Empirische Forschung zu Heterogenität im naturwissenschaftlichen Unterricht

1. Maßnahmen zum Umgang mit der zum Teil enorm großen Leistungsheterogenität einzelner SchülerInnen im Unterricht rücken immer mehr in den Fokus. Die Wirksamkeit der verschiedenen Ansätze ist allerdings nicht immer leicht und eindeutig feststellbar. Eine mögliche Herangehensweise wäre die der äußeren Differenzierung, also eine Einteilung der SchülerInnen in leistungshomogene Gruppen und unterschiedliche Unterrichtskonzepte je nach Niveaustufe. Ein extremes Beispiel hierfür ist das in weiten Teilen Deutschlands vertretene dreigliedrige Schulsystem, also die Aufteilung in Hauptschule, Realschule und Gymnasium. Innerhalb einer Schule (Gesamtschule) kann dieses Konzept beispielsweise im Angebot von Niveaukursen angewandt werden. Der Konsens der empirischen Daten über den Effekt einer solchen Aufteilung zeigt allerdings, dass dadurch im Mittel kaum bis wenig Wirkung auf die Leistungen der SchülerInnen erzielt werden. Es gibt allerdings eine Tendenz dazu, dass leistungsstarke Kinder in geringem Ausmaß profitieren, während leistungsschwächere Kinder dadurch eher einen Abfall ihrer Leistungen erleben.

Bei Gruppenbildung innerhalb der Klassen, also Binnendifferenzierung, zeigen Daten, dass Leistungsschwache von heterogenen Gruppen stark profitieren, während SchülerInnen mittleren oder hohen Leistungsniveaus dort weniger Motivation zeigen. Sie profitieren dagegen leicht von einer homogenen Zusammensetzung der Gruppen.

Bei solchen Maßnahmen der inneren Differenzierung sollte also nach Möglichkeit darauf geachtet werden, eine Abwechslung zwischen homogener und heterogener Gruppenbildung herbeizuführen, so dass dieses Konzept SchülerInnen aller Leistungsstufen zuträglich ist.

2. Ein „wirkungsvollstes“ Unterrichtsmuster kann ich so für mich nicht beschreiben, da ich der Meinung bin, dass dies stark vom jeweiligen Unterrichtsfach abhängt. Natürlich sollte zwischen verschiedenen Unterrichtsmodellen abgewechselt werden: Nur Frontalunterricht ist immer kritisch. Doch auch andere Extreme, wie das dauerhafte Selbsterarbeiten in Gruppen, führen nicht zum gewünschten Effekt. Eine Erfahrung, die ich nach meinem Abitur gemacht habe war die des Einzelunterrichts im Rahmen eines Sprachkurses. Und in diesem Zusammenhang hat mir die individuelle Förderung ganz eindeutig geholfen. Das liegt allerdings an mehreren Faktoren:

Zum einen hatte ich die Entscheidung bewusst getroffen, und war deshalb motivierter als man es von SchülerInnen in der Schule erwarten kann.

Zum anderen war ich alt genug, um die Vorzüge von relativ autonomen Einzelunterricht zu verstehen, und zu wissen, dass mein Pflichtbewusstsein, mein Organisationstalent und meine Prioritätensetzung in diesem Fall entscheidend ist. Hier stimme ich also völlig dem zu, was in der Vorlesung angesprochen wurde: Je älter man ist, desto mehr Sinn hat individueller Unterricht, hat autonomer Unterricht und hat Einzelunterricht.

Und schlussendlich liegt es auf der Hand, dass es bei der Vermittlung einer Fremdsprache von Vorteil ist, wenn ein/e SchülerIn sich dauerhaft allein mit der Lehrkraft in der Fremdsprache austauscht. So erzielt man den größten Effekt durch Übung, und durch die Notwendigkeit für den/die Lernende/n, die gelernten Wörter und Regeln anzuwenden.

