3.11.2015

Dr. Silja Klepp (ARTEC Universität Bremen)

Flüchtlinge auf dem Mittelmeer im Spannungsfeld von Seenotrettung und Grenzkontrollen

Abstract

In den letzten Jahren hat sich die Lage der Bootsflüchtlinge auf dem Mittelmeer weiter zugespitzt. Nach der Einschränkung der legalen Zugangswege zur Europäischen Union durch die Einführung des Schengen-Acquis und neuer Visaregelungen in den 1990er Jahren, wurde die polizeiliche und militärische Kontrolle der südlichen Seegrenzen und Migrationsrouten stark ausgebaut.

Die europäischen Küstenländer im Mittelmeerraum versuchen weiterhin trotz der Krisen und Kriege in Nordafrika und in Syrien gegen das Phänomen der undokumentierten Seemigration sowohl durch die EU-Kooperation mit Drittländern als auch durch bilaterale Abkommen vorzugehen. Zudem gibt es mit der Grenzschutzagentur Frontex einen EU-Akteur im Grenzraum, der die Nationalstaaten bei der Sicherung der Außengrenzen unterstützen soll. Das Mandat von Frontex, Anlandung der BootsmigrantInnen auf EU-Territorium zu verhindern, steht dabei in fundamentalem Konflikt mit geltendem Flüchtlingsrecht und dem Recht auf Zugang zu einem Asylverfahren.  Im Bereich der Seenotrettung auf dem Mittelmeer hat sich das Mandat der Agentur Frontex jedoch unter dem Druck der Zivilgesellschaft in den letzten Jahren verschoben.

Der Vortrag basiert auf Ergebnissen einer ethnographischen Feldforschung von Dr. Silja Klepp im Zeitraum von 2006 bis 2010 in Libyen, Süditalien und Malta. Diese hatte zum Ziel das Spannungsfeld der EU-Politik zwischen immer schärferen Grenzkontrollen, Seenotrettung und dem Anspruch eines wirksamen Flüchtlingsschutzsystems auszuleuchten. Die jüngeren Ereignisse und Entwicklungen auf dem Mittelmeer werden im Vortrag thematisiert und in Hinblick auf ihre Bedeutung für die zukünftige EU-Flüchtlingspolitik diskutiert.

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