Abschlussreflexion

1.     Benennen Sie die für Sie zentralsten theoretischen Erkenntnisse, die Sie aus den Vor­trägen der Ringvorlesung für sich mitgenommen haben. Nehmen Sie dabei konkret Be­zug auf a.) fachdidaktische Aspekte, indem Sie Erkenntnisse auf die Didaktiken ihrer eigenen beiden Fächer beziehen und b.) zwei generelle erziehungswissenschaftliche Erkenntnisse zu Schule und Unterricht mit Bezug zu den relevanten Quellen benennen.

Die Inhalte der Ringvorlesung „Umgang mit Heterogenität in der Schule“ waren Erkenntnis­reich, zum Nachdenken anregend und haben zur persönlichen Reflexion der eigenen Schulzeit und Erfahrungen beigetragen. Die für mich zentralste Erkenntnis äußert sich darin, dass mir, vor der Vorlesungsreihe, der richtige Umgang mit Heterogenität sehr Problembehaftet vor­kam. Es hat sich mir jedoch gezeigt, dass eben dieser Umgang sowohl eine Herausforderung als auch eine Chance darstellen kann, die zur Optimierung des Unterrichts und des Schulsys­tems genutzt werden sollte. Bezüglich meiner eigenen beiden Fächer (Deutsch und Biologie) hat die Vorlesung viele für mich persönlich interessante Themen behandelt. Insbesondere Mehrsprachigkeit, gender- und sprachsensible Sprache und die Fachdidaktik des Deutschun­terrichts waren sehr aufschlussreich und für mich von hoher Relevanz. Einer der behandelten Aspekte war zum Beispiel die Trennung des Erwerbs allgemein- und bildungssprachlicher Kom­petenzen. Allgemeinsprachliche Kompetenzen können von Zweitsprachlern und -sprachlerin­nen relativ schnell erworben werden, wobei der Erwerb bildungssprachlicher Kompetenzen sich über mehrere Jahre zieht und von bereits vorhandenen Kompetenzen in der Erstsprache abhängig ist. Des Weiteren halte ich es für sehr wichtig vom monolingualen Habitus wegzu­kommen. Damit einhergehend ist zum Beispiel der native speakerism, also die Annahme, dass die Sprachkompetenzen von Muttersprachlern vollständig oder perfekt sind und somit das Ziel der Sprachaneignung darstellen, meiner Meinung nach als kritisch zu bewerten (vgl. Holliday 2006 in VL 10). „[…] alle Kinder [sollten] unabhängig von ihren mitgebrachten Sprachen und Sprechweisen ‚in eine andersgeartete Bildungssprache ein[geführt] [werden]‘ […]“ (Fürstenau 2011:35 in VL 10). Gleichermaßen kritisch sehe ich die Sonderbehandlung (vgl. Knappig 2016 in VL 10) von Mehrsprachigkeit in der Öffentlichkeit. Mehrsprachigkeit ist längst kein Sonder­fall mehr. Vielmehr ist es der Normalfall und sollte dementsprechend behandelt werden. Diese Erkenntnisgewinnung verändert meine Perspektive auf den Beruf insofern, als dass ich mit einem differenzierenden Blick auf die Bedürfnisse und Hintergründe jedes/jeder einzelnen Schülers/Schülerin schauen kann und folglich mit mehrsprachlichkeitsbezogenen Aspekten im Unterricht darauf reagieren kann. Mehrsprachigkeit ist eine Grundlage, auf welcher man auf­bauen kann.

Neben dem Themenfeld der Mehrsprachigkeit sind auch die besonderen Herausforderungen an den NaWi-Unterricht, welche in Vorlesung 3 bei Dr. Christoph Kulgemeyer behandelt wur­den, von großer Wichtigkeit für mich. Im Fach Biologie gibt es, ähnlich wie im Physikunterricht, Kontexte, die für Jungen und Mädchen unterschiedlich interessant sind (IPN-Interessenstu­die). Auch das Erheben von Schüler*innenvorstellungen, über welches wir auch in der Biolo­giedidaktik gesprochen haben, erscheint mir als besonders wichtig für die Vermittlung von Lerninhalten und das Angehen von Problemen.

Die Ringvorlesung hat alles in allem dazu beigetragen, verschiedene Dimensionen von Hete­rogenität zu erkennen und legt damit einen Grundstein für den weiteren Professionalisie­rungsprozesse im Bereich der Erziehungswissenschaft.

 

2.     Welche Faktoren zum schulischen Umgang mit Heterogenität (z.B. Unterrichtsformen, Schulformen, schulstrukturelle Fragen, schulkulturelle Aspekte), die Sie in der Vorle­sung kennengelernt haben, prägen in Ihrer Wahrnehmung aus eigenen Praxiserfahrun­gen (eigene Schulzeit, Praktika, Berichte aus der Praxis) den Schulalltag besonders stark – und warum? An welcher Stelle könnten Sie einzelne der unter 1 genannten Erkenntnisse zur Erklärung heranziehen?