Verglichen damit habe ich zum Beispiel im Biologieunterricht gute Erfahrungen mit Frontalunterricht gemacht, in Chemie mit Demonstrativexperimenten, und ich hätte mir gewünscht, dass in Geschichte und Sozialkunde mehr Diskussion in Gruppen oder im allgemeinen Raum stattfindet.

Mein Fazit allgemein also: Es hängt sehr stark vom Unterrichtsfach ab, welche Methode der Wissensvermittlung am besten funktioniert. Nichtsdestotrotz ist Abwechslung ein entscheidender Faktor. Aber auch Frontalunterricht hat, wie in der Vorlesung angesprochen, sein negatives Image nicht verdient.

3. Ich muss gestehen, dass es mir einige Probleme bereitet hat, mir eine Aufgabe mit 3 gestuften Lernhilfen für den Fremdsprachenunterricht einfallen zu lassen. Ganz außer acht gelassen die Tatsache, dass ich zunächst in Erfahrung bringen musste, was damit gemeint ist, habe ich selbst während meiner Schulzeit, soweit meine Erinnerung mich nicht trügt, nie solche Aufgaben vorgelegt bekommen. Falls ich also das Konzept richtig verstanden habe, bedeutet das, dass ich SchülerInnen mit einer Problematik konfrontiere, die sie lösen sollen, indem sie a) verschiedene Ansätze oder auch Tipps benutzen, die ihnen von mir zur Verfügung gestellt werden und b) von mir Rückmeldung oder Bestärkung erhalten, je nach Definition der Bedeutung von „Lernhilfen“

Auch wenn ich den Ansatz an sich äußerst interessant und gelungen finde, bereitet es mir tatsächlich große Probleme, ihn auf die Fremdsprachendidaktik anzuwenden. Das einzige, was mir in diesem Bereich eingefallen ist, wären grammatikalische Phänomene, die mit gewissen Hilfen von den Schülern selbstständig erarbeitet werden können.

So zum Beispiel der Unterschied zwischen futur proche und futur simple im Französischen. Das futur proche oder futur composé wird normalerweise als erste Möglichkeit, das Futur auszudrücken, vermittelt. Hat man nun den Schülern die Formen des futur simple beigebracht, ist es wichtig, festzustellen, in welcher Situation welche der beiden Zeiten benutzt wird.

Um die SchülerInnen dies selbstständig erarbeiten zu lassen, schlage ich eine Aufgabe des folgenden Formats vor:

Den SchülerInnen werden ein oder mehrere Texte vorgelegt, in denen Beispiele der jeweiligen Zeitformen simultan auftreten. Man kann zudem davon ausgehen, dass die SchülerInnen bereits einige Regeln zum Gebrauch des futur proche kennen.

Aufgabenstellung: Erarbeite anhand der folgenden Beispiele und Hilfestellungen die unterschiedlichen Gebrauchssituationen des futur proche und des futur simple

1. Schritt: Erinnere dich an die bereits bekannten Regeln zum Gebrauch des futur proche

2. Schritt: Suche nach bestimmten Ausdrücken (insbesondere Zeitangaben), nach denen Formen der jeweiligen Futurformen auftreten. Es gibt Wörter und Phrasen, nach denen besonders häufig eine bestimmte Zeit verwendet wird.

3. Schritt: Achte auf Unterschiede in den Bedeutungen der jeweiligen Aussagen, die durch die Verwendung der bestimmten Zeiten entstehen. Besonders wichtig ist, wie sicher der Sprecher sich darüber ist, dass eine Sache auch wirklich eintritt.

Natürlich können diese Arbeiten auch in Gruppen stattfinden, und ich als Lehrerin sollte als Ansprechpartnerin zur Verfügung stehen, um verbal weitere Lernhilfen und grundsätzliche Rückmeldung geben zu können. Allerdings scheint mir diese Methode trotz allem besser für den Naturwissenschaftsunterricht geeignet zu sein, allein schon weil dort ganz andere, anschaulichere Mittel zur Verfügung stehen. Zumindest die Aufgabe, die mir eingefallen ist, ist ja doch relativ trocken, und ich würde andere Methoden vorziehen, um diese Thematik zu vermitteln. Das kann natürlich allerdings auch an meinem Ansatz und einem möglichen Missverständnis der Aufgabenstellung meinerseits liegen.

