich heute nicht mehr beurteilen, ob das Unterrichtsmaterial stark stereotypisch vorlag. Im Großen und Ganzen wurden viele Alltagssituationen beispielsweise in Englisch gelehrt. Interessant wäre es hier im Nachhinein zu schauen, inwiefern man damals schon unbewusst in eine Richtung gelenkt worden ist. Wenn z.B. die weiblichen oder männlichen Figuren aus den englischen Units bestimmte Stereotypen verkörpert haben. Auch diese Forschungsdesigns verfälschen bzw. verzerren die Ergebnisse von Studien.
Das Rubikon Modell ist ein wichtiges und vor allem auch aktuelles Modell zur Erlernung von Fremdsprachen. Ein stetiges Reflektieren des eigenen Erfolges lässt die eigene Lern-Motivation wachsen und führt somit zu einem langfristigen Erfolg. Da Mädchen in vielen Studien wieder als „die Fleißigen“ betitelt werden, ist es für mich naheliegend, dass Schülerinnen dann auch besser in den Fremdsprachen abschneiden.
Dichotomes Denken im Fremdsprachenunterricht
Gender Inszenierung
In der 9. Ringvorlesung, geleitet von Herrn Fantini, ging es um einige Inszenierungsstudien bzw. Verhaltenssurveys in Bezug auf gendertypisches Verhalten. Super interessant war hier eine Studie von Herrn Fantini, die die Inszenierung von StudentInnen über die Plattform Stud.Ip mit Hilfe ihres Profilbildes herstellen. Was will man damit eigentlich signalisieren? Und vor allem WIE will man sich dort darstellen? Ich habe mir selbst bisher noch wenig Gedanken darüber gemacht aber finde gerade diesen unbewussten Prozess sehr interessant. SchülerInnen und auch Lehrkräfte inszenieren sich eigentlich ständig und das Gegenüber kategorisiert diese Inszenierung auch ebenso schnell für sich ein, um sich direkt einen Überblick über die Person zu verschaffen.
Auch aus bereits anderen Vorlesungen ist bereits hervorgegangen, dass Schülerinnen als leistungsfähig und sozialkompetent gelten, wohingegen Schüler als körperlich stark und technikversiert gesehen werden. Doch auch LehrerInnen unterstützen häufig unbewusst das Kategorisieren von Schülerinnen und Schülern und ich würde sogar sagen, dass die Schule generell dieses Verhalten steuert und weiter ausprägt. Meistens werden doch eher die Mädchen an die Tafel geholt, um dort etwas anzuschreiben, weil sie ja die schönere Schrift haben. Die Jungen hingegen werden im Sportunterricht immer dazu ermutigt mögliche Gerätschaften aufzubauen, weil sie ja so stark seien. Ich glaube das kann man noch unendlich weit für jeden Fachbereich ausführen.
Interessant wäre es auf jeden Fall zu beobachten, welche Kategorisierungen bewusst bzw. unbewusst passieren. Tatsächlich würde ich auch nicht nur Beobachten, sondern auch direkt das Gespräch mit der Lehrkraft suchen, um zu erfragen ob ihr/ihm aufgefallen ist, dass sie/er eine Geschlechtertrennung vornimmt. Wenn ich jetzt an meine Schulzeit zurückdenke, ist es tatsächlich auffällig, wie SchülerInnen unterschiedlich behandelt wurden. Mädchen malen die schöneren Bilder und Jungen kriegen im Sportunterricht direkt für jeden Korbwurf eine 1.
Inklusion
In der 7. Ringvorlesung „Meint Inklusive wirklich alle?“ vorgetragen von Dr. Eileen Schwarzenberg, ging es um die Inklusion von SuS mit sonderpädagogischen Förderbedürfnissen. Vorgestellt wurden außerdem drei aktuelle Diskussionslinien, die in verschiedenen Ansätzen aufzeigten, wie die Beschulung und die Integration von SuS mit einer Behinderung möglich sein könnte. Die erste Diskussionslinie strebt eine grundlegende Veränderung des Bildungssystems an. Schülerinnen und Schüler, egal ob ohne oder mit körperlichen oder geistigen Behinderungen sollen zusammen unterrichtet werden – genannt wurde dieser Ansatz Full Inclusion oder whole school approach.
Der two track approach hingegen lässt eine Vielzahl von Beschulungsformen zu und erteilt den Eltern weiterhin das Wahlrecht, ob ihre Kinder an Förderschulen unterrichtet werden sollen oder in normalen Regelklassen einen Schulabschluss erwerben sollen.
Das Parallelsystem von mehreren Schulen bleibt hier also bestehen. Interessant war es hier zu hören, dass Eltern verstärkt Förderschulen anwählen, da dort die Rahmenbedingungen gegeben sind und es den Eltern somit auch eine emotionale Sicherheit gewährt. Der dritte Ansatz der Inklusion der twin track approach kritisiert den ersten Ansatz und will besonders die Bedarfe der SuS im Hinblick auf sonderpädagogische Fördermöglichkeiten berücksichtigen.