Zur Beantwortung dieser Frage ist es mir leider nur möglich, aus meinen Erfahrungen als Schü­ler zu schöpfen. Auf der von mir besuchten kooperativen Gesamtschule war die Schülerschaft sehr heterogen. Ob Herkunft, Sprache, Geschlecht, oder Lernfähigkeit, es ließen sich ver­schiedenste Umgangsformen mit Heterogenität beobachten. Als sehr wichtigen und präsen­ten Aspekt würde ich die Mehrsprachigkeit betiteln. Auf dem Gymnasialzweig hatten die meis­ten Schüler*innen Deutsch als Muttersprache. In der 10. Klasse waren es lediglich 5 von ca. 100 Schüler*innen mit Deutsch als Zweitsprache, wobei selbst diese seit dem Kindergarten Deutsch lernten. Trotzdem ließ sich insbesondere das „Codeswitching“, also das wechseln der Sprache im Satz, beobachten. Dies war jedoch hauptsächlich in privaten Gesprächen der Fall. Generell hatte ich nicht den Eindruck, dass seitens der Lehrkraft, anders mit solchen Gesprä­chen umgegangen wurde, als mit welchen, die komplett auf Deutsch geführt wurden. Es gab jedoch vereinzelt Lehrer*innen, die explizit solche Gespräche verboten haben, was vermutlich damit zu begründen ist, dass diese die Mehrsprachigkeit nicht als Normalfall angesehen ha­ben. Wie man anhand der von mir angeführten Zahlen sieht, war Mehrsprachigkeit auf dem Gymnasialzweig auch eher ein Sonderfall. Trotzdem bin ich der Meinung, dass dieser Aspekt die Schulalltag maßgeblich geprägt hat.

Ein weiterer Faktor zum schulischen Umgang mit Heterogenität ist der Umgang mit Inklusi­onsschüler*innen. Wie ich bereits in einem früheren Blogeintrag geschrieben habe, gab es ein, oder zwei Jahrgänge über mir eine Klasse, welche ausschließlich aus Schüler*innen mit Triso­mie 21 bestand. Die Schüler*innen wurden gesondert unterrichtet und waren an der Schule allseits bekannt. Sie hatten dadurch nur gelegentlich Kontakt mit anderen Schüler*innen. Diese Form der Äußeren Differenzierung hat vor allem den Schulalltag der „Sonderklasse“ maßgeblich geprägt. Der Umgang mit behinderten Schüler*innen, die neu an die Schule ka­men, hat sich mittlerweile stark verändert. Die fünften und sechsten Klassen aller Schulzweige werden nun zusammen unterrichtet und es findet eine Innere Differenzierung statt. Nach der sechsten Klasse werden behinderte Schüler*innen wie alle anderen SuS auf die Zweige aufge­teilt. Der Wechsel zu diesem System hat nicht nur zur Folge, dass diese Schüler*innen einen normalen Schulalltag durchlaufen können, sondern auch, dass SuS sowie Lehrer und Lehrerin­nen bezüglich des Umgangs mit Heterogenität sensibilisiert werden.

 

3.     Zu welchen zwei erziehungswissenschaftlichen Fragestellungen, die Sie in der Vorle­sung kennengelernt haben, würden Sie gerne mehr erfahren im weiteren Studium in Bezug auf das Modulthema UMHET? Bitte begründen Sie Ihre Wahl!

Im Verlauf meines weiteren Studiums würde ich gerne mehr über das Thema der gendersen­siblen Pädagogik und vor allem über gendersensible Sprache („Gendern“) erfahren und welche Auswirkungen auf den Lernerfolg diese hat. Ich halte das Thema für sehr Interessant und wich­tig, gerade wegen des aktuellen Diskurses über Gender und im speziellen über das „Gendern“. Als angehender Deutschlehrer ist dieses Thema meiner Meinung von besonders hoher Rele­vanz.

Eine weitere erziehungswissenschaftliche Fragestellung, über die ich im Bezug auf das Mo­dulthema UMHET mehr erfahren will, ist der Richtige Umgang mit DaZ. Wie bereits unter 1. von mir aufgegriffen, ist Mehrsprachigkeit der Normalfall und ich würde dementsprechend gerne mehr über den praktischen Umgang mit Mehrsprachigkeit erfahren. Dies hängt zum einen mit meiner allgemeinen Begeisterung für Sprache, zum anderen mit meinem Interesse später womöglich im Ausland unterrichten zu wollen, zusammen. Zudem empfinde ich den Unterricht in einer DaZ-Klasse als besonders heterogenes Umfeld und demensprechend her­ausfordernd zu Unterrichten. Eine mögliche Fragestellung könnte sein, inwiefern das „Codeswitching“ wirklich Sprachdefizite ausgleicht.

Die Vorlesung im Allgemeinen hat mir einen guten Einblick in die Themenfelder von Hetero­genität gegeben, jedoch weniger praktische Tipps und Methoden zum Umgang, weshalb ich hoffe, dass dies im Verlauf meines Studiums geschieht.

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