4. Sollte ich in meiner zukünftigen Schullaufbahn mit einer solchen Aussage konfrontiert werden, hoffe ich, dass ich mich an die in der Vorlesung thematisierten Ergebnisse Differenzierung erinnere, und somit antworten kann: „Natürlich kann es für leistungsschwächere SchülerInnen am Gymnasium zunächst schwer sein. Aber eigentlich zeigen empirische Daten, dass alle SchülerInnen, egal welcher Niveaustufen, davon profitieren, wenn der Gesamtkurs leistungsstark ist. Besonders die leistungsschwächeren zeigen in einer solchen Umgebung mehr Motivation.“

Maßnahmen zum Umgang mit Heterogenität

Wir alle sind uns bewusst, dass zunehmende Heterogenität zu unserem Alltag gehört. Gerade die jüngeren Entwicklungen im Hinblick auf Migration haben den Fokus wieder auf Fragestellungen der Integration und der Inklusion gelenkt. Hierbei sollte allerdings nicht vergessen werden, dass Heterogenität und die Aufgaben, die in diesem Zusammenhang für das Schulsystem entstehen, sich nicht nur über die Zugehörigkeit zu verschiedenen Kulturen und Religionen definiert, sondern dass auch Aspekte wie die Herkunft aus verschiedenen sozialen Schichten, körperliche oder andere Beeinträchtigungen und Gender- Zugehörigkeit gerade innerhalb einer Schulklasse eine große Rolle spielen.

Ich, als Kleinstadtkind aus Bayern, habe in meiner Schulzeit mit Sicherheit deutlich weniger Erfahrungen im Bereich der soziokulturellen Heterogenität gemacht als KommilitonInnen aus größeren Städten, wo die Diversität bezüglich der Herkunftsländer der Einwohner, aber oftmals wohl auch das Spannungsverhältnis verschiedener Schichten stärker ausgeprägt ist. Das soll dabei allerdings nicht heißen, dass diese Themen nicht auch in meiner Schule präsent waren. Gerade meine Grundschulklasse setzte sich ja, wie bereits in meinem letzten Blogeintrag beschrieben, zum Großteil aus Mädchen und Jungen mit Migrationshintergrund oder Lernschwäche zusammen. Diese nahmen auch zusammen an den wöchentlichen Sonderstunden teil. Der Fokus lag demnach weder speziell auf dem Migrationshintergrund, noch auf der Lernbeeinträchtigung der einzelnen SchülerInnen, sondern beide Aspekte wurden gleichwertig behandelt. Während die Zusammensetzung der Gruppe also eher einen Ansatz zeigt, der mit dem der Diversity Education übereinstimmt, so lag das Ziel doch eindeutig darin, letztendlich alle SchülerInnen auf ein gemeinsames Level zu befördern. Die Maßnahmen, das bedeutet Sprachförderung und Leistungsförderung anstelle von Beziehungsarbeit, zeigen demnach Parallelen zum Konzept der Ausländerpädagogik auf.

Bezüglich des Erfolgs dieser Sonderförderung kann ich erneut auf meinen letzten Blogeintrag verweisen: Das Leistungsgefälle innerhalb der Klasse und die Differenz zwischen den Niveaus der Kinder blieben erheblich. Bemerkenswert in diesem Zusammenhang ist, dass drei derjenigen SchülerInnen, die den für das Gymnasium nötigen Notendurchschnitt erreichten, einen Migrationshintergrund hatten. Einer dieser Schüler, der 2015 zusammen mit mir das Abitur ablegte, hatte, als er gegen Ende des ersten Schuljahres zu mir in die Klasse kam, kein Wort Deutsch gesprochen. Im Gegensatz dazu erreichte keines der Kinder mit LRS den nötigen Schnitt für den Zugang zum Gymnasium oder der Realschule.