Ich finde es recht schwierig hier das passende Rezept der Inklusion zu finden. Denn wie auch in den gezeigten Filmen, ist es immer ziemlich schwierig etwas umzusetzen, ohne einen Blick auf die Rahmenbedingungen zu haben, welche auch häufig die Inklusion erschweren. Was die Filmausschnitte außerdem zeigten, war häufig die Angst der Lehrer*innen, dass es Schulen häufig an Geld mangelt, um bestimmte Settings erfolgreich zu erfüllen.
In meiner Schullaufbahn gab es noch wenig bis keine Inklusionsklassen, daher habe ich leider bis hier hin keine Erfahrungen machen können. Ich könnte mir jedoch vorstellen, dass es immer wieder schwierige Situationen für SuS, als auch für die Lehrkraft gibt. Inwieweit dürfen oder sogar müssen SuS einem förderbedürftigem Kind helfen und inwieweit strukturiert die Lehrkraft den Unterricht so um, dass es für alle Kinder einer Klasse möglich ist, Aufgaben und den eigenen Lernanteil alleine zu meistern?
Für mein Praktikum möchte ich ein besonderes Augenmerk auf den Umgang der SuS innerhalb der Inklusionsklassen legen. Gibt es Ausgrenzungen? Wird sich auch untereinander geholfen oder inwieweit sind persönliche Assistenzkräfte involviert, um den Schulalltag bestmöglich meistern zu können?
Religiöse Pluralität ist überall
Religiöse Pluralität ist überall und die Tendenz verschieden gemischter Konfessionen nimmt zu. Die 6. Ringvorlesung, geleitet von Frau Eva-Maria Kenngott, handelte genau von diesem Thema. Denn auch in der Schule treffen verschieden orientierte Menschen aufeinander und Konflikte können auftreten – eine interreligiöse Überschneidungssituation findet statt. Im Religionsunterricht ist die Heterogenität von SuS häufig sehr groß. Ein interreligiöser Unterricht kann dazu beitragen, den Klassenverband beizubehalten und die SuS nicht ihrer Religion entsprechend aufzusplitten. Hierzu sind begegnungspädagogische Settings sehr hilfreich. Die Klasse erhält die Möglichkeit, andere Religionen und Kulturen unvoreingenommen kennen- und vor allem achten zu lernen. Die eigene subjektive Sichtweise auf andere Kulturen soll hiermit verändert werden und Raum zu einer pluralisierten Wahrnehmung geben. Denn die Gefahr ist groß, dass das Attribuieren bestimmter Eigenschaften auf eine Gruppe von Menschen übertragen wird und wohlmöglich auch auf eine ganze Kultur.
Wenn ich an meinen Religionsunterricht zurück denke, hätte ich tatsächlich gerne mehr über andere Religionen kennengelernt. Ich hatte keinen interreligiösen Unterricht, sondern einen reinen evangelisch, christlichen Unterricht. Ob das dem eigenen Interesse des Lehrers geschuldet ist – keine Ahnung. Zumindest konnte ab der 7. Klasse in einen „Werte und Normen Alternativkurs“ gewechselt werden, der mehr Aufschlüsse über andere Kulturen und deren Sichtweisen geben konnte. Vertreter anderer Religionen als „Paradebeispiel“ wären hier sicher interessant gewesen, gab es leider jedoch auch nicht. Ich meine mich zu erinnern, dass es eher in die Richtung von ausgearbeiteten Referaten ging, in denen andere Religionen und Kulturen präsentiert wurden.
Auch wenn ich keine Religionswissenschaft studiere, wäre eine mögliche Beobachtungsaufgabe in einem Praktikum die, dass ich zunächst einmal die am meisten vertretenen Religionstypen der Klasse präsentiere und vorbereite und im Nachhinein ein stereotypisches Merkmal mit den SuS herausarbeite. Im Nachhinein würde ich der kompletten Klasse die Aufgabe stellen, für einen Tag z.B. auf Schweinefleisch zu verzichten. Es gibt immer motivierte SuS, die sich gerne einer Herausforderung stellen und im Unterricht ihre Erfahrungen mit anderen teilen. Verpflichten kann man dazu natürlich niemanden, aber das würde ich den SuS auch genauso mit auf den Weg geben. Ich würde mir dadurch erhoffen, die SuS empfindsamer für die Religion anderer zu machen.
Nachvollziehbarkeit fördert das eigene Lernen
In der 3. Ringvorlesung aus der Physik-Didaktik mit Herrn Christoph Kulgemeyer wurden einige interessante empirische Forschungsergebnisse in Bezug auf Naturwissenschaftliche Fächer präsentiert. Gemeinsam mit dem Plenum konnte ebenfalls eine Vorabstimmung mithilfe von „www.mentimeter.com“ getroffen werden, um die eigene Meinung mit den Ergebnissen der Forschung vergleichen zu können. Eine der Behauptungen war, dass Schülerexperimente förderlicher sind als Demonstrationsexperimente.
