10.11.2015

Prof. Dr. Norbert Fischer
(Universität Hamburg, Institut für Volkskunde/Kulturanthropologie)

Gedächtnislandschaft der Katastrophe: Über Schiffbrüche, Sturmfluten und maritime Erinnerungskultur an der Nordsee

 

Abstract

Die Gedächtnislandschaft an der deutschen Nordseeküste beruht auf der Erfahrung extremer, von Sturmfluten und Gezeitenströmungen geprägter Natur und der historischen Erfahrung von Katastrophen, vor allem von Überschwemmungen und Schiffbrüchen Die Menschen mussten lernen, diese Erfahrungen zu verarbeiten. Neben Mythen und Sagen resultierten aus der Erfahrung der Katastrophe vielfältige Materialisierungen des Gedenkens. Die Artefakte der maritimen Gedächtnislandschaft repräsentieren sowohl kulturelles Erbe als auch regionale Identität. Rekonstruktionen regionaler Vergangenheit können dann funktionieren, wenn sie auf historisch gewachsenen und gesellschaftlich vermittelten Deutungen aufbauen. An der Nordseeküste und den tideabhängigen Mündungsgebieten der großen Ströme, wie Elbe, Weser und Ems, gibt es einen verbreiteten Konsens über die historische Erfahrung der Katastrophe – als „Selbstinterpretation einer Regionalkultur“. Deren Chiffren bilden nicht nur eine Form der Reflektion über das Geschehene, sondern auch eine identitätsstiftende Selbstvergewisserung der Region.

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