Daraus ergeben sich also einige Fragen:

Waren die pädagogischen Maßnahmen mehr auf die Förderung der Kinder mit Migrationshintergrund ausgerichtet als auf die der Kinder mit Lernbeeinträchtigung?

Oder waren die (verhältnismäßig wenigen) Kinder mit Migrationshintergrund meiner Grundschulklasse, die das Abitur schafften, einfach Ausnahmen von der Regel?

Hat die Sonderförderung demnach überhaupt irgendetwas gebracht?

Oder hätte ein anderes Konzept, möglicherweise der Ansatz der Diversity Education, bessere Ergebnisse erzielt?

Diese Fragen sind sehr schwer zu beantworten, insbesondere da ich selbst nach meiner Grundschulzeit nicht mehr mit Ansätzen der heterogenen Pädagogik in Kontakt gekommen bin und so keine Möglichkeit bekommen habe, andere Konzepte auf ihre Wirksamkeit hin zu beurteilen.

Gerade deshalb wäre es für mich interessant, andere pädagogische Methoden und Maßnahmen im Rahmen der Heterogenität innerhalb späterer Praktika zu beobachten, denn bisher kann ich mir unter Aspekten wie „Beziehungsarbeit“ leider nur wenig vorstellen. Die Bremer Oberschulen öffnen durch ihre Struktur sowohl Möglichkeiten als auch Notwendigkeiten für besondere pädagogische Konzepte des Umgangs mit soziokultureller Heterogenität. In diesem Umfeld gäbe es demnach sehr viel Gelegenheit, konkrete Projekte für Interkulturalität oder gegen Rassismus innerhalb der Schule nachzuvollziehen und ihren Erfolg zu beurteilen. Und natürlich fragt sich, welches Konzept den jeweiligen Strategien zugrunde liegt.

Ich meine damit weniger Exkursionen wie den Besuch von Moscheen oder Synagogen, wenngleich auch diese den SchülerInnen neue Einblicke vermitteln, sondern vielmehr Strategien innerhalb des Klassenzimmers. Aber wie legt man den Fokus auf die Gemeinsamkeiten zwischen den Schülern, wenn nicht durch gemeinschaftliche Unternehmungen?

Meiner Meinung nach müssen die SchülerInnen sich dafür mehr gegenseitig miteinander beschäftigen. Dies kann natürlich in Form von vermehrten Gruppenarbeiten stattfinden; allerdings liegt hierbei möglicherweise das Problem darin, dass, da die SchülerInnen sich die Zusammensetzung dieser Gruppen oft selbst aussuchen dürfen, auch hier kaum neue Beziehungen aufgebaut werden. Selbst bei einer Zuteilung durch den Lehrer wird es oftmals innerhalb der Gruppen wieder Grüppchenbildung geben, und der eigentliche Austausch wird hintenangestellt.

Sinnvoller wäre es deshalb meiner Ansicht nach, eine Art Lerntandem zu fördern. Das heißt, ein Schüler/ eine Schülerin mit besonders guten Kenntnissen in einem Unterrichtsfach versucht, einem anderen Mitglied der Klasse, das in diesem Bereich Probleme hat, einen oder mehrere Aspekte, die in diesem Fach behandelt werden, zu erklären. Im Gegenzug kann der/die andere TeilnehmerIn des Tandems seinem Partner/ seiner Partnerin in einem anderen Fach, in dem wiederum er/sie seine Stärke sieht, helfen. Nach einigen Wochen werden die Tandems neu zusammengesetzt und der Prozess wiederholt sich. So wird die möglicherweise festgefahrene Struktur einer Klasse gebrochen und die SchülerInnen werden dazu angeregt, sich individuell miteinander beschäftigen. Zudem liegt der Fokus hierbei auf den Stärken der einzelnen Kinder, denen gleichzeitig mehr Verantwortung übertragen wird, denn sie sollen ihr Wissen vermitteln und ihrem/ihrer TandempartnerIn helfen.