Die Studenten und Studentinnen sahen dies im Vergleich ähnlich, doch Forschungen haben erkannt, dass es für Schüler*innen wohl lerneffektiver wäre, wenn die Lehrkraft ein geführtes Experiment vor der ganzen Klasse vorführt. Für mein Empfinden kommt es immer darauf an, welches Thema gerade behandelt wird. Ich war früher immer recht froh, wenn wir in Physik einen Stromkreis nachgestellt haben und selbstständig kleine Experimente durchführen durften. In einer Klausur konnte ich mich dann doch nochmal eher an eine Situation zurückerinnern.
Eine andere Behauptung war, dass Schülerinnen in Physik bessere Noten bei weiblichen Lehrkräften bekämen. Das Plenum stimmte eher mit einem „Nein“ ab, was auch die Ergebnisse der Forschung belegten. Es ist also nicht wichtig welches Geschlecht die Lehrkraft hat, wichtig ist, wie es den Schüler*innen auf leicht verständliche Art vermittelt wird. Auch ich habe in meiner Schullaufbahn verschiedene Lehrkräfte „erlebt“ und kann wirklich nicht bestätigen, dass es bei den Lehrerinnen vergleichsweise bessere Noten gab. Es kam eher darauf an, ob die Lehrkraft das gesamte Interesse der Klasse wecken konnte. Meistens gelang dies durch die Einbeziehung unseres Alltags, so konnte sich jede/r eine genaue Vorstellung davon machen und dies auch verinnerlichen.
Doch manchmal benötigt man neben einigen lernförderlichen Experimenten, auch zusätzlich noch kleine Denkanstöße, um Schülerinnen und Schüler vor der endgültigen Kapitulation zu bewahren. Hierzu würde ich eine Klappkarte entwickeln, die in drei Abschnitte unterteilt ist. Beispielsweise bei der Erschließung eines zu lesenden Textes: der erste Teil der Klappkarte könnte einige wichtige Schlagworte beinhalten, die den Text prägen und in jedem Fall der Klasse inhaltlich bekannt sein sollten. Der zweite Teil könnte kleine Definitionen dieser Wörter abbilden. Der dritte Abschnitt könnte letztlich eine kurze Zusammenfassung des kompletten Textes beinhalten. Woher ich nun weiß wer welchen Abschnitt genutzt haben könnte? Ich denke, dass Schüler*innen dazu neigen, Wörter und Strukturen aus den einzelnen Lernhilfen 1:1 übernehmen und damit auch den „normalen, eigenen“ Sprachgebrauch vernachlässigen. Wer wirklich seine eigenen Umschreibungen für einen Text verwendet, der hat auch verstanden, worum es im vorliegenden Text gehen könnte.
Doppelte Heterogenität
Die verschiedensten Einflüsse der Umwelt, eigene Erfahrung mit der Gesellschaft, die Erziehung der Eltern – all diese Aspekte und noch viele mehr prägen ein jedes Individuum. Kein einziger Moment kann unter genau den gleichen Umständen nochmal durchlebt werden. Das eigene Umfeld sorgt in jedem von uns für verschiedene Denkweisen und unterschiedliche Auffassungsgaben. Im Kunstunterricht gibt es beispielsweise verschiedene Wege ein Kunstwerk zu beschreiben, der eine achtet in erster Linie auf die Farbgebung, der andere sieht aber zuerst das dargestellte Motiv. Genauso könnte man sich die Frage stellen, was bedeutet überhaupt „ein Bild“, was ist die genaue allgemeine Definition dafür?
In der 3. Ringvorlesung von Prof. Andreas Klee ging es genau um diese Thematik, die doppelte Heterogenität. Jeder im Klassenraum hat für sich ganz allein eine andere Definition im Kopf, auch Lehrerinnen und Lehrer, keiner denkt genauso wie der andere. Um alle auf einen gemeinsamen Nenner zu bekommen wird meistens gebrainstormt.
Hier gibt es verschiedene Möglichkeiten dies zu tun. Worauf stets zu achten ist, ist die Sensibilität eines Themas. Es können einfach Wortmeldungen an der Tafel gesammelt werden oder eine anonyme Variante per Zettelchen, die zum Schluss eingesammelt und zusammengetragen werden. Auch Gruppenarbeiten stärken hier das „Wir-Gefühl“, keiner der Schüler*innen muss seine Meinung über ein Thema oder einen Begriff vor der ganzen Klasse vorstellen. Viele verschiedene Definitionen können im Nachhinein zu einem Gemeinschaftlichen zusammengefügt werden.
Es wäre schön zu beobachten, wie Lehrer*innen einen neuen Themenblock anreißen und vor allem inwiefern von Schülerinnen und Schülern gewisse Vorkenntnisse erwartet werden bzw. ob sie überhaupt erwartet werden? Besonders interessant wäre hier auch zu beobachten, welches Vokabular angewandt wird, das der Klasse, oder das der Lehrkraft. Wenn ich an meinen Politikunterricht zurückdenke, habe ich immer die Internetseite https://www.hanisauland.de/ genutzt. Ehrlich gesagt habe ich die ganzen Definitionen der Lehrer*innen selten verstanden und für mich verinnerlichen können. Es ist eben doch einfacher sich ein eigenes Bild von etwas zu machen, als die selben Ansichten eines anderen blind zu übernehmen – zu 100% gelingt es sowieso nie!