Begegnungspädagogik

  1. Die zentrale Problematik der Begegnispädagogik liegt darin, dass bei dieser vermittelt werden soll, wie diese Gruppe von Leuten ist, indem nur ein Vertreter oder eine sehr eingeschränkte Sicht von ihr für kurze Zeit vorgeführt werden. Es wird das Gefühl vermittelt, man kenne nun „die Muslime“,die Juden“ oder „die Christen“, dabei hat man meist nur einen Tag zum Beispiel mit einem Imam, Rabbi oder Pfarrer verbracht. Weiterhin fördert es stark das Othering und das Bestreben nach Unterschiedlichkeit, wie am Beispiel eines interkulturellen Frühstücks gezeigt wurde: das Essen, was mitgebracht wurde, war das, was die Teilnehmenden für typisch für ihr Land hielten, nicht was sie tatsächlich jeden Morgen zum Frühstück essen würden.
  2. Erstaunlicherweise habe ich solche Begegnungspädagogik nicht miterlebt (niedersächsisches Abitur), aber unsere Klasse hat in der Unterstufe einmal eine Projektwoche mit dem Thema „Judentum“ durchgeführt. Rückblickend muss ich allerdings sagen, dass wir in diesem Alter noch zu jung für die komplexen Thematiken waren und nicht nur einen kleinen Einblick erhalten haben, sondern dieser auch noch aus zweiter Hand kam. Es gab keine Begegnung mit einem Rabbiner oder einen Besuch einer Synagoge. Das größte Problem allerdings war für mich (wie ich wesentlich später feststellte), dass im Zuge der Projektwoche tatsächlich noch das antisemitische Vorurteil vorgebracht wurde, das Jiddische sei eine Verbrechersprache gewesen. Gerade das hat mich im Nachhinein ernstlich gestört – gerade bei, wie gesagt, sehr jungen SuS sollte so etwas definitiv nicht propagiert werden oder es sollte sich direkt hiervon abgegerenzt werden.
  3. Hierzu wäre wahrscheinlich eine Art Rollenspiel oder geleitete Diskussion von Vorteil, um das in 1. genannte Problem zu umgehen, dass nicht die echten Standpunkte oder Ansichten vertreten werden, sondern das, was eine Person glaubt, was für sie normal sein sollte. Man könnte also zu einem bestimmten Thema (je nach Klassenstufe komplexer oder simpler) Gruppen bilden oder einzelne Rollen verteilen, die auf verschiedene Arten und Weisen verschiedene religiöse Ansichten vertreten (in der Vorlesung gab es das Beispiel des gemeinsamen Friedhofs). Andere Möglichkeiten wären z.B. das Fleischangebot in der Schulkantine (Koscher? Halal? Werden Milch und Fleisch zusammen verarbeitet? Oder auch sekuläre Ansätze wie Gesundheits- und Umweltaspekte?) oder auch der Sportunterricht (Jungen/Mädchen getrennt? Welche Sportkleidung soll oder muss getragen werden? Wird Schwimmunterricht angeboten, wenn ja verpflichtend?). Hierfür würden die SuS sich die Ansichten verschiedener Religionen zu für sie greifbaren Themen, die sie vielleicht vorher selbst gar nicht problematisiert haben, auseinandersetzen und dann im Versuch, die eigenen (gespielten) Interessen zu vertreten, die Ansichten anderer Religionen bzw. Weltanschauungen in Erfahrung bringen.

Ein Gedanke zu „Begegnungspädagogik“

  1. Hallo Tim,
    ich habe genau wie du in meiner Schullaufbahn auch nicht wirklich etwas mit Begegnungspädagogik zu tuen gehabt. Das einzige was in meiner Schullaufzeit im entferntesten etwas mit Begegungspädagogik zu tuen hatte, war vielleicht mein Schüleraustausch nach Indien. Dort haben wir selbst Erfahren wie die Leute in Indien leben, wie sie zur Schule gehen usw. . Allerdings hatte ich auch nicht wirklich das Gefühl, dass so etwas an meiner Schule zwingend nötig gewesen wäre. Natürlich wusste man nicht viel über andere Kulturen oder Religionen und einige Sachen kamen einem schon komisch vor, jedoch kam es nie zu Ausgrenzungen aufgrund von anderen Kulturen oder Religionen.
    Deine Idee zur Begegnungspädagogik im Unterricht gefällt mir auch gut, so kann man auch die Problematik, die du in einem Bericht genannt hast, umgehen. Natürlich muss man dabei auch darauf achten wie man es gestalltet, um nicht vielleicht sogar das Gegenteil des eigentlich Gewollten zu bewirken.

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