Natürlich ist der Erfolg eines solchen Konzepts von vielen Umständen abhängig: SchülerInnen müssen kollaborieren, Lehrkräfte, Jugendliche und Eltern müssen sicher sein können, dass der Unterrichtsstoff ausreichend und angemessen vermittelt wird. Doch für einige Schulstunden pro Woche könnte ein Ansatz, der darauf basiert, dass SchülerInnen einander gegenseitig helfen, sowohl für den Lernprozess, als auch für die Klassengemeinschaft und die Offenheit einzelner Mitglieder gegenüber einander durchaus hilfreich sein.

Heterogenität und Homogenität

Homogenität und Heterogenität, oder vereinfacht gesagt vielleicht: Gemeinsamkeiten und Unterschiede. Vereinheitlichung und Verschiedenheit. Unsere ganze gesellschaftliche Ordnung ist geprägt von einem Wechselspiel dieser beiden Aspekte. Wir sind alle verschieden, in unserem Aussehen und unserer Einstellung, kommen aus verschiedenen Elternhäusern oder Ländern, unterscheiden uns in Religionszugehörigkeit oder Musikgeschmack. Und doch suchen wir auch nach Gemeinsamkeiten, wollen Menschen treffen, die unsere Interessen teilen, bilden Gruppen von Gleichgesinnten.

Ein Bereich unserer Gesellschaft, in dem der Ausgleich zwischen Heterogenität und Homogenität besonders wichtig, jedoch auch besonders schwierig ist, ist der der Schule und der Bildung. Denn auch wenn die SchülerInnen innerhalb einer Klasse sich in einigen Punkten ähneln – so zum Beispiel im Alter, oder allein in der Tatsache, dass sie alle dieselbe Jahrgangsstufe besuchen und somit mit den selben Unterrichtsstoffen konfrontiert sind – so sind sie doch in vielen Aspekten sehr verschieden. LehrerInnen können sich durch diese Vielfalt hinsichtlich Interessen, Lerntypen, Sozialverhalten etc. schnell überfordert fühlen. Viele PädagogInnen greifen – auch unbewusst – angesichts dieser Herausforderung auf Prinzipien der Homogenisierung zurück, das heißt, sie teilen Schüler gedanklich in Gruppen von schwächeren oder stärkeren Schülern, von Problemschülern usw. ein. Dieser Vorgang wird auch als „Komplexitätsreduktion“ beschrieben (Luhman 1975).

Interessant ist, dass diese Methode nicht nur (bewusst oder unbewusst) von Mitgliedern des Lehrkörpers innerhalb bestimmter Klassen verwendet wird, sondern dass das ganze Schulsystem in der Mehrzahl der deutschen Bundesländer auf einer Einstufung und Klassifizierung von SchülerInnen in leistungsstärkere und -schwächere Kinder und Jugendliche beruht. Unter dieser Aufteilung in Sonder-, Haupt- und Realschulen sowie Gymnasien leiden insbesondere Kinder aus sozial schwächeren Familien. Sie besuchen viel seltener das Gymnasium als Mädchen und Jungen aus der Mittel- und Oberschicht, deren Eltern in vielen Fällen ebenfalls das Gymnasium durchlaufen haben.

Doch genau dieser Aspekt wird im Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) nicht berücksichtigt. Dieses legt fest, dass niemand aufgrund seiner ethischen Herkunft, seines Geschlechts, seines Alters, seiner Religion oder aufgrund einer Behinderung diskriminiert werden darf. Doch gerade die Komponente der sozialen Herkunft, welche die Bildungschancen besonders stark beeinflusst, bleibt ungenannt.

Bremen hat sich dieses Problems durch eine Umstellung des Schulsystems, genauer gesagt durch die Einführung der Oberschulen, angenommen. In dieser Schulform wird nach Beendigung der Grundschule keine Selektion durchgeführt. Stattdessen besuchen die Jugendlichen bis zur 10. Klasse gemeinsam den Unterricht; danach wird der freiwillige Besuch einer Oberstufe angeboten, die mit dem Abitur abgeschlossen wird. Dadurch soll mehr SchülerInnen die Chance gegeben werden, den höchsten Bildungsabschluss zu erreichen.

Diese neue Ausrichtung bringt viele Vorteile mit sich, sorgt sie doch für mehr Homogenität bezüglich der Chancengleichheit und bekämpft die oben genannte Benachteiligung von Kindern aus einem sozial schwächerem Umfeld. Gleichzeitig steigt bei diesem Ansatz die Heterogenität innerhalb der einzelnen Klassen, es gibt nun mehr unterschiedliche Leistungsniveaus, vermutlich auch mehr Lerntypen etc.

Das bringt uns zu der essenziellen Frage: Können Lehrkräfte es schaffen, in einem so heterogenen Umfeld allen SchülerInnen gerecht zu werden?

Ich selbst habe die Erfahrung gemacht, dass der Ansatz der Inklusion mit allen Vorteilen doch auch sehr viele schwierige Momente mit sich bringt. Meine Grundschulklasse war das Modell eines neuen Inklusionskonzepts. Sie bestand zu über 80% aus Kindern mit Migrationshintergrund und/oder LRS (Lese-Rechtschreib-Schwäche). Für diejenigen SchülerInnen, die Probleme mit dem Lesen und Schreiben hatten, wurden ein- bis zweimal wöchentlich Extraklassen angeboten, die außerhalb der regulären Unterrichtszeit stattfanden. Interessanterweise hatte ich nie das Gefühl, dass die Klassengemeinschaft dadurch gestört oder die leistungsschwächeren Kinder gehänselt wurden. Allerdings ist natürlich auch das schon wieder ein Beispiel für Gruppenbildung angesichts von Verschiedenheit: Es fand eine Homogenisierung statt durch die Aufteilung in Kinder, die zusätzliche Klassen besuchen mussten, und in Kinder, die dies nicht mussten. Gleichzeitig denke ich, dass diese Extrastunden durchaus notwendig waren. Denn es gab auch so bereits ein extremes Leistungsgefälle innerhalb der Klasse: Das Lerntempo war nur für sehr wenige Kinder tatsächlich angemessen, der Großteil war entweder über- oder unterfordert. Und das zeigte sich auch in der Aufteilung nach der 4. Klasse. Ich würde schätzen, dass nur etwa 15% der SchülerInnen die Realschule, dafür 55% die Hauptschule und 30% das Gymnasium besuchten. Es wurde also in diesem Fall trotz bestimmter Zusatzmethoden nicht geschafft, die sehr verschiedenen Herangehensweisen der einzelnen Kinder an den Unterrichtsstoff oder ihre jeweiligen verschiedenen Vorkenntnisse und -prägungen sowie Interessen zu berücksichtigen.

Es stellt sich also für die Zukunft die Frage, wie der zunehmenden Heterogenität in Schulklassen begegnet werden soll. Insbesondere die Unterschiede des Leistungsniveaus, und die Verschiedenheit der Lerntypen müssen berücksichtigt werden. Inwiefern könnte es helfen, eine Klasse auch in gewissen Aspekten zu homogenisieren? Wo zieht man die Grenze? Angehende LehrerInnen wie wir müssen sich demnach intensiv damit beschäftigen, welche Methoden der Unterrichtsgestaltung es uns ermöglichen, individueller auf einzelne SchülerInnen einzugehen, ohne von der Masse an Individualität überwältigt zu werden.

Eine Möglichkeit bezüglich verschiedener Lerntypen wäre eventuell, Stunden grundsätzlich so aufzubauen, dass sie jeden Lerntypus ansprechen, demnach visuelle, auditive sowie Bewegungselemente enthalten. Solche Ansätze können in zukünftigen Praktika ausgearbeitet und verfolgt